335 - Der verlorene Sohn
Stadtgrenze verfolgt. Was hast du dir nur dabei gedacht, dich diesen Monstern allein entgegenzustellen?«
»Warlynnes«, murmelte Keran. »So heißen diese Androiden?« Auf ein Nicken Fudohs fuhr er fort: »Sie haben mir alles genommen.«
Ohne dass der Jello ihn aufforderte, sprudelte es aus Keran heraus. Er berichtete vom Tod seiner Eltern, den Jahren in El’ay, die bei dem Angriff der Untoten ihr Ende fanden, und am Ende von Megs Tod in Waashton.
Bei der Erwähnung der Zombies zuckte Fudoh kurz zusammen; kein Wunder, denn es war schwer zu glauben, dass lebende Leichen mit Hilfe von Teknikk umherlaufen konnten.
Bleierne Stille hing zwischen ihnen in der Luft, als Keran geendet hatte. Fudoh wirkte ehrlich betroffen. »Diese Androiden sind eine Pest«, brach er schließlich das Schweigen. »Ich selbst hatte auch schon Konfrontationen mit ihnen. Es hat Jahre gedauert, bis ich eine sichere Enklave errichtet hatte, wo ich vor ihnen und anderen Feinden sicher bin.«
»Haben sie dir das angetan?«, wagte sich Keran die Frage zu stellen, die ihm schon die ganze Zeit auf den Lippen lag. Dabei deutete er auf Fudohs Gesicht.
Als der nickte, fühlte Keran sich einmal mehr in seinem Hass bestätigt. Ein weiteres Leben, das diese Monster in die Verdammnis gestürzt hatten! Sie schienen unbesiegbar.
All die Jahre hatte er gegen die Teknikk gekämpft, und wofür? Durch die Zerstörung der Fabriken hatte er nichts gewonnen. Stattdessen hatte er Unschuldige getötet, und die Androiden existierten noch immer. Mittlerweile herrschten diese Warlynnes sicher schon über ganz Waashton. Keran verbarg sein Gesicht in den Händen und schluchzte.
»Du bist nicht allein«, holte Fudohs Stimme ihn zurück in die Realität. »Es gibt andere, die genauso denken wie du.«
»Die Menschen in deiner Enklave?«
»So ist es. Dort bist du herzlich willkommen.«
»Und wo liegt deine Enklave?«
»Für dich wird es eine Heimkehr sein«, erklärte Fudoh. »Wir fahren nach Amarillo.«
Am Horizont stieg die Sonne empor, und ihre ersten Strahlen tauchten das karge Umland in hellen Schein. Keran sah es als gutes Omen, als Lichtblick einer besseren Zukunft.
***
Amarillo, 2528
Die Überraschung, dem totgeglaubten General Fudoh gegenüberzustehen, hatte Miki Takeo in Sekundenbruchteilen verarbeitet. Nun analysierte er jede Geste und Bewegung seines alten Feindes, doch der ehemalige General glich einem zum Leben erwachten Standbild. In seinem verheerten Gesicht konnte er so gut wie keine Mimik erkennen.
»Nach der Katastrophe am Kratersee und dem weltweiten EMP war alles verloren«, erzählte Fudoh. »Der Kampf war vorbei, die Daa’muren hatten gewonnen.«
»Warum sind Sie nicht nach Nipoo zurückgekehrt?«
»Oh, das bin ich.« Fudoh lachte bitter auf. »Der Fallout der Atombombenkette wurde dorthin getrieben, und die Bunker waren nicht mehr nutzbar. Jene Menschen, die den Kometenabsturz und die Angriffe des Weltrats überlebt hatten, starben nun innerhalb weniger Monate an der Verstrahlung. Oder an Hunger und Durst.« Fudoh hielt inne und rang sichtlich mit sich. Zum ersten Mal, seit der General hier aufgetaucht war, erkannte Miki echte Gefühle in dessen Gesicht: Schmerz, Kummer, Leid.
Er selbst hatte ganz ähnliche Erfahrungen mit seinen Leuten gemacht: Ohne die verbauten technischen Komponenten hatten auch die Cyborgs aus Amarillo nicht überlebt. Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatten nur noch zwei von ihnen gelebt – und die hatte Arthur Crow ermordet.
»Meine Heimat war verloren. Ich blieb nur wenige Tage dort«, fuhr Fudoh fort. »Aber das Sterben ging auch andernorts weiter. Weltweit brachen die Bunkerzivilisationen zusammen. Viele der Technos starben, da kein Immunserum mehr produziert werden konnte.« Er schüttelte den Kopf. »Und ausgerechnet ich – ein Krüppel! – habe all das überlebt. Ist das nicht eine Ironie des Schicksals?«
Miki Takeo hatte sich in den vergangenen Jahren oft gefragt, wie es Fudoh ergangen war. Nach und nach hatte er selbst herausgefunden oder von Mittelmännern erfahren, was aus den einstigen Mitstreitern der Allianz geworden war. Nur Fudohs Verbleib war ungeklärt geblieben. Bis jetzt.
»Und was haben Sie jetzt vor – insbesondere mit mir?«, fragte er. »Als wir uns das letzte Mal sahen, standen wir auf derselben Seite. Wir kämpften für die Allianz und gegen die Außerirdischen. Gemeinsam.«
Fudoh starrte ihn nur an. »Es stimmt, meine Schatten-Armee und ich standen an Ihrer Seite, als
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