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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewonnen.“
    „Prächtig! Das war nur die Lockung; später hätte man Sie gerupft. Sie sind nicht von hier, wie es scheint?“
    „Nein. Ich fahre in einer Viertelstunde von hier ab.“
    „So ist es gut für Sie, daß die Vögel fort sind. Sie wären als Zeuge vernommen worden und hätten eine Menge Weitläufigkeiten und Zeitversäumnisse zu erleiden gehabt. Reisen Sie ab; ich werde sofort die Polizei benachrichtigen, ohne Sie in die Sache zu verwickeln, und Sie können sich darauf verlassen, daß wir die saubere Gesellschaft sicher fangen werden.“
    Ich folgte diesem Rat und reiste ab. Erst später ist mir der Gedanke gekommen, daß der Wirt mit den Entflohenen im Einvernehmen gestanden hat und mich zu entfernen suchte, damit ich weder ihnen noch vielleicht auch ihm gefährlich werden konnte. – – –
    Es war einige Monate später. Ich war wieder daheim in Dresden und war so beschäftigt, daß ich mir nur selten eine freie Stunde gestatten konnte. Das griff natürlich die Gesundheit an, und der Arzt gebot mir, wenigstens einige Tage Vakanz zu machen. Ich unternahm infolgedessen einen Ausflug in die Sächsische Schweiz.
    Es waren mir vier Tage vergönnt worden; meine Arbeiten aber lagen mir so am Herzen, daß ich mich für kurze Zeit aus literarischen Gründen als Redakteur hatte anstellen lassen.
    Ich hatte den letzten Zug benutzt, und es war bereits nach Mitternacht, als ich in mein Zimmer trat. Ich war gewohnt, vor dem Schlafengehen einen Rundgang durch sämtliche Arbeitsräume zu machen, und tat dies trotz meiner Ermüdung auch heute.
    Ich nahm den Hauptschlüssel und trat durch die Hintertür des Vorderhauses in den Hof, welcher von den hohen Nebengebäuden, welche die Arbeitsräume enthielten, umgeben wurde.
    Zunächst öffnete ich das Kesselhaus, wo ich alles in Ordnung fand. Von hier aus führte vis-à-vis der Feuerung eine Tür in den Raum, welcher dem Stereotypeur angewiesen war. Hinter dieser Tür glaubte ich ein leichtes Geräusch zu vernehmen.
    Ich öffnete.
    Hier hatte bis jetzt eine Lampe gebrannt; ich sah den Docht noch glimmen. Das enge, dunstige Souterraingemach wurde beinahe hell erleuchtet von einem Feuer, welches im Ofen brannte, und meine Windlaterne vermehrte die Helle. Es war hier gearbeitet worden, wie das Feuer bewies; aber wo war der Stereotypeur?
    Dieser besaß nicht die Erlaubnis, über die Arbeitszeit hier zu bleiben. Vielleicht hatte er notwendig gehabt und in meiner Abwesenheit, wo er annehmen durfte, daß niemand revidieren würde, doch gegen die Hausordnung gehandelt. Mein plötzliches Erscheinen im Kesselraum hatte ihn veranlaßt, das Licht auszulöschen. Mit dem Ofenfeuer war ihm dies nicht gelungen. Aber er selbst, wo war er hingekommen? Die Tür, welche zu dem Lagerraum nebenan führte, von wo aus sich auch der Fahrstuhl erhob, war verschlossen und ihm überhaupt unzugänglich, und der einzige Weg durch das Kesselhaus war ihm ja durch mich unmöglich gewesen.
    Ich suchte. In einer der Ecken standen einige Gipsfässer. Zwischen ihnen und der Wand sah ich zwei Stiefel, in denen unbedingt ein Paar Füße stecken mußten. Aber diese Füße waren zu klein, als daß sie diejenigen des Schriftgießers hätten sein können.
    „Wer liegt hier?“ fragte ich.
    Keine Antwort.
    „Heraus!“
    Wieder keine Antwort. Ich nahm einen dastehenden vollen Wassereimer und goß seinen Inhalt hinter die Fässer.
    „A-uhhh!“
    Jetzt regte es sich und kroch hervor. Es war einer meiner älteren Setzerlehrlinge.
    „Sie?! Was tun Sie hier?“
    Er troff von Wasser und schnitt ein höchst jammervolles Gesicht.
    „Ich – will das Stereotypieren lernen.“
    „So! Zu dieser Zeit? Wie kommen Sie herein?“
    „Ich habe den Schlüssel vom Hausmann.“
    „Hat er Ihnen denselben freiwillig gegeben?“
    „Nein; ich habe ihn weggenommen“, gestand er zögernd.
    Der junge Mensch war ein Neffe des Hausmannes, bei dem er wohnte. Auf diese Weise war es ihm möglich gewesen, sich den Schlüssel anzueignen.
    „Sie haben von innen wieder verschlossen und den Schlüssel also bei sich. Geben Sie ihn her!“
    Er gab ihn heraus.
    „Wie kommt es, daß Sie sich nicht an mich wenden, wenn Sie etwas Nützliches lernen wollen?“
    „Ich dachte, Sie würden es mir nicht erlauben.“
    „Warum nicht?“
    „Weil – weil Sie so streng mit mir zu sein pflegen.“
    Da hatte er recht; aber er verdiente diese Strenge, denn er war träge und unzuverlässig; auch trieb er sich trotz seiner Jugend und Mittellosigkeit

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