33 - Am Stillen Ozean
Halunke! Habt Ihr ihn in den Grund gebohrt?“
„Ja.“ Und leiser fügte ich hinzu: „Ich gelte für einen Obersten der Strompiraten. Verhaltet Euch danach!“
„Wie – wa – was? Ah, gut; da hissen wir alle Segel, ziehen alle Flaggen und Wimpel und machen uns in großer Parade schleunigst aus dem Staub.“
„Ohne die Portugiesin?“
„Well, Charley, die hätte ich in der Eile vergessen. Die nehmen wir natürlich in das Schlepptau!“
„So tut mir vorher den Gefallen, und dreht diesem Riesen hier einmal Euer Taschentuch in den Mund.“
„Warum? Er ist ja gebunden.“
„Er wird bald erwachen, und wenn er zu sprechen vermag, weiß man nicht, was für Hindernisse er uns bereiten kann.“
„Richtig; er soll das Sacktuch bekommen!“
Während er dem Gebundenen den Knebel gab, wandte ich mich zu den übrigen:
„Zurück mit dem, was ihr uns abgenommen habt!“
Es geschah, und sobald ich mich im Besitz des Messers und der Revolver wußte, fühlte ich mich so sicher, als ob ich mich an Bord unseres ‚The Wind‘ befände.
„Ihr habt eine Gefangene hier?“
„Ja. Es ist eine Por-tu-ki.“
„Bringt sie herbei!“
Der, welcher für alle antwortete, verschwand hinter den Götzenbildern. Ich hörte eine Tür knarren, und dann erschien er mit der Gefangenen.
„Goeden avond – good evening, Mesch'schurs!“ grüßte sie niederländisch und englisch, indem sie rechts und links die Seitenfalten ihres Rockes erfaßte und einen sehr tiefen respektvollen Knicks machte.
„Goeden avond, Mejuffrouw“, antwortete ich, und indem ich meine holländischen Sprachbrocken zusammensuchte, fragte ich:
„Gij zijd uit Nederland?“
Der Kapitän blickte mich ganz erstaunt an, daß ich eine Portugiesin holländisch anredete; ich aber hatte auf den ersten Blick gesehen, daß wir es mit einer Niederländerin zu tun hatten. Dieses breite, kräftig gerötete Gesicht, diese mehr als volle Gestalt, das schlichtblonde Haar, die blauen Augen, die großen Hände und Füße – es wäre unmöglich gewesen, diese Person für eine Portugiesin zu halten, selbst wenn ihre Tracht nicht eine echt und spezifisch niederländische gewesen wäre. Ich hätte sofort jede Summe gewettet, daß sie der dienenden Klasse angehöre; die Frau eines reichen portugiesischen Kaufmanns war sie auf keinen Fall, und hier mußte also auf irgendeiner Seite ein Irrtum vorliegen.
Sie machte ein höchst freudiges Gesicht, als sie ihre Muttersprache hörte, und fragte, mir die Hand zum Willkommen entgegenstreckend:
„Zijd gij ook een Nederlander?“
„Neen; ik ben een Duitser.“
„Een Duitser? O, ik kann ook deusch spreken; ik war in Berlin twee Jahre und drie Weken Köchin.“
„Wie kommen Sie von Berlin nach China?“
„Ik kam von Berlin nach Hertogenbosch und Amsterdam, wo ik bei enen reichen Koopmann Köchin wurde. Er zog nach dem Kap, wo de Mann enen Naastbestaanden hatte, dessen Wisselbank er übernehmen sollte. De Huisgezin starb aus, und ik fand de Vrouw van enen Koopmann aus Lissabon, die mij met nach Macao nahm.“
„Alle Tausend! Da sind Sie ja recht weit in der Welt herumgekommen! Waren Sie bis jetzt bei dieser Frau?“
„Ja, bis voor drie Dagen.“
„Wie kamen Sie von ihr weg und hierher?“
„Wij waren spazieren, da kamen deze Räuber und hebben mij gefangengenommen.“
„Was geschah mit Ihrer Herrin?“
„Zij is ausgerissen.“
Jetzt war mir der Fall klar. Die Drachenmänner hatten es auf die reiche Kaufmannsfrau abgesehen gehabt, die als Portugiesin jedenfalls weit schmächtiger gebaut war als unsere dicke Holländerin. Da nun bei den Chinesen die Korpulenz als die höchste weibliche Schönheit gilt und aus diesem Grund jede vornehme Frau sich Mühe gibt, wohlbeleibt zu werden, so hatte man die Dienerin für die Herrin angesehen, die erstere entführt und die letztere entkommen lassen.
„Wie heißt Ihr Herr?“ fragte ich weiter.
„Petro Gonjuis.“
„Wie konnte man Euch mitten in der Stadt anfallen?“
„Het war am späten Namiddag und bald dunkel geworden.“
„Was tat man mit Ihnen?“
„Zij hebben mij in een Doek gewickelt und in een Kahn getragen, und dann hebben zij mij hierhergefahren.“
„Und von da an haben Sie da hinten gesteckt?“
„Ja. Und da is het mij voorbeeldenlos siecht gegangen. Niemand heeft mij besucht; niemand heeft mij een Maaltijd gebracht; ik kont niet slapen, weil es rondom an een immerwährendes Roepen und Lopen ging, so daß ik ganz zwak und dor geworden bin.
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