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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Früchte und Zigaretten, welche ihre Jungens erhalten hatten. In China wird auch das kleinste Geschenk mit hoher Dankbarkeit geehrt, und meine Gabe hatte mir die Herzen des ganzen Dorfes gewonnen.
    „Was werden wir mit diesen Sträußen tun, die wir doch unmöglich fortbringen können?“ fragte Turnerstick.
    „Wir nehmen einiges mit uns und lassen das andere dem Bonzen hier.“
    „Aber bedanken müssen wir uns doch?“
    „Allerdings; ich werde es sofort tun.“
    „Stopp, Charley! Ich bitte um die Freundlichkeit, das einmal mir zu überlassen.“
    „Meinetwegen! Macht's nur schön rührend!“
    „Soll nicht fehlen!“
    Er erhob sich, wandte sich an die Leute und stellte sich in Positur.
    „Chineseng, Manning, Weibing und Kinding! Wir sind gekommeng, um Landing und Leutang kennung zu lernang, und bei euch macheng wir den Anfang. Da habeng wir es sehr gut getroffung, denn ihr bringt uns Blumang und Sträußing für Früchtung und Zigarettang. Wir statteng euch unsere Danksagung ab und hoffeng, daß ihr uns allzeiting in gutong Andenkung behaltang werdet!“
    Dieser ‚Speech‘, welcher mit begeisterter Beredsamkeit vorgebracht worden war, wurde mit großem Beifall aufgenommen, obgleich kein Mensch ein Wort davon verstanden hatte. Die Leute merkten die Absicht und waren mit dieser zufrieden, ohne weitere, sprachliche Anforderungen zu stellen.
    „Seht Ihr's, Charley, daß sie mich Wort für Wort verstanden haben? Ich will wünschen, daß Ihr mit Eurer Pu-po ebenso besteht wie ich mit meiner Rede! Hier bringt der Mann bereits seine Klimperei!“
    Allerdings brachte der Bonze die beiden Instrumente aus dem Innern des Hauses und reichte sie mir dar. Ich wies ihn noch zurück.
    „Ich habe weder die Kiü noch die Pi-pa spielen hören. Willst du mir nicht einmal zeigen, wie es gemacht wird, damit ich es nachahmen kann?“
    Er lächelte überlegen, wie einer, der nichts anderes erwartet hat, und meinte:
    „Du wirst es nicht bringen, obgleich ich es dir zeige!“
    Dann griff er zunächst zur Violine. Sie besaß eine von den unserigen etwas abweichende Form, hatte aber auch einen Steg und vier Saiten, die allerdings in einer andern Stimmung standen. Der Bogen war schwer und hatte die sägeähnliche Form unserer Violinbaßbogen. Nachdem er denselben mit gewöhnlichem Pech bestrichen hatte, begann er.
    Die Chinesen lauschten mit Entzücken seinen Tönen; er schien bei ihnen als ein Meister zu gelten, spielte aber weder eine erkennbare Melodie, noch hörte ich irgendeine Harmonie heraus. Eine Takteinteilung war auch nicht zu erkennen, und das ganze Spiel bestand aus dem Anstrich immer derselben vier Töne, die er in sehr abwechselndem Metrum erklingen ließ.
    Als er den Bogen absetzte, blickte er mich mit einer Miene an, in welcher sich die deutlichste Erwartung meiner ganz besonderen Anerkennung aussprach. Als diese nicht erfolgte und ich bloß leise winkte, meinte er:
    „So wird ein Christ nie spielen lernen!“
    „Hast du noch nie die Musik der Van-kui-dse (Engländer) oder Fu-len (Franzosen) in Hongkong oder Macao gehört?“ fragte ich.
    „Nein. Sie sind Barbaren, und ich mag sie weder sehen noch hören.“
    „Du hast mir das Spiel auf der Kiü gezeigt; lehre mich auch das auf der Pi-pa!“
    Er nahm die Gitarre zur Hand. Sie hatte die Form unserer altmodischen Zithern, besaß einen ziemlich langen Hals mit halbtönigen Griffdrähten und hatte sieben Saiten.
    Sein Spiel war ein ebenso monotones wie vorher. Zwar griff er mit den Fingern der Linken zuweilen in die Saiten ein, doch bekamen wir weder eine Melodie noch irgend zwei harmonierende Töne zu hören, und es war mir vollständig unbegreiflich, wie jemand ein so vollkommen angelegtes Instrument besitzen könne, ohne es auch ohne Lehrer zu einer besseren Geschicklichkeit zu bringen. Das Muster zu diesen Instrumenten mußte von den Europäern eingeführt worden sein, ohne daß auch die richtige Technik mit importiert worden war.
    Als er geendet hatte und von den Zuhörern mit einem beinahe demütigen Beifall belohnt worden war, reichte er mir die Gitarre hin.
    „Nun versuche, ob du das zustande bringst!“
    Ich gab den sieben Saiten eine deutsche Stimmung nach H E A d g h e, versuchte kurz einige Griffe und spielte dann einen schnellen Walzer, bei welchem die linke Hand so viel zu tun hatte, daß meine Zuhörerschaft in sichtliches Erstaunen geriet.
    „All devils!“ rief Turnerstick, als ich geendet hatte, und versetzte mir einen kräftigen Schlag auf die

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