34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
deren Klinge so fest stecken blieb, daß er den Riemen an ihr aufscheuern konnte. Als er die Hände frei hatte, zog er das Messer wieder heraus und eilte zu seinem noch dastehenden Pferd, welches neben demjenigen des Wächters hielt. Aber eben, als er in den Sattel stieg, wurde er bemerkt. Noch waren nicht alle Reiter im Fluß, da es für fünfzig Mann nicht Platz genug gab, zugleich hineinzugehen. Diejenigen, welche sich noch am Ufer befanden, jagten dem davongaloppierenden Monteso nach.
Der Major konnte sich nicht sofort entscheiden, welche Richtung er einschlagen solle. Sollte er es machen wie der Wächter, welcher auch auf sein Pferd sprang, um sich der Verfolgung Montesos anzuschließen? Oder sollte er denen nachreiten, welche es auf mich abgesehen hatten? Er zauderte. Und in solcher Lage hat eine einzige Minute Versäumnis viel zu bedeuten. Die Wiedererlangung meiner Person mochte ihm doch wichtiger erscheinen, als das Ergreifen Montesos. Er trieb sein Pferd, das heißt mein Pferd, in das Wasser, als seine Leute alle das andere Ufer bereits erreicht hatten und dort verschwunden waren. Wo aber befand ich mich? Nun, ganz in der Nähe! Sobald ich sah, daß man mich erblickt hatte, rannte ich am Ufer entlang aufwärts. Die Stelle, an welcher ich aus dem Wasser gekommen war, lag ein wenig weiter abwärts, als diejenige, an welcher jenseits die Bolaleute auf mich warteten. Ich wollte und mußte sie irre leiten. Indem ich aufwärts rannte, wollte ich ihnen die Meinung beibringen, daß ich in dieser Richtung meine Flucht fortsetzen werde, was mir aber gar nicht einfiel, denn sonst wäre ich gewiß sehr bald ergriffen worden. Ich konnte nur dann entkommen, wenn es mir gelang, sie irre zu führen.
Am Ufer gab es viel Gebüsch. Sollte ich mich durch dasselbe decken oder nicht? Ließ ich mich nicht sehen, so sahen sie nicht, wohin ich lief, und ich konnte sie nicht irre leiten. Ließ ich mich aber sehen, so gab ich ihnen ein Ziel für ihre Kugeln und Bolas. Ich mußte indessen das letztere riskieren, wenn ich überhaupt entkommen wollte. Doch, ich hatte Glück. Einige Schüsse wurden abgegeben, welche nebenher gingen; einige Bolas kamen geflogen, doch trafen sie nicht, sondern wickelten sich um die Zweige und Äste, welche in der Richtung lagen. So rannte ich eine Strecke von vielleicht dreihundert Schritten aufwärts. So lange ließ ich mich sehen. Dann tat ich, als ob ich mich nach dem freien Camp wende, bis wohin man nicht sehen konnte, duckte mich aber wieder und kroch unter den Büschen bis an den Rand des Wassers zurück. Ich sah unten den letzten Reiter aus dem Wasser kommen. Hinter mir, draußen vor den Büschen, welche wie ein schmales, grünes Band das Ufer säumten, hörte ich die ersten vorüberjagen. Man vermutete mich schon viel weiter oben. Der Major hielt noch unten jenseits des Flusses. Er sah den Verfolgern Montesos nach. Ach, wenn ich ihn fassen und mein Pferd bekommen könnte! Dieser Gedanke elektrisierte mich. Ich ließ mich sofort in das Wasser, tauchte unter und schwamm nach jenseits. Zweimal mußte ich Atem schöpfen, nahm mir aber dabei keine Zeit, abwärts zu blicken. Erst als ich an das Ufer stieß, sah ich hin, wo er sich befand. Er trieb soeben das Pferd in das Wasser. Das paßte ja vortrefflich! Ich tauchte wieder unter und schwamm abwärts. Das ging sehr rasch, denn das Wasser hatte hier ein starkes Gefälle, und ich stieß aus Leibeskräften aus. Als ich wieder emporkam, um Atem zu holen, hatte er zwei Drittel seines Weges, ich aber noch mehr des meinigen zurückgelegt. Ich befand mich beinahe hinter ihm. Nun fiel es mir gar nicht ein, wieder zu tauchen. Ich schwamm ihm mit aller Kraft nach. Er sah sich nicht um. Hätte er mit dem Kopf nur eine halbe Wendung gemacht, so wäre sein Blick ganz gewiß auf mich gefallen.
Ich schwamm schneller als das Pferd und kam ihm immer näher und näher. Jetzt trafen die Hufe auf Grund; ich aber hatte das Pferd mit der Linken beim Schwanz; in der Rechten hielt ich das Messer. Seine einzige Waffe war der Säbel. Er hatte zwar zwei funkelnde Pistolen im Gürtel stecken, aber die Dinger sahen so hübsch aus, daß sie keine Furcht zu erregen vermochten. Nun hatte der Reiter das Ufer erreicht. Er wollte das Pferd weiter treiben, ich aber zog am Schwanz. Infolgedessen schlug es aus.
„Señor Cadera!“ sagte ich.
Er fuhr erschrocken herum, als er den Namen hörte, den er selber mir vorhin genannt hatte. Sein Schreck verzehnfachte sich aber, als er mich
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