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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihn; er ist ein Verbrecher, und sie sind nichts anderes. Sie suchen bei ihm Unterstützung und Fortkommen; wahrscheinlich gehen sie unter die Seeräuber. Sollte es sein Geschäft sein, flüchtige Verbrecher für seine Dschunken zu engagieren?“
    „Leicht möglich, denn diesen Kerls ist es ganz gleichgültig, was sie dann werden, wenn sie nur die verlorene Freiheit wiedererhalten.“
    „Wenn das so ist, dann muß der Chinese in der Verbrecherkolonie als derjenige bekannt sein, an den man sich im Fall einer Flucht zu wenden hat.“
    „Wahrscheinlich. Werde gleich einmal danach fragen.“
    „Halt! Wo wollt Ihr hin?“ erkundigte ich mich, indem ich ihn zurückhielt, als er sich schnell entfernen wollte.
    „Natürlich zu den Gefangenen“, antwortete er.
    „Um diese Frage an sie zu richten?“
    „Ja.“
    „Das tun wir nicht!“
    „Warum nicht?“
    „Es würde ein Fehler sein, denn sie würden Euch doch keine Aufklärung geben.“
    „Oho! Ich laß sie hauen, bis sie sprechen!“
    „Warum eine solche Grausamkeit, wenn wir auf eine leichtere und humanere Weise unseren Zweck erreichen können? Man prügelt doch selbst solche Leute nicht gern.“
    „Würde ihnen aber gar nichts schaden. Welche humanere Weise meint Ihr denn, Charley?“
    „Ich belausche sie.“
    „Pshaw! Anschleichen und belauschen, das tut Ihr doch gar zu gern! Bedenkt doch, daß Ihr Euch hier weder im Urwald noch auf der Prärie befindet!“
    „Was tut das? Kann man nicht auch hier lauschen?“
    „Well; aber man erfährt nichts dabei.“
    „Man erfährt alles, was man will!“
    „Möchte wissen, wie Ihr das anfangen wollt!“
    „Sehr einfach. Seht die beiden Kerls dort beim Schornstein? Sie möchten natürlich herzlich gern über das, was jetzt geschehen ist und was ihnen bevorsteht, miteinander sprechen. Meint Ihr nicht, Sir?“
    „Natürlich! Man sieht es ja deutlich, daß es ihnen das Herz abdrückt.“
    „Sie können aber nicht heimlich sprechen, weil Mahaba als Wache bei ihnen steht. Er hat zwar vorhin, als er die Boote sah, Mitleid verraten; nun sie aber unsere Gefangenen sind, gibt er sicher ganz genau acht auf sie. Laßt sie also hinunter in den Raum schaffen und dort anbinden; dort werden sie, wenn sie allein sind, sofort miteinander reden.“
    „Das steht allerdings zu erwarten. Und da, wenn sie sprechen, wollt Ihr sie belauschen?“
    „Ja.“
    „Würde es nicht besser sein, Mahaba zu diesem Zweck hinunter zu schicken?“
    „Ihr meint, er versteht sie besser als ich?“
    „Das denke ich.“
    „Ich zwar auch; aber dieser Vorteil würde wahrscheinlich mit einem Nachteil verbunden sein.“
    „Mit welchem?“
    „Es handelt sich nicht nur darum, sie richtig zu verstehen, sondern man muß auch kombinieren können; das heißt, man muß aus dem, was man hört, sofort die richtigen Schlüsse zu ziehen verstehen.“
    „Hm! Yes! Und dazu wird Mahaba wohl das nötige Geschick nicht besitzen. Es ist also besser, Ihr steigt selbst hinunter. Aber wohin, Charley?“
    „Laßt sie hinter den Tanks anbinden. Ich steige, ohne daß sie es bemerken, vorher hinab und verstecke mich zwischen den Behältern. Es versteht sich da ganz von selbst, daß kein Licht bei ihnen gelassen wird.“
    „Well, so mag es geschehen. Macht Euch also hinunter; wir werden gleich nachkommen. Bin wirklich neugierig, ob es Euch gelingt, etwas zu erfahren.“
    Die beiden Gefangenen standen in der Nähe des Schornsteins und beobachteten uns. Der Lord ging zu ihnen und unterzog sie einem scheinbaren Verhör, wodurch er ihre Aufmerksamkeit von mir ab- und auf sich lenkte. Dabei stellte er sich so, daß sie ihre Stellung ändern und mir den Rücken zukehren mußten. Dadurch bekam ich die Gelegenheit, in der nächsten Luke zu verschwinden, ohne daß dies von ihnen bemerkt wurde.
    Ich stieg zu den Tanks hinab, wie die großen Trinkwasserbehälter genannt werden, legte mich da nieder und schob mich zwischen zwei derselben so hinein, daß mich die Flüchtlinge, wenn sie gebracht wurden, nicht sehen konnten. Nach wenigen Minuten kamen sie, von einigen Matrosen geführt; der Lord war dabei. Bei den Tanks angekommen, ließ er sie streng fesseln und anbinden und kehrte dann mit den Matrosen nach oben zurück. Es war vollständig dunkel um mich her. Noch während die Treppenstufen unter den schweren Schritten der Matrosen knarrten, und ich also nicht gehört werden konnte, schob ich mich weiter und weiter vor, bis mein Kopf den Gefangenen so nahe lag, daß ich sie selbst

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