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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aber ist so schwer, daß sie kein Chinese spielen kann.“
    „Soll ich dir glauben?“
    „Tue es, oder auch nicht, mir ist es ganz gleich!“
    „Wie ist dein Name?“
    „Kuang-si-ta-sse.“
    „Das ist ein großer Name. Kennst du die Instrumente, welche wir spielen?“
    „Ich kenne sie.“
    „Aber du kannst sie nicht spielen!“
    „Ich habe noch kein einziges in der Hand gehabt, aber ich würde jedes sofort spielen.“
    Er lächelte überlegen.
    „Den Gong?“
    „Ja.“
    „Den Gamelang?“
    „Ja.“
    „Den Anklong?“
    „Ja. Aber du fragst mehr, als du darfst, denn der Anklong und der Gamelang sind keine chinesischen, sondern malayische Instrumente.“
    Mein Einwurf schien ihn verlegen zu machen. Er fragte weiter:
    „Kennst du auch die Pi-pa und die Kiü? Sie sind sehr schwer zu spielen, schwerer als jede andere Musik in der Welt.“
    „Ich habe sie gesehen, aber sie noch nicht gespielt, doch ist die Musik für einen Christen so leicht, daß er die Kiü und die Pi-pa sofort spielen würde. Die Christen haben Instrumente, welche ein geschickter Mann nur dann richtig spielen kann, wenn er sich zehn bis zwanzig Jahre alle Tage fleißig geübt hat. Solche Instrumente habt Ihr nicht.“
    „Du willst, daß ich dies glauben soll, und darum will ich nicht zweifeln, aber du bist sehr kühn, die Kiü und die Pi-pa sofort spielen zu wollen! Ich habe beide in meiner Wohnung. Willst du mitgehen?“
    „Ja.“
    Er machte eine siegesgewisse Miene und schritt voran. Turnerstick hatte mit Ungeduld auf uns gewartet. Er fragte:
    „Wie war es da oben auf dem Top dieses Turmes, Charley?“
    „Hoch, Käpt'n.“
    „Hoch? Well, das konntet Ihr Euch hier unten denken! Was tun wir jetzt?“
    „Wir gehen mit in die Wohnung dieses Mannes.“
    „Was wollen wir dort?“
    „Spielen.“
    „Monte, Whist, Tarok oder Skat?“
    „Nichts von alledem. Wir sollen die Kiü und Pi-pa spielen.“
    „Die Kühe und die Pipen? Ihr seid verrückt!“
    „Nicht ganz. Die Kiü ist eine Geige und die Pi-pa eine Gitarre.“
    „Ah so; das muß man eben nur gesagt bekommen! Aber ich – – –“
    „Ich geige also die Kiü, und Ihr klimpert auf der Pi-pa!“
    „Ich –? Auf der Pi-pa –? Bleibt mir mit Eurer Pi-pa-pum vom Hals! Dies von mir zu verlangen, wäre ja grad soviel, als wenn ein Walfisch Filet stricken sollte! Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine solche Wimmerei in der Hand gehabt.“
    „So werde ich es allein machen müssen.“
    „Ja, könnt Ihr denn das?“
    „Ich denke es!“
    „Charley, ich will Euch einmal unter vier Augen etwas sagen: Blamiert Euch nicht etwa vor diesen Chinesen! Einem Bären oder einem Tiger eine Kugel durch den Kopf zu jagen oder ein paar wilde Ziegen zu schießen, dazu gehört nicht viel, denn man braucht nur zu zielen und loszudrücken; aber eine solche Pi-pa ist ein ganz gefährliches Ding, so gefährlich, daß nicht einmal ich mich hinwagen möchte.“
    „Wollen sehen!“
    Unterdessen hatte der Bonze einige Worte mit dem Früchtehändler gesprochen, welcher eiligst nach dem Dorf schritt. Ich dachte mir, daß er ein Publikum herbeiholen solle, um meine mutmaßliche Niederlage zu einer öffentlichen zu machen.
    Von der Pagode schlängelte sich ein schmaler Pfad auf der Höhe hin nach einem Häuschen, welches die Wohnung des Bonzen bildete. Es war ganz aus Bambus gebaut und mit grauen Dachziegeln gedeckt. Es bestand nur aus einem Erdgeschoß, vor welchem ein Pfeilerdach einen schattigen und luftigen Aufenthalt bot.
    Bei unserer Ankunft kam ein Knabe aus der Tür und begrüßte uns, jedenfalls war er der Schüler des Bonzen. Dieser flüsterte ihm einige Worte zu, und daraufhin wurde uns Tee gebracht, den wir nach chinesischer Weise aus winzigen Täßchen und ohne Zucker und Milch genossen.
    „Herrliche Mode!“ brummte der Kapitän, der allerdings ganz andere Trinkgefäße gewohnt war. „Wenn ich da meinen Jungens einen Tee geben wollte, so würde ein jeder seine zwölfhundert von diesen Fingerhüten austrinken und dann gemütlich fragen, wann eigentlich der Tee kommen werde. Aber wann wird dieser Mann eigentlich seinen Pap-pum bringen?“
    „Wird uns nicht mehr lange warten lassen, Käpt'n, denn seht, das Publikum wird sich gleich einfinden!“
    Vom Dorf her bewegte sich eine stattliche Schlange von Männern, Frauen und Kindern auf uns zu, und alle hatten Blumen und Sträuße in der Hand. Als sie das Haus erreichten, wurden wir begrüßt und erhielten die Blumen als Gegengabe für die

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