34 Kurz-Krimis (German Edition)
Larsen schaute Berend erstaunt an.
"Nein", murmelte sie. "Ich kenne keine... oder doch! Warten Sie, er hat eine Schwester, die so heißt. Seine einzige Verwandte. Er hat sich zwar nie sonderlich gut mit ihr verstanden, aber jetzt, da er tot ist, wird sie sicher bald auftauchen, um zu erben."
*
Andrea Kroloff hatte sich bereits im Haus des Ermordeten einquartiert, obwohl das Testament noch gar nicht eröffnet war. "Es ist mein gutes Recht", erklärte sie, als Berend auftauchte.
"Schließlich werde ich ohnehin alles erben."
"Sind Sie sich da so sicher?" fragte Berend.
"Ich bin die einzige Verwandte!"
"Kroloff könnte sein Vermögen auch einer gemeinnützigen Stiftung oder der Kirche oder wem auch sonst vermacht haben. Schließlich verstanden Sie beide sich doch nicht allzu gut..."
Andrea hob leicht das Kinn und setzte einen hochmütigen Gesichtsausdruck auf. "Ich weiß nicht, von wem Sie das haben, Herr Kommissar..."
In diesem Moment klingelte es an der Tür. Andrea ging hin, um zu öffnen und kam einen Augenblick später mit einem grauhaarigen, hager wirkenden Mann im dunklen Anzug zurück. "Das ist Dr. Bruno, Geschäftsführer der Kroloff-Werke. Sie haben sich vielleicht schon gesehen?"
"Nur flüchtig", sagte Dr. Bruno in schweizerischem Akzent und reichte Berend die Hand.
"Herr Berend, ich habe mit Dr. Bruno Wichtiges zu besprechen. Es wäre nett, wenn Sie mir jetzt kurz und bündig sagen würden, was Sie von mir wollen und mich dann in Ruhe ließen!"
Berend holte einen Zettel aus der Tasche und zeigte ihn Andrea. "Sehen Sie, das hat Ihr Bruder kurz vor seinem Tod noch schreiben können."
Andrea wurde blaß und schluckte. "Sie meinen, er hat aufgeschrieben, wer ihn ermordet hat..."
"Ja, genau!"
"Aber ich war es nicht! Sehen Sie, wir haben uns tatsächlich nicht gut verstanden. Vielleicht wollte er mir eins auswischen."
"Jemand, der gerade merkt, daß er vergiftet wurde und nur noch Sekunden zu leben hat- glauben Sie, der denkt daran, seine ungeliebte Schwester zu ärgern?" Berend schüttelte entschieden den Kopf. "Nein", fügte er noch hinzu, "das halte ich für sehr weit hergeholt!"
Andrea schien verzweifelt. "Vielleicht sollte es gar nicht Andrea heißen, sondern Andreas. Könnte doch sein, daß Dirk es nicht mehr geschafft hat, den Namen auszuschreiben!"
"Nein", erwiderte Berend kühl. "Es folgen ja noch ein paar Wörter.
Außerdem hat der Pförtner kurz zuvor eine Frau hereinkommen sehen, die sich erkundigt hat, ob Dirk Kroloff im Hause sei. Die Vorzimmerdame war ja schon gegangen, aber wenn wir Sie dem Pförtner gegenüberstellen, bin ich ziemlich sicher, daß er Sie wiedererkennen wird! Tut mir leid, aber ich muß Sie vorläufig festnehmen."
*
Als Kommissar Berend eine Woche später im Büro- Trakt der Kroloff-Werke auftauchte, traf er auf einen ziemlich entnervten Dr. Bruno. "Bitte, was wollen Sie denn? Ich dachte, der Fall ist für Sie so gut wie abgeschlossen!" Er rang mit den Armen.
Wir hatten hier eine Buchprüfung und Sie können sich vielleicht denken, wieviel Unruhe das in ein Unternehmen hineinbringt!"
"Ja, das kann ich", erwiderte Berend." Vor allem, wenn man dabei herausfindet, daß der Geschäftsführer Gelder unterschlagen hat!"
Dr. Bruno erstarrte. "Woher wissen Sie das?"
"Ich habe mich bei den Kollegen von der Steuerfahndung erkundigt.
Kroloff ist Ihnen auf die Schliche gekommen, deshalb mußte er sterben!"
"Was? Ich dachte, Sie suchen eine Frau!"
Berend nickte. "Das dachte ich zunächst. Aber das Gift, an dem Kroloff gestorben ist, stammte aus den Beständen der Firma und da hatte seine Schwester keinen Zugang. Sie war zwar kurz vor seinem Tod noch bei ihm, um ihn um Geld zu bitten, doch der wirkliche Mörder kam erst danach! An Ihrem Türschild steht Dr. A. Bruno, nicht wahr?"
"Na, und?"
"Das A. steht für Andrea. Ich habe mich über Sie erkundigt. Sie stammen aus der italienischen Schweiz und im Italienischen ist Andrea ein Männername. Dr. Bruno, Sie sind verhaftet!"
EINE KUGEL FÜR DEN KURIER
Peter Rüger blickte sich um, dann sah er ungeduldig auf die Uhr. Es war beinahe Mitternacht. Rüger hatte den Kragen seines Mantels hochgeschlagen, denn der Wind wurde jetzt empfindlich kühl. Seine Ledersohlen klackerten auf dem Bürgersteig. Die Straße schien wie ausgestorben. Auf der einen Seite befanden sich Geschäfte, die um diese Zeit längst geschlossen hatten. Gegenüber waren Parkplätze. Dort hatte Rüger seinen Wagen abgestellt.
Aber in diesem Moment
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