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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Steuermann die Jacht nach Backbord abfallen und hielt grad auf die Boote zu, deren Insassen die Ruder einzogen, als sie sahen, daß sie unmöglich entkommen konnten. In ihrer Nähe wurde gestoppt. Die Jacht ging noch zwei Schiffslängen bis ganz an die Boote heran und wurde dann nur noch von dem Wellengang bewegt. Wir sahen von oben in die Boote. Die zwei Ruderer saßen in dem einen und hatten, nur daß dasselbe nicht kentern könne, ein zweites daran gebunden. Ihre ganze Bekleidung bestand aus einer Art von Hemd, welches bis auf die Knöchel herabreichte und an den Ärmeln einige mir unbekannte Zeichen hatte.
    „Ach, Verbrecherhemden!“ sagte der Lord. „Sogar Abteilung Viperinsel, wohin nur ganz gefährliche Kerle kommen. Werde mich ihrer freundlich annehmen.“
    Er bog sich über die Reling hinab und fragte die beiden, welche in ängstlicher Erwartung zu uns emporblickten, in englischer Sprache:
    „Woher Kinder, heh?“
    „Von Klein-Andaman“, antwortete der eine in derselben Sprache.
    „Und wohin?“
    „Nach Kamorta.“
    „Welcher Zweck?“
    „Besuch.“
    „Bei wem?“
    „Bei Verwandten, zu einem Begräbnis.“
    „Schön, meine Kinder! Habt tüchtig arbeiten müssen bei diesem Seegang; sollt mit uns fahren. Wir gehen nämlich auch nach Kamorta. Steigt an Bord!“
    „Das können wir nicht, Sahib.“
    „Warum nicht?“
    „Wir sind geringe Leute, die nicht zu so großen und vornehmen Maharadschas passen.“
    „Tut nichts; das wird passend gemacht. Kommt nur, Kinder, kommt getrost herauf!“
    Er sagte das in väterlich freundlicher Weise, und sein Gesicht strahlte dabei so vor Vergnügen, als ob es ihn ganz glücklich mache, zwei arme Menschen bei sich aufzunehmen. Trotzdem lautete die Antwort von unten herauf:
    „Verzeiht, Sahib! Wir rudern gern und befürchten, Euch durch unsere einfache Gegenwart zu beleidigen.“
    „Das fürchtet ja nicht, Kinder! Ihr würdet mich vielmehr beleidigen, wenn ihr nicht kämt. Ich bin ein Englishman, der für jede abgeschlagene Einladung eine Kugel gibt.“
    Das klang schon etwas ernster. Sie sahen einander fragend an, und dann erklärte der bisherige Sprecher:
    „Wir dürfen nicht, Sahib. Schont unsere Kaste!“
    Da ließ der Lord seinen Klemmer auf die Nasenspitze vorrutschen und donnerte hinab:
    „Eure Kaste schonen? Soll ich euch etwa für Braminen halten, denen mein Schiff nicht gut genug ist? Wenn ihr nicht augenblicklich an Bord kommt, gebe ich wieder Dampf und fahre euch und eure Nußschalen mitten auseinander! Also herauf mit euch!“
    Sie wechselten einige leise Worte miteinander und dann hörten wir die Ausrede:
    „Wir wollen ja gar nicht nach Kamorta; ich habe mich vorhin versprochen.“
    „Wohin denn?“
    „Nach Tillangdschong.“
    Als ich diesen Namen hörte, rief ich an des Lords Stelle hinab:
    „Zu wem? Wenn wir euch glauben sollen, so sagt die Wahrheit! Wir sind dort bekannt.“
    Erst nach einigem Zögern und Überlegungen erhielt ich die Auskunft:
    „Zu Ta-ki, dem Chinesen, dem vornehmsten Mann auf der ganzen Insel.“
    „Und der soll euer Verwandter sein? Ist er es etwa, der begraben werden soll?“
    „Nein. Wir werden bei ihm wohnen, um uns nicht bei unsern toten Verwandten zu verunreinigen.“
    „Gut, so bringen wir euch nach Tillangdschong. Ihr seid nun einmal eingeladen; da ist nichts zu ändern. Also herauf mit euch, wenn ihr nicht überfahren sein wollt!“
    Da die Jacht kein Kriegsschiff war, hatten sie wahrscheinlich geglaubt, die Sträflingskleidung sei uns unbekannt und wir würden sie fortlassen; jetzt aber sahen sei ein, daß sie sich fügen mußten, zumal unsere Leute ihre Gewehre geholt hatten und damit drohten. Sie verließen also ihre Boote, in denen wir einen Vorrat von Kokosnüssen erblickten, die auf der Flucht ihren einzigen Proviant gebildet hatten. Da sahen wir, daß dem einen eine eiserne Kette an den beiden Fußknöcheln hing; er war also jedenfalls ein renitenter Bösewicht. Angesichts dieses Schmuckstückes konnten sie nicht leugnen, wer und was sie waren. Waffen hatten sie nicht; sie ergaben sich ohne Widerstand in ihr Schicksal; ihre Boote wurden an das Schlepptau genommen, und dann dampften wir weiter.
    „Sonderbar, daß sie nach Tillangdschong wollen!“ meinte Raffley zu mir.
    „Und zwar zu dem Chinesen!“ stimmte ich bei.
    „Das ist wirklich auffällig. Nicht?“
    „Ja, es läßt sich daran ein Gedankengang knüpfen, den ich nicht von mir weisen möchte.“
    „Welcher, Charley?“
    „Sie kennen

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