34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
doch nicht das geringste Recht dazu!“
„Ich habe dazu wenigstens ganz dasselbe Recht, welches Sie sich anmaßten, als Sie heute ein Kriegsgericht konstituierten. Ich kenne die Rechtsverhältnisse dieses Landes und weiß sehr genau, daß Sie sich einen Übergriff erlaubten. Ja, dieser Übergriff war eigentlich eine Anmaßung, eine Gewalttätigkeit, für welche Sie hart bestraft werden, falls die beiden Betreffenden Anzeige erstatten.“
„Señor, vergessen Sie ja nicht, mit wem Sie reden! Ich habe Ihnen meinen Namen und Grad genannt!“
„Ich sage Ihnen aufrichtig, daß ich Ihnen keinen Glauben schenke.“
„Donnerw – wollte sagen, ja, was wollte ich sagen? Was ich da hörte, das ist so stark, daß ich mich fragen möchte, ob ich es wirklich gehört habe!“
„So will ich es wiederholen: Ich glaube nicht, daß Sie derjenige sind, für den Sie sich ausgeben.“
„Señor, wissen Sie, welch eine Beleidigung Sie da ausgesprochen haben?“
„Sehr wahrscheinlich ist es gar keine Beleidigung. Die Armee der Banda oriental zählt nicht nach Hunderttausenden. Sie ist nicht so stark, daß man die Zahl und Namen ihrer Stabsoffiziere nicht zu übersehen vermöchte. Ich rühme mich, die Namen sämtlicher dieser Herren zu kennen; ein Major Cadera aber ist nicht dabei.“
„So sind Sie ungenügend unterrichtet!“
„Bitte, wenn ich mich einmal unterweisen lasse, so pflege ich das genügend zu tun. Wohl aber kenne ich einen Señor namens Enrico Cadera. Er ist ein argentinischer Parteigänger, von welchem mir erzählt wurde, daß er jetzt zu irgendeinem noch unaufgeklärten Zweck Truppen sammle. Er rekrutiert an den Ufern des Uruguayflusses und soll es sogar einigemal gewagt haben, das diesseitige Gebiet zu betreten. Sonderbarerweise haben dann allemal die Herdenbesitzer derjenigen Gegenden, welche er mit seinem Besuch beehrte, beträchtliche Verluste an Pferden erlitten, welche ihnen fortgetrieben worden sind.“
Es war ein etwas ängstlicher Blick, welchen der Major auf den Frater warf, als er sagte:
„Von diesem Mann habe ich noch nichts vernommen. Ich kenne ihn nicht.“
„Wie? Sie als Major sollten von einem solchen Parteigänger nichts gehört haben? Das wäre erstaunlich. Sind Sie wirklich Stabsoffizier, so müssen Sie unbedingt benachrichtigt worden sein, daß wegen dieses Enrico Cadera ein Truppenkommando an den Uruguay gesandt worden ist, um derartige Übergriffe zurückzuweisen. Mein Zweifel an Ihrer Identität wird also immer größer. Überdies befürchte ich, Sie werden von der Veröffentlichung Ihrer heutigen Heldentaten wenig Ruhm haben.“
„Desto größer wird die Strafe sein, welche man Ihnen diktieren wird! Es versteht sich ja ganz von selbst, daß ich Sie vor den Strafrichter bringe!“
„Dazu werde ich Ihnen behilflich sein. Ich bin entschlossen, einen Boten nach Mercedes zu senden, welcher die dort stehenden Truppen herbeiholt, damit ich von denselben arretiert werden kann. Da dies für Sie eine Genugtuung sein wird, welche ich Ihnen aufrichtig gönne, so werde ich Sie, wenn nötig mit Gewalt, veranlassen, bis zur Ankunft dieser Leute hierzubleiben.“
Dem Major kam die Selbstbeherrschung abhanden. Man sah, daß er erschrak.
„Alle Teufel! Das werden Sie bleibenlassen!“ rief er aus.
„Glauben etwa Sie, mich zwingen zu können, diesen meinen Vorsatz aufzugeben?“
„Ja. Nötigenfalls werden meine Leute diesen Rancho mit Gewalt stürmen, um mich zu befreien!“
„Sie wollen Gewalt anwenden, um von hier fortzukommen? Sie fürchten also die Ankunft unseres Militärs? Damit liefern Sie den unumstößlichen Beweis, daß meine vorhin ausgesprochene Vermutung richtig ist. Sie sind der Anführer von Freibeutern, deren Treiben ungesetzlich ist. Kommen Sie mit herein in die Stube! Ich werde sofort einen Boten absenden, und Sie haben die Güte, bis zur Rückkehr desselben hier zu verweilen.“
„Was muten Sie mir zu! Ich werde Ihnen zeigen, was ich zu tun beabsichtige oder nicht, und zwar gleich!“
Er schnellte von seinem Sitz auf und sprang nach der Stelle, an welcher seine beiden Pistolen lagen, welche der Bruder hereingeworfen hatte. Ich war darauf gefaßt gewesen, tat einen Sprung, kam ihm zuvor und schleuderte ihn zurück, so daß er mit einem lauten Schlag auf die Bank flog. Das brachte ihn außer sich. Er fuhr schnell wieder auf, stieß einen grimmigen Fluch aus und wollte sich auf mich werfen. Aber der Frater faßte ihn wie vorher an den Armen, drückte ihm dieselben an
Weitere Kostenlose Bücher