Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
327 - Mit eisernem Willen

327 - Mit eisernem Willen

Titel: 327 - Mit eisernem Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
Vom Netzwerk:
zu bringen. Noch war vom zweiten McDennal nichts zu sehen und zu hören. Minuten verstrichen. Das Stützkorsett bohrte sich in die Haut und machte ihr das Atmen schwer.
    Allmählich erkannte sie ein weiteres Problem. Sie konnte nicht mehr lange auf McDennal warten. Wenn er nicht bald nach seinem Bruder suchte, würde sie so geschwächt sein, dass ein Kampf gegen ihn aussichtslos wurde. Vielleicht würde sie auch bewusstlos vom Baum fallen, wenn die Schmerzen in ihrem Rücken zu stark wurden.
    Schweiß brach ihr aus. So kalt es im See gewesen war, so heiß wurde ihr durch die Anstrengung, sich im Baum zu halten. Ihre Muskeln verkrampften allmählich. Feine Schweißtröpfchen perlten über ihre Lippen und hinterließen einen salzigen Geschmack.
    Durch Positionswechsel versuchte sich Aruula zu entlasten. Angestrengt spähte sie hinunter. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis der hagere McDennal endlich auftauchte.
    Der bärtige Scoothe schien nicht nach seinem Bruder zu suchen. Zielstrebig ging er auf einen Stein zu, nahm die halbgefüllte Flasche Uisge, die dort stand, und gönnte sich einen ordentlichen Zug.
    Aruula hielt den Atem an.
    Erst nach einigen quälenden Augenblicken schien der Hagere seinen Bruder zu vermissen. »Greegis? Wo steckst du?« Er sah sich suchend um.
    Vom Baum aus hörte Aruula das erstickte Schreien von Greegis McDennal. Der Räuber war aus seiner Bewusstlosigkeit aufgewacht. Gut so. Damit war gewährleistet, dass Roonal McDennal den direkten Weg unter dem Baum her nehmen würde.
    Aruula spannte jeden Muskel an und konzentrierte sich, blendete den Schmerz aus.
    McDennal kam auf den Baum zu. Aruula zählte seine Schritte. Noch fünf. Vier. Drei. Sie machte sich zum Absprung bereit.
    »Greegis?«, rief Roonal McDennal. »Wo steckst du? Was ist los?«
    Zwei... jetzt!
    Aruula ließ auf den Räuber fallen und schlang ihre Arme um seinen Hals. Der Schmerz nahm ihren Beinen jede Kraft. Sie stürzte und riss Roonal mit sich. Ehe der Mann reagieren konnte, hatte sie ihn auf den Rücken gerollt, hob den Dolch und schlug abermals mit dem Knauf zu.
    Doch McDennal blockte den Schlag. Er fasste nach ihren Handgelenken. Aruula stieß den Kopf hinab, wuchtete ihre Stirn gegen seine Nase und ein Auge. Er brüllte auf und lockerte seinen Griff. Gedankenschnell setzte Aruula mit dem Dolch nach. Sie spürte eine Ohnmacht nahen und mobilisierte ihre letzten Kraftreserven.
    Der Griff der Waffe bohrte sich in McDennals Schläfe. Der Mann erschlaffte unter ihr – und Aruula sackte bewusstlos auf dem Gegner zusammen. Eine Weile lagen sie beide reglos auf der Wiese, dann kam Aruula wieder zu sich. Sie rollte sich von McDennal herunter, zwang sich auf die Knie und fesselte auch den zweiten Bruder. Nun musste sie nur noch ihr Schwert finden. Hoffentlich hatten die beiden es noch nicht verhökert oder gegen Uisge getauscht.
    Aruula versicherte sich noch einmal, dass die beiden gut gefesselt waren. Greegis McDennal bedachte sie mit wütenden Blicken, doch sie verzichtete darauf, ihn noch einmal zu betäuben. Die Stricke saßen fest; er würde sich nicht befreien können. Dann machte sie sich in der Ruine auf die Suche.
    ***
     Aruula fand ihr Schwert in einer Ecke unter einem noch halb intakten Dach. Es lehnte neben einem riesigen verfaulten Holzbottich. Mehrere kleine Gegenstände lagen daneben. Sie besah sich den Haufen näher und fand Ringe und Halsketten, zwei wertvoll aussehende Dolche und einen Beutel voller Coiins. Ohne lange zu überlegen, nahm sie alles an sich. Liebevoll fuhr ihre Hand über das Heft des Schwerts.
    Mit der Waffe ging sie zurück zu den gefesselten Männern. Auch Roolan McDennal war inzwischen wieder erwacht und sah sie hasserfüllt aus seinem geschwollenen Auge an. »Wir töten dich, Kriegerin! Sobald wir freikommen, nehmen wir die Verfolgung auf und machen dich kalt!«
    Aruula hob das Schwert, die Spitze zeigte auf Roolans Kehle. »Und wie willst du mich töten, wenn du selbst bereits tot bist?«, fragte sie leidenschaftslos.
    Der zornige Gesichtsausdruck verschwand, Roolans Augen weiteten sich. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er mit seinen unüberlegten Worten womöglich sein eigenes Todesurteil gesprochen hatte.
    Er konnte nicht wissen, dass im Gegensatz zu ihm und seinem Bruder in Aruula ein Gewissen wohnte. Es ging ihr gegen den Strich, zwei wehrlose, gefesselte Männer zu ermorden. Einem Zweikampf hätte sie sich jederzeit gestellt – wäre sie in der Verfassung dazu gewesen.
    Nun,

Weitere Kostenlose Bücher