34 Kurz-Krimis (German Edition)
Tun Sie, was Sie sich vorgenommen haben oder lassen Sie's! Es ist nur eine Frage der Zeit, wann man Sie kriegt!" rief sie trotzig.
Fernandez blickte etwas irritiert drein. Dann schwenkte er den Pistolenlauf. "Vorwärts, gehen Sie!" Fernandez führte sie ins Haus. Linda fragte sich, was er vorhatte. Sie sah zur Seite, als sie ihren toten Mann auf dem Boden liegen sah. Fernandez sah ihn sich dafür um so intensiver an. Er drehte ihn herum und durchsuchte die Jackentaschen des Toten, bis er die Wagenschlüssel hatte. "Rühren Sie sich nicht vom Fleck!" sagte er düster an Linda gewandt. "Wenn Sie Ihre Nase durch die Tür stecken, erschieße ich Sie!" Dann ging er hinaus.
Einen Augenblick später hörte Linda von draußen, wie der Wagen angelassen wurde und davonbrauste.
*
"Ich konnte Sie leider nicht früher rufen", sagte Linda an Inspektor Graves gewandt, nachdem sie ihm alles erzählt hatte.
In dem Ferienhaus wimmelte es von Polizeibeamten. Alle Spuren wurden sorgfältig gesichert und die Fahndung nach Fernandez aufgenommen.
"Er wird nicht weit kommen", versprach der Inspektor. Sie gingen hinaus. Ein hochgewachsener Mann um die dreißig kam mit fliegendem Mantel auf Linda zu. Es war Desmond, Brians Partner. Seit fast fünf Jahren hatten die beiden zusammen in einem Dienstwagen gesessen.
"Linda, ich habe gehört, was passiert ist. Es ist furchtbar!" Seine Stimme verriet, daß er es nicht wirklich furchtbar fand. Er versuchte, ihr den Arm um die Schulter zu legen, aber sie entwand sich ihm.
"Nicht", sagte sie. "Ich will das nicht."
Sie hatten ein Verhältnis gehabt, aber das hatte nicht lange gedauert.
Dann hatte Linda Desmond eröffnet, daß sie bei ihrem Mann bleiben würde.
Desmond hatte das nie akzeptieren können und sie immer wieder bedrängt. "Wahrscheinlich muß ich Brian erst umbringen, um dich von ihm loszukriegen!" hatte er mal gesagt. Linda hatte das für einen üblen Scherz gehalten.
Aber jetzt roch sie sein After Shave.
Tabak. Er nahm noch immer viel zu viel davon.
Es fiel Linda jetzt wie Schuppen von den Augen.
"Du hast ihn umgebracht, nicht wahr, Desmond? Und dir dabei gedacht, den Mord diesem Wahnsinnigen in die Schuhe schieben zu können! Aber ich war mit Fernandez da drinnen im Haus und habe seine Reaktion gesehen! Er wollte Brian töten, aber hat es nicht getan! Er kam gar nicht mehr dazu..."
"Das ist doch absurd!" verteidigte sich Desmond, der den fragenden Blick des Inspektors auf sich ruhen fühlte.
"Außer Brian und mir warst du der einzige, der über unseren Aufenthalt informiert war", sagte Linda. "Brian hat kurz bevor wir losfuhren noch mit dir telefoniert... Untersuchen Sie seine Waffe, Inspektor! Ich wette, daraus ist geschossen worden!"
Desmond schluckte. "Linda...", murmelte er, während der Inspektor die Hand ausstreckte.
"Ihre Waffe bitte, Desmond!"
Zögernd reichte Desmond sie Inspektor Graves.
Noch bevor Graves an der Waffenmündung gerochen hatte, flüsterte Desmond: "Es ist wahr."
Über den verrückten Fernandez konnte man am nächsten Tag in der Zeitung lesen, daß er mit einem gestohlen Wagen einen Verkehrsunfall verursacht hatte und verletzt worden war. Der Streifenpolizist, der den Unfall aufnahm, hatte ihn festgenommen.
MÖRDER MIT HUT
Alle, die an jenem Abend um Geld spielten, gehörten zu denjenigen, die es sich leisten konnte, etwas aufs Spiel zu setzen, ohne dabei auf den Pfennig sehen zu müssen: Da war Gundelach, Der Juwelier, ein Spieler aus Leidenschaft, der sich diese ruinöse Sucht seines gutgehenden Geschäftes wegen leisten konnte. Geiger war Bankdirekter und als solcher schon Berufs wegen mit einem gewissen Hang zum Geiz behaftet: Er spielte nie über sein Limit hinaus, selbst wenn er dafür von den anderen, allesamt weitaus vermögenderen Mitspielern belächelt wurde. Jochimsen, ein kühler, zurückhaltender Mann, war in derselben Branche wie Brandner tätig, besaß ebenfalls ein gutgehendes Unternehmen und es gehörte fast schon zum Ritual dieser Spielabende, daß er den Gastgeber drängte, seine Firma doch an ihn zu verkaufen und sich ins Privatleben zurückzuziehen. Natürlich lehnte Brandner dieses Ansinnen seines schärfsten Konkurrenten stets ab.
"Wie wäre es, wenn Sie Ihre Firma als Einsatz stiften würden?" meinte Jochimsen nachdem er einige Fünfhunderter an seine Mitspieler hatte auszahlen müssen. "Wenn es um einen lohnenden Einsatz ginge, könnte ich mich vielleicht auch besser auf das Spiel konzentrieren!"
Brandner
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