34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
sehr hohes Lösegeld!“
„Sehr wahrscheinlich.“
„Zweitens, daß sein Komplize, der eigentliche Anstifter der Verbrechen, zwar von der Anschuldigung der Körperverletzung freizusprechen, aber wegen Versuch des Mordes und überführten Landesverrat zu verurteilen ist. Die Richter haben sich nach reiflicher Überlegung dahin geeinigt, daß sie auf seinen Tod erkennen. Das Urteil ist augenblicklich zu vollziehen, und zwar durch Blei und Pulver.“
Aller Augen waren auf mich gerichtet; ich tat, als ob ich es nicht bemerkte.
„Haben die Verurteilten etwas zu bemerken?“ fragte der Offizier.
„Nein“, antwortete Monteso. „Was ich zu sagen habe, wird man später hören.“
Trotz dieser Antwort zitterte seine Stimme, und sein Gesicht war bleich geworden. Er hatte Sorge, wohl ebenso sehr um mich, als um sich, da von dem Gelingen meiner Flucht auch für ihn viel abhing. Ich aber fühlte mich innerlich sehr ruhig. Es ist eine alte Erfahrung, daß beim Eintritt einer erwarteten Gefahr die Angst aufhört. Ein Schüler kann sich zum Beispiel wochenlang wegen des Examens ängstigen; sobald aber die erste Frage an ihn gerichtet wird, ist wohl meistens die Angst vorüber.
„Und Sie, Señor?“ fragte der Major mich.
„Ich habe zu bemerken, daß ich Sie überhaupt nicht als meine Richter anerkenne. Sie haben nicht einmal über Inländer, am allerwenigsten aber über einen Ausländer abzuurteilen. Dem Inländer würde die Appellation an die höhere Instanz freistehen; es kann also von einer sofortigen Vollstreckung des Urteils gar keine Rede sein. Da ich aber nun gar ein Ausländer bin, so verlange ich unbedingt, daß die Angelegenheit vor den Vertreter meines Landes gebracht werde.“
Wie ich gedacht hatte, das geschah – man lachte. Der Major aber antwortete mir:
„Ich habe Ihnen bereits gesagt Señor, daß derartige Einsprüche völlig unnütz sind. Wir fühlen uns kompetent und werden das Urteil vollstrecken. Haben Sie noch etwas zu bemerken?“
„Ja, einige Wünsche habe ich freilich.“
„So teilen Sie uns dieselben mit. Ist es möglich, so werden wir sie erfüllen.“
„Wie lange habe ich noch zu leben, Señor?“
Er zog meine Uhr hervor, sah darauf und antwortete:
„Sagen wir, noch eine Viertelstunde. Werden Sie bis dahin mit Ihren Vorbereitungen zu Ende sein?“
„Ganz gewiß. Ich möchte als Caballero sterben, Señor, mit offenen Augen, unverbunden!“
„Das kann ich nicht gestatten.“
„Warum nicht?“
„Es ist gegen die Regel. Sie werden an den Armen gefesselt und erhalten ein Tuch um die Augen.“
„So möchte ich wenigstens die Stelle sehen, an welcher ich die Kugel empfangen soll.“
Er blickte sich um. Sein Auge blieb an einem Baum haften, welcher sich am Rand der Lagerstelle und zugleich in nur ganz geringer Entfernung von dem Ufer befand. Man konnte von dort aus mit drei Sprüngen im Wasser sein.
„Ist Ihnen der Baum dort recht?“ fragte er, nach demselben deutend. „Da können Sie sich anlehnen, und meine Leute haben dann ein sicheres Zielen.“
„Das würde ich ihnen bieten auch ohne daß ich mich anlehne. Ich wanke nicht.“
„Noch einen Wunsch?“
„Einen Wunsch für Sie, Señor.“
„Ah, für mich! Welchen?“
„Daß Ihnen die Urteilvollstreckung gegen mich keinen Schaden bringen möge, und daß wir uns als Freunde betrachten, wenn wir uns einst wiedersehen.“
„Einen Schaden habe ich nicht zu befürchten, und unser Wiedersehen wird da oben stattfinden, wo alle Feindschaft schweigt.“
„Einen Trost würde es mir gewähren“, fügte ich hinzu, „wenn mein Kamerad Zeuge sein könnte, wie ich Ihre Kugel empfange. Ich bitte Sie um die Gnade, ihm die Fesseln von den Füßen zu lösen, damit er stehen kann. Er ist dann noch an den Händen gebunden und kann Ihnen ja nicht entfliehen.“
„Dieser Wunsch soll erfüllt werden. Man binde dem Señor die Füße los!“
Einer der Soldaten kam diesem Befehl nach. Zu gleicher Zeit trat Mateo herbei. Er hatte einen Riemen und ein Taschentuch in der Hand.
„Was wollen Sie?“ fragte ihn der Major.
„Den Verurteilten binden. Das steht mir zu, da ich der Zeuge bin.“
Also sogar diese Genugtuung wollte er noch haben. Er trat, ohne die Zustimmung des Offiziers abzuwarten, nahe an mich heran und gebot:
„Legen Sie die Hände auf den Rücken! Es ist Zeit.“
„Wozu?“ fragte ich.
„Daß Sie endlich Ihre Strafe empfangen.“
„Erst nehmen Sie die Ihrige, Sie Halunke!“
Ich gab ihm mit der Faust, und
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