34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
macht auch hier den Meister. Freilich darf man eine solche Tür nicht mit den Händen öffnen, welche man sogleich voller Stacheln haben würde. Man muß das Gewehr oder sonst einen harten Gegenstand dazu nehmen.
Es währte weit über eine Viertelstunde, bevor ich fertig wurde. Dann kehrte ich nach dem Feuer zurück, wo ich alles noch in derselben Ordnung fand.
„Nun?“ fragte mich der Oberst. „Wir hatten Angst um Sie.“
„Es war eine schwere Arbeit, eine Tür durch den Kaktus zu schneiden.“
„Das ist ja nicht möglich! Wie wollen Sie denn das gemacht haben?“
„Mit dem Messer in die Kaktuswand geschnitten.“
„Noch dazu des Nachts! Wie sieht denn da Ihre Haut aus?“
„Wie vorher. Doch, lassen Sie uns jetzt noch die letzte Vorbereitung treffen.“
Ich zog das Pferd aus dem Schuppen und führte es in den Korral, wo ich es hinter der Tür festband, daß ich es leicht erlangen konnte. Was wir an Kleinigkeiten bei uns liegen hatten, mußte ein jeder zu sich stecken. Dann waren wir fertig und konnten den Major ruhig kommen sehen.
Genau als die Stunde vergangen war, meldete der Steuermann, daß er einen Menschen durch den Gang sich nähern sehe. Die acht, welche an den Eingängen standen, blieben dort stehen. Wir anderen saßen am Feuer.
Der Mann, welcher jetzt kam, war wohl im Anfang der fünfziger Jahre und militärisch gekleidet, trug aber auch keine Waffen bei sich. Er kam auf uns zu, hielt vor uns an, machte dem Obersten eine Verbeugung und sagte, ohne daß er die anderen zu bemerken schien:
„Señor, Sie haben gewünscht, mit mir zu sprechen, und ich hielt es für eine Pflicht der Höflichkeit, diesem Wunsch nachzukommen!“
Wenn er eine Antwort erwartet hatte, so war er sehr im Irrtum gewesen. Der Oberst tat, als ob er ihn weder gesehen noch gehört hätte. Er warf nur mir einen bezeichnenden Blick zu, daß ich an seiner Stelle sprechen solle. Darum antwortete ich:
„Das ist sehr freundlich von Ihnen, Señor. Ich hatte gehofft, mit Ihnen bedeutend schneller zum Ziel zu gelangen, als mit einem Ihrer Leute.“
Ich war bei diesen Worten langsam aufgestanden. Er warf mir einen leidlich verächtlichen Blick zu und fragte:
„Wer sind Sie?“
„Hoffentlich wissen Sie es!“
„Mag sein. Aber mit Ihnen habe ich nicht zu sprechen, sondern mit Ihrem Vorgesetzten, dem Señor Oberst.“
Sein Betragen bedurfte einer Verbesserung. Ich gab dieselbe, indem ich erklärte:
„Sie scheinen sich in einem mehrfachen Irrtum zu befinden, Señor. Ich bin nicht ein Untergebener des Herrn Obersten, sondern augenblicklich der Befehlshaber dieser kleinen Truppe.“
Er zuckte verächtlich die Achsel.
„Ich spreche nicht mit Ihnen. Sie sind nicht Offizier. Ich habe mit dem Obersten zu reden.“
„Das können Sie nicht von ihm verlangen, weil kein braver Offizier mit einem Empörer, einem Aufrührer in Verhandlung tritt. Ich als Zivilist kann das leichter tun, ohne meiner Ehre zu schaden.“
„Tormento!“ fuhr er auf. „Ich werde Sie züchtigen lassen, wenn Sie mich beleidigen!“
„Jetzt wohl noch nicht. Dazu müßten Sie mich erst in Ihren Händen haben.“
„Das wird in kurzer Zeit der Fall sein.“
„Möglich. Ich halte diesen Fall sogar für wahrscheinlich, und darum habe ich gewünscht, mit Ihnen sprechen zu können.“
„Ich erklärte Ihnen bereits, daß ich nicht mit Ihnen rede!“
„Dann, Señor, begreife ich gar nicht, weshalb und wozu Sie sich zu uns bemüht haben! Wir sind fertig!“
Ich wandte mich ab. Das brachte ihn in Verlegenheit. Ohne Resultat wollte er doch nicht fort. Er sagte:
„Nun, ich will mit Ihnen verhandeln, Señor. Bitte, kommen Sie näher.“
Daraufhin drehte ich mich wieder um, schritt langsam zu ihm hin und setzte mich ihm gegenüber. Er fühlte, daß er die erste Karte verloren hatte; das verbesserte seine Laune keineswegs. Es war seinem Gesicht anzusehen, daß wir keine Gnade finden würden, sobald wir in seine Hände übergegangen seien.
„Was haben denn die dort zu tun?“ fragte er, auf unsere Posten zeigend.
„Jeden niederzuschießen, welcher es wagt, sich uns ohne meine ausdrückliche Erlaubnis zu nähern.“
„Pah! Ziehen Sie diese Posten getrost ein! Sie sind doch zu nichts nütze, und Sie werden wohl binnen einer Viertelstunde hier nichts mehr zu befehlen haben.“
„Davon bin ich selbst überzeugt.“
„Also spielen Sie doch nicht Soldaten! Das ist ein Spiel, wovon Sie nichts verstehen.“
„Keine solche Bemerkung! Ich bin vielleicht
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