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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht versäumt, sondern war durch die Worte des Portiers auf meine Verspätung aufmerksam gemacht worden und hatte das benutzt, mich in ihre Schlinge zu bekommen. Der eigentliche ‚Macher‘ war der sogenannte Assessor, während der Pseudo-Viehhändler den Unwissenden spielte, um das Geschäft in Gang zu bringen.
    Die Fertigkeit des Assessors schien wirklich eine sehr schülerhafte zu sein, denn die beiden anderen errieten regelmäßig seine Karte. Der Viehhändler begann zu setzen, und die Sängerin folgte ihm.
    Beide gewannen. „Wollen Sie es nicht auch versuchen?“ fragte mich die Holde.
    „Warum nicht?“
    Ich setzte fünf Groschen, gewann einige Male und verlor dann einmal. Die beiden anderen begannen leidenschaftlich zu werden; sie setzten höher und mokierten sich scherzend über meinen niedrigen Einsatz.
    Ich setzte einen Taler und gewann; ich ließ stehen und gewann; ich ließ wieder stehen bis auf acht Taler und gewann.
    „Dieses Spiel ist allerdings höchst interessant“, meinte ich.
    „Sie haben Glück“, ermunterte mich der Assessor. „Versuchen Sie es doch weiter!“
    „Versteht sich!“
    Ich setzte einen Fünftalerschein und gewann: ich ließ wieder stehen und gewann. So hielt ich stets, bis vierzig Taler lagen. Da aber griff ich in die Tasche und zog drei Fünfzigtalernoten heraus. Das war mein Reisegeld, mein ganzes augenblickliches Vermögen.
    „Gewinne ich jetzt, so setze ich diese hundertfünfzig Taler!“ versicherte ich, um den sogenannten Assessor zu fangen.
    Ich wußte, daß ich verloren hätte; bei diesen Worten aber zuckte es höhnisch und blitzschnell über sein Gesicht.
    „Sie parieren also diese vierzig?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Gut; so stehen also achtzig.“
    Er legte seine vierzig hinzu und nahm die Karten.
    „Coeur-As. Aufgepaßt. Wo liegt es?“
    „Hier!“ antwortete ich, auf das betreffende Blatt zeigend.
    Er wendete es um; ich hatte gewonnen.
    „Riesiges Glück!“ meinten die andern. „Nun die hundert und fünfzig darauf!“
    Ich aber zog die achtzig an mich und schob sie mit dem übrigen in die Tasche.
    „Man muß dem Glück Atem gönnen, meine Herren, es mag ausruhen. Spielen Sie unterdessen weiter!“ bat ich in ruhigem Ton.
    „Wie meinen Sie das? Sie wollen zurücktreten? Sie haben versprochen, die hundertfünfzig zu setzen, und ein Ehrenmann hält sein Wort!“
    „Das werde ich auch, Herr Assessor; aber habe ich vielleicht gesagt, wann ich sie setzen werde?“
    „Das versteht sich ganz von selbst: jetzt natürlich!“
    „Darüber sind wir leider verschiedener Meinung. Ich werde setzen, und zwar, wann es mir beliebt, vielleicht in Düsseldorf, vielleicht in Köln, wenn Sie uns bis dahin folgen wollen.“
    „Ich verlange den Einsatz unbedingt jetzt!“
    „Sie verlangen? Das soll wohl heißen, Sie befehlen?“
    „Nichts anderes!“
    „Sie machen sich lächerlich!“
    „Und wie machen Sie sich denn? Aber wir werden Sie zu zwingen wissen, Wort zu halten!“
    „Wir? Meinen Sie damit vielleicht auch diesen Herrn und diese Dame?“
    „Allerdings meint er uns“, antwortete der Kölner. „Wir können nicht dulden, daß der Bankier durch Versprechungen, welche dann nicht gehalten werden, veranlaßt wird – – –“
    Er hatte sich verfahren; er hielt inne.
    „Fahren Sie fort! Sie wollten sagen: ‚Veranlaßt wird, ehrlich zu spielen, bis so viel steht, daß eine Volte an der Zeit ist.‘ Sie haben sich damit selbst verraten, und ich bin dadurch gezwungen, mein Wort zurückzunehmen. Ich werde weder hier noch in Düsseldorf, noch in Köln einen Pfennig wieder setzen.“
    „Schurke!“ meinte der Kölner, indem er auf mich eindrang. „Willst du setzen oder nicht!“
    Ich tat einen raschen Schritt gegen die Tür, riß den Riegel zurück und zog sie auf. Im nächsten Augenblick stand ich im Gastzimmer und hatte die Tür von außen verschlossen.
    „Herr Wirt!“
    Der Gerufene trat von einem der vorderen Tische herbei.
    „Kennen Sie die Leute, welche sich mit mir in diesem Zimmer befanden?“
    „Nein.“
    „Es sind Kümmelblättler, welche mich rasieren wollten.“
    „Ah, wollen doch einmal sehen!“
    Er rief mehrere Kellner herbei und schloß dann die Tür auf – das Zimmer war leer; aber die beiden Flügel des breiten Fensters, welches auf eine enge Seitengasse führte, standen offen.
    „Ausgeflogen?“ lachte er und trat an das Fenster.
    Draußen war kein Mensch zu sehen.
    „Haben Sie mitgespielt?“
    „Ja.“
    „Verloren?“
    „Nein,

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