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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Achsel. „Ihr seid ja ein wahrer Virtuose auf der Pupa oder Dingsda oder wie der Kasten heißen mag! Und davon habt Ihr mir nichts gesagt?“
    Ich lachte.
    „Ihr seht wenigstens, daß ich mehr kann als Bären und wilde Ziegen schießen, wobei man nur zielen und loszudrücken braucht.“
    Dann stimmte ich das Instrument nach spanischer Weise auf H D G d g h d, gab zunächst das bekannte ‚Glockengeläut‘ zu hören und spielte dann eine Fandango. Die Chinesen ließen, als ich geendet hatte, keine Bewegung sehen und keinen Laut hören, und der Bonze war unwillkürlich bis unter die Tür zurückgetreten, von wo aus er mich anstarrte wie einer, der vollständig aus dem Sattel geworfen ist.
    Der Kapitän hatte sich auf einen niedrigen Mattensessel niedergelassen und schlug vor Vergnügen ein Rad mit seinen beiden Beinen.
    „Charley, hier bleiben wir noch länger; hier ist es schön, hier ist es gemütlich, hier gefällt es mir, denn Ihr macht Eure Sache beinahe so gut, wie ich vorhin mit meiner Rede. Spielt weiter!“
    Jetzt nahm ich die Geige und stimmte sie nach unserer Weise in Quinten. Erst spielte ich einen dreistimmigen Choral, dann ein Brinkmannsches Lied ohne Worte, nachher einen amerikanischen Reel und dann einen lauten, kräftigen Hopser, der so nach dem Geschmack Master Turnersticks war, daß dieser, sich auf dem Sessel wiegend, mit den Armen und Beinen in der Luft herumgestikulierte und sich redlich bemühte, mit allen zehn Fingern schnalzend, den Takt zu markieren.
    „Huzza, bravo, excellent, köstlich, unvergleichlich!“ rief er, als ich den letzten Strich getan hatte. „Das war mir aus der Seele gegeigt, Charley, denn bei so einer Musik wird es einem, als wenn man mit voller Leinwand geradewegs in alle türkischen Himmel hineinsegeln müsse. So eine Musik kann mich auf die Beine bringen, obgleich ich nichts davon verstehe. Ich gäbe sehr viel darum, wenn ich bei diesem famosen Konzert auch eine Nummer übernehmen könnte!“
    „Das könnt Ihr.“
    „Ich? Wie – was – wo! Wie meint Ihr das? Soll ich vielleicht das Brummeisen blasen?“
    „Könnt Ihr nicht singen, Käpt'n?“
    „Singen? Hm, o ja; aber nur ein einziges Lied. Aber das singe ich auch so ausgezeichnet, daß die Fugen krachen und die Masten splittern, wenn ich einmal damit anfange.“
    „Welches ist es?“
    „Welches? Kuriose Frage! Natürlich den Yankee-doodle!“
    „So macht los! Ich singe mit.“
    „Well, das ist prächtig. Fangt an!“
    Ich nahm die Gitarre wieder zur Hand, präludierte kurz und hatte kaum mit dem Lied begonnen, so fiel Turnerstick mit einer Stimme ein, welche allerdings die Masten erkrachen machen konnte. Von musikalischem Gehör war keine Rede und infolgedessen von reinen Tönen noch weniger, er brüllte den Text mit einer Bärenstimme, welche zwischen fis und g lag und hier und da einen sehr kühnen Sprung hinauf zwischen es und d hinein machte; aber der ganze Text wurde zu Ende gebracht, und als wir aufhörten, erdröhnte rund um uns ein Beifall, welcher wenigstens ebenso ohrenzerreißend war wie der Gesang des begeisterten Seekapitäns.
    Dieser war vor Anstrengung krebsrot im Gesicht geworden, aber seine Augen funkelten vor Vergnügen, und er befand sich in einer Stimmung, als habe er in einem berühmten ‚paddle‘-Klub den ersten Preis gewonnen. Er rief entzückt:
    „Blitz und Donner, das war gesungen! Nicht, Charley?“
    „Sehr!“
    „Wollen wir nicht noch einmal anfangen?“
    „Es wird genug sein, Käpt'n; der Mensch darf seine Vorzüge nicht verschwenden.“
    „Richtig! Diese Leute wissen nun sicher, woran sie mit uns sind; darum wollen wir dieses famose Lied für später aufheben, damit auch andere erfahren, was es heißt, wenn Kapitän Frick Turnerstick den Yankee-doodle losläßt.“
    Ich gab dem Bonzen seine beiden Instrumente zurück.
    „Glaubst du nun, daß die Christen Musik machen können?“
    „Deine Musik ist viel schöner und auch viel schwerer als die unserige. Aber hast du die Pi-pa und die Kiü wirklich noch niemals gespielt?“
    „Nein; doch wir haben in unserm Land Instrumente, welche den deinigen sehr ähnlich sind, und daher kommt es, daß ich auch diese zu behandeln weiß.“
    „Sagtest du nicht, daß du ein Fu-lan seist?“
    „Nein. Ich bin ein Tao-dse.“
    „Das ist gut, denn wir hassen die Fu-lan und die Yankuidse, die unsere Städte niederschießen und uns mit ihren Kanonen zwingen, sie reich zu machen, indem wir ihnen ihr Gift abkaufen müssen. Von Tao-dse-kue

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