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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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weiter, denn in demselben Augenblick hatte er keine Pistole mehr. Der Bruder hatte sie ihm blitzschnell aus den Händen gerissen und warf sie in den Hof herein. Dann packte er den Major an beiden Armen, drückte sie ihm fest an den Leib, hob ihn empor und trug ihn wie eine Puppe herein. Neben der Tür bestand eine aus gut gestampfter Erde bestehende Bank. Auf diese steifte er den Offizier auf und fuhr ihn an:
    „Hier bleibst du sitzen, Mann! Sobald du aufstehst, spreche ich noch anders mit dir!“ Er kehrte an das Tor zurück, machte es zu und schob die beiden Riegel vor, ohne daß einer der Kavalleristen es gewagt hätte, ihn daran zu hindern. Der Major saß gehorsam und bewegungslos da wie ein Kind. Jetzt hatte ich gesehen, worin die Macht des Fraters lag, nämlich in seinen Augen. Diese hatten einen Glanz angenommen und einen Blick gehabt, welche beide ganz unbeschreiblich waren. Der rätselhafte Mann trat jetzt wieder an die Bank heran und sagte, indem er die Arme über der Brust kreuzte:
    „So, jetzt haben Sie Ihren Willen, Señor. Sie haben Einlaß erhalten und sehen den, dessen Auslieferung Sie verlangen, neben mir stehen. Sagen Sie mir, was Sie mir zu sagen haben, denn ich habe nicht Zeit, lange mit Ihnen zu verhandeln!“
    „Das geht mich nichts an!“ knurrte der Major grimmig. „Ich bleibe hier im Rancho, so lange es mir gefällt.“
    „Oder vielmehr, so lange es mir gefällt! Denn wenn ich Sie nicht mehr hier sehen will, so werfe ich Sie über die Mauer hinaus. Sehen Sie, ungefähr so!“
    Er faßte ihn an den beiden Hüften, hob ihn empor und schwenkte ihn hin und her, daß der Mann voller Angst schrie:
    „Dios mío! Wollen Sie mich denn schon jetzt hinauswerfen, Señor? Da gehe ich doch lieber selber!“
    „Wenn Sie das tun wollen, so beeile ich mich, Ihnen zu erklären, daß Sie weder bleiben können, so lange es Ihnen beliebt, noch gehen dürfen, sobald es Ihnen paßt. Seit ich Sie hierher auf diese Bank gesetzt habe, besitzen Sie keinen freien Willen mehr, da Sie unser Gefangener sind.“
    Der Major starrte ihn erschrocken an, dann fuhr er von der Bank auf und rief:
    „Was fällt Ihnen ein, mich für Ihren Gefangenen zu erklären! Welches Recht haben Sie dazu?“
    „Dasselbe Recht, welches Sie hatten, diesen deutschen Señor und seinen Gefährten gefangenzunehmen, nämlich das Recht des Stärkeren. Ich füge hinzu, daß unser Recht eine weit bessere Begründung hat als das Ihrige. Die beiden Señores hatten Ihnen gar nichts getan, als Sie sich derselben bemächtigten; Sie aber hatten uns mit Ihren Pistolen und sogar mit Einäscherung dieses Rancho bedroht, bevor ich Sie gefangennahm.“
    „Señor, ich bin Major und werde nächstens Oberst sein!“
    „Das ist mir völlig gleichgültig. Sie haben Ihre Uniform und Ihren Rang befleckt. Sie haben Privatpersonen ergriffen und eine derselben hinrichten wollen; Sie sind also Polizist und Henker in einer Person gewesen. Wenn Sie glauben, dies mit Ihrer militärischen Würde vereinbaren zu können, so muß ich dagegen andrer Meinung sein. Übrigens flößt mir diese Würde nicht den geringsten Respekt ein, da Ihnen Ihr Säbel zerbrochen worden ist, was ja bekanntlich für die größte Beleidigung gilt, welche einem Offizier widerfahren kann.“
    „Señor!“ brauste der Major auf, indem er die Hand ballte.
    „Still! Mäßigen Sie sich, und setzen Sie sich gefälligst nieder! Sie dürfen nur dann, wenn ich Ihnen die Erlaubnis dazu erteile, sich von Ihrem Platz erheben, denn Sie haben keinen Willen mehr.“
    Er drückte ihn wieder auf den Sitz nieder. Der Major wußte sichtlich nicht, ob er sich zornig oder nachgebend verhalten solle. Das erstere wäre unklug und das letztere gegen seine Ehre gewesen. Er machte überhaupt ganz und gar nicht den Eindruck eines ‚schneidigen‘ Kavallerieoffiziers. Seine Beinkleider waren bis zum Sitz durchnäßt, und an dem Frack fehlte das große Stück, welches ich ihm losgerissen hatte.
    „Aber was haben Sie denn mit mir vor?“ fragte er.
    „Wir werden Sie wegen Bedrohung des Lebens eines Mitmenschen und ebenso wegen Bedrohung mit Brandstiftung zu einer diesen Verbrechen entsprechenden Strafe verurteilen.“
    „Donnerwetter! Sie – mich?“
    „Jawohl. Nebenbei gesagt, bitte ich Sie, ähnliche Wörter und Flüche, wie ich jetzt hörte, zu unterlassen! Sie sind das mir schuldig.“
    „Aber was fällt Ihnen ein! Sie wollen sich zum Richter über mich setzen?“
    „Gewiß! Warum etwa nicht?“
    „Sie haben

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