34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
den Leib und steifte ihn abermals auf die Bank zurück.
„Sie sehen, daß Sie nichts vermögen“, sagte er. „Ergeben Sie sich also in die gegenwärtige Lage! Widerstand ist vergeblich. Sie haben es nicht mit Leuten zu tun, welche sich vor einem Freibeuter fürchten. Sie werden die Früchte Ihrer heutigen Taten ernten, Sie und Ihre Leute, denn auch dieser werden wir uns versichern.“
„Wie wollen Sie das anfangen?“ fragte der Major kleinlaut-höhnisch.
„Ich will es Ihnen sagen. Sie schließen wir ein, und dann locken wir Ihre Leute herein in den Hof und lassen unsere Toros und Novillos zu ihnen, welche sich da hinter diesem zweiten Tor befinden. Ich bin überzeugt, daß Ihre tapferen Guerrilleros diesen Tieren gegenüber ganz andere Gesichter machen, als heute früh, wo es sich um zwei ungefährliche Männer handelte.“
Toro ist ein alter, heimtückischer Stier, welcher leicht auf den Mann geht. Novillos werden die jungen, wilden Ochsen genannt, welche sich der Zähmung widersetzen. Beide Arten sind höchst gefährlich, denn ist ein solches Tier einmal in Wut geraten, was bei der geringsten Veranlassung geschehen kann, dann ruht es nicht eher, als bist der Feind ihm aus den Augen gekommen oder vernichtet ist. Die Drohung des Bruders verfehlte deshalb ihren Eindruck nicht, zumal er hinzufügte:
„Oder glauben Sie, daß Ihre Leute meiner Einladung nicht folgen werden? Dann gibt es ein anderes Mittel. Sie sind von den Pferden gestiegen und also nicht zu einer augenblicklichen Flucht vorbereitet. Ich brauche nur das vordere und dieses zum Ochsenplatz führende Tor zu öffnen, so stürmen die Stiere hinaus. Sie kennen das und werden zugeben, daß Ihre Leute dann sicher verloren sind. Soll ich es Ihnen etwa gleich jetzt beweisen, Herr Major?“
Er tat, als ob er zum Tor gehen wolle.
„Um Gottes willen!“ rief Cadera erschrocken. „Die Bestien würden sich ja zuerst auf uns werfen!“
„Allerdings. Aber den Ranchero und mich kennen sie; wir würden uns vor den deutschen Señor stellen, und Sie würden es also allein sein, den sie auf ihre Hörner spießen. Es ist gar nicht scherzhaft gemeint, Señor! Sie befinden sich in großer Gefahr. Sie haben nichts zu erwarten, als das Militär aus Mercedes und obendrein die wilden Stiere. Wir wissen sehr genau, wie man mit fremden Freibeutern umzugehen hat; das sehen Sie nun wohl ein.“
„Ich mag mit Ihnen nichts mehr zu tun haben und verlange, daß Sie mich hinauslassen!“
„Hm! Dieses Verlangen ist sehr leicht erklärlich, und ich bin vielleicht bereit, Ihren Wunsch zu erfüllen, stelle aber die Bedingung, Sie gegen Ihren Gefangenen auszuwechseln.“
„Darauf lasse ich mich nicht ein! Sie müssen mich hinauslassen. Sie haben kein Recht, mich hier zurückzuhalten!“
„Und Sie haben noch weniger Recht, sich des Señor Monteso zu bemächtigen. Streiten wir nicht. Diese Differenz wird sofort ausgeglichen werden, wenn die Truppen aus Mercedes kommen. Señor Bürgli, haben Sie einen sicheren Mann und ein schnelles Pferd?“
„Beides ist vorhanden“, antwortete der Ranchero, welcher sich bisher nur mit den Augen und Ohren an der Szene beteiligt hatte.
„Lassen Sie augenblicklich satteln und bringen Sie den Mann zu mir. Ich werde ihm einige Zeilen mitgeben. Die Freischärler halten vorn am Tor; er mag also hinten durch die Öffnung der Hürde reiten. Da sehen sie ihn nicht.“
Bürgli wollte in das Haus treten. Da aber rief der Major:
„Halt! Noch ein Wort! Ich habe die Truppen aus Mercedes nicht zu fürchten, denn sie sind meine Kameraden. Aber ich wäre blamiert, mich von ihnen in der gegenwärtigen Lage finden zu lassen. Ich gehe also auf Ihre Bedingungen ein und liefere Monteso aus. Lassen Sie mich hinaus, so werde ich Ihnen den Mann hereinschicken.“
Der Frater schüttelte lächelnd den Kopf und antwortete:
„In dieser Weise möchte ich die Sache nicht beilegen, Señor! Ich öffne das Tor, so daß Sie von den Ihrigen gesehen werden und mit Ihnen sprechen können. Sie geben ihnen den Befehl, den Yerbatero freizulassen. Sobald er zum Tor hereinkommt, dürfen Sie zu demselben hinaus. Dadurch wird jede Unehrlichkeit von Ihrer oder unsrer Seite ausgeschlossen. Ich denke, Sie gehen auf diesen Vorschlag ein?“
„Ich bin bereit dazu.“
„Gut! Aber ich verlange von Ihnen Ihr Ehrenwort, daß Sie sich dann sofort mit Ihren Leuten entfernen und jeden Versuch unterlassen, uns zu schaden. Unter diesem Wörtchen ‚uns‘ verstehe ich die Bewohner
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