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335 - Der verlorene Sohn

335 - Der verlorene Sohn

Titel: 335 - Der verlorene Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Suchanek
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einfacher – lebloser – Teknikk nicht mehr so strikt ablehnend gegenüber. Außerdem beschützte genau jene Teknikk die Enklave. Rund um das Zentrum der Stadt – dem Medical Science Center – gab es zwei Verteidigungsringe mit verborgenen Starkstromblitzern und Überwachungskameras. Kein Maschinenmann konnte Amarillo betreten, ohne dass er in eine der Fallen tappte und Fudoh davon erfuhr.
    Hier, im Kreis von Freunden und ohne ein erneutes Auftauchen der Androiden fürchten zu müssen, fühlte Keran erstmals wieder etwas, das er schon fast vergessen hatte: Sicherheit.
    Er unternahm oft Streifzüge in die Stadt. Besonders angetan hatte es ihm das Viertel, in dem er einst mit seiner Familie gelebt hatte. Er besah sich die Häuserruinen, die aufgerissenen Straßen und die von Wildwuchs überwucherten Mauern.
    Oft saß er stundenlang an jener Stelle, wo die Androiden seine Eltern verbrannt hatten. Die Bilder wirkten in der Erinnerung wie alte Fotografien, unscharf und verblichen, und lösten kaum noch Gefühle aus. Nur wenn er allzu intensiv in sich hineinhorchte, kehrte der alte Schmerz zurück.
    Keran genoss das Zusammensein mit anderen Menschen, die jede höhere Form von Teknikk verabscheuten. Sie alle hatten den Weg nach Amarillo über unterschiedliche Wege gefunden. Da gab es Söldner, die des Kämpfens müde waren, zwei Frauen, die sich aus der Gewalt eines Sklavenhändlers aus Afra befreit hatten, und ehemalige Straßenkids aus Amarillo, die die Säuberung durch die Androiden überlebt hatten.
    Ihre gut achtzigköpfige Gemeinschaft gedieh. Ab und an kamen Neulinge hinzu, die wie Keran herzlich aufgenommen wurden. Er vergötterte Fudoh für dieses kleine Paradies, das auf den Ruinen einer Hölle errichtet worden war. Hier konnte er endlich einer friedlichen Zukunft entgegensehen.
    Wie hätte er ahnen können, dass alles ganz anders kommen sollte?
    ***
    »Ich höre.«
    Fudoh saß, umgeben von allerlei Terminals und Monitoren, im Zentrum der unterirdischen Bunkeranlage – seiner Schaltzentrale. Vor ihm knieten seine treusten Untertanen. Die geheime Eingreiftruppe, die sich »Fudohs Hand« nannte.
    Miyu ergriff das Wort. Die zierliche Frau wirkte mit ihren langen schwarzen Haaren und den tiefgrünen Augen wie einer alten Sage entstiegen, die er als Kind geliebt hatte. »Es ist an der Zeit, General«, sagte sie; eine Anrede, die er nur im engsten Kreis duldete. »Zwei Tagesreisen von hier beginnt übermorgen die Zusammenkunft der Retrologen Meerakas. Unser Schlachtplan steht.« Mit diesen Worten reichte sie ihm einen Ordner.
    Wie stets, bevor er seine »Hand« ausschickte, sprachen sie deren Aktionen minutiös durch: wann der Zugriff erfolgen sollte, welche Personen terminiert werden mussten, auf welcher Beute ihr Hauptaugenmerk diesmal lag, und so weiter.
    Nach intensiver Betrachtung nickte Fudoh den Plan ab und gab ihn Miyu zurück. Wie immer leistete seine »Hand« ausgezeichnete Arbeit. Wie zuvor schon in Waashton, den Appalachen und im San Fernando Valley. In den vergangenen Jahren, seit er mit der Durchführung des Projektes begonnen hatte, hatten sie ihn noch nicht ein einziges Mal enttäuscht.
    »Ist dies unser letzter Auftrag?«, erklang Miyus Stimme zaghaft. Sie hatte sich in den letzten Monaten zum Sprachrohr der Gruppe entwickelt. Wie alle anderen kniete sie vor ihm, das Gesicht dem Boden zugewandt. Ein Zeichen des Respekts. Nur wenn sie sprach, hob sie halb den Blick.
    »Der vorletzte«, sagte Fudoh. »Solltet ihr die Mikro-Servos bei den Retrologen erbeuten, fehlt nur noch eine Komponente: ein funktionierendes Elektronengehirn mit einem Speichermedium, das meine Bewusstseinskopie aufnehmen kann. Damit wäre die Beschaffungsphase dann in der Tat abgeschlossen.«
    Er blickte auf Miyu hinab. Sie war ihm wie alle hier treu ergeben und absolut diskret. Und das war auch notwendig, denn hätten die restlichen Siedler der Enklave die Wahrheit über das Projekt »Eternal Life« erfahren, sie hätten ihn in der Luft zerrissen. So aber bestand seine perfekte Tarnung schon seit Jahren. Fudoh, der gern die Vergangenheit vor Kristofluu studierte, verglich es bei sich häufig mit einem Waffenlager inmitten einer Hippie-Kommune des Zwanzigsten Jahrhunderts.
    Er betätigte zwei Tasten einer Konsole und holte das Übertragungsbild von Labor 0-5-2 auf einen der Monitore zu seiner Linken. Im Zentrum des Bildes ragte die Konstruktionsanlage auf, mit seinem neuen Körper in den Klammern des Duplexfräsers zwischen

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