34° Ost
Damit man offen zugeben kann, dass die Sowjets eine Bande kaltblütiger Killer zum Angriff auf eine amerikanische Friedensmission angestiftet haben?« Der Blick des Admirals war undurchdringlich. »Diese Tatsache wird früh genug allgemein bekannt werden, glaube ich.«
»Wenn das geschieht – ich mache mir schwere Sorgen, Stuart. Wie wird die Öffentlichkeit reagieren?«
»Man wird der Bevölkerung nichts verheimlichen, Sir«, sagte Ainsworth. »Wir sind hier keine Militärjunta. Man wird die Vereinigten Stabschefs nicht der vorsätzlichen Täuschung bezichtigen können. Aber wir wollen warten, bis Sie de facto Präsident sind – es wird soweit sein, wenn sich Trask meldet und uns über die Lage informiert.«
Beal konnte sich lebhaft daran erinnern, wie entschieden sich Bill Tate dieser Erwägung widersetzt hatte: »Einen amtierenden Präsidenten kann ich nicht anerkennen.« Er mußte wissen, dass ihn eine solche Weigerung sein Kommando und seine Karriere kosten würde. Streng nach dem Buchstaben des Gesetzes war Tate im Unrecht, das wußte Beal ebensogut wie die hohen Militärs in ›CC Beta‹. Aber er wußte auch, dass der junge General nichts anderes erreichen wollte, als den Frieden zu erhalten und Zeit zu gewinnen, um während dieser Frist vernünftig planen zu können. Nun war diese Chance vertan. Tate stand unter Arrest – oder müßte in Kürze mit seiner Verhaftung rechnen –, und er konnte nicht mehr in die Situation auf Sinai eingreifen.
Beal wandte sich an General Shackleford. »Finden Sie nicht, dass wir uns jeder Erklärung über eine mögliche sowjetische Beteiligung an dem arabischen Anschlag auf den Vizepräsidenten enthalten sollten?« Irgendwie erhoffte er sich in dieser bedrohlichen, gespannten Atmosphäre von dem alten Armeegeneral einen mäßigenden Einfluß, eine Mahnung zur Besonnenheit. Aber Shackleford senkte nur seinen verwitterten Kopf und sagte: »Nein, das glaube ich nicht, Sir. Sobald wir Genaueres wissen – und das wird nicht mehr lange dauern –, muß die Bevölkerung die ungeschminkte Wahrheit erfahren.«
»Aber – ohne jede Einschränkung? Auch, dass die Russen davon wußten?«
»Auf diesen Punkt kommt es besonders an, Sir. Sonst erscheinen unsere begründeten Schutzmaßnahmen als bloßes Säbelgerassel«, entgegnete Shackleford.
»Doch zuerst muß die Sache im Katharinenkloster zu einem Abschluß gebracht werden«, sagte Ainsworth. Beal lief bei diesen Worten ein kalter Schauer über den Rücken. Die einzige Möglichkeit zur Bereinigung der Lage beim Schlupfwinkel der Terroristen war nach Ansicht des Admirals ein Angriff, und der konnte nur den Tod der Geiseln zur Folge haben. Dann gab es freilich keine strittige Frage mehr, wer der rechtmäßige neue Präsident der USA war.
Rivera, der sich auf die Computerprojektionen konzentriert hatte, unterbrach die Diskussion: »Meldung von der östlichen Hoheitsgrenze – sowjetische Atom-U-Boote nahe der Gamma-Linie.«
Ainsworth, dessen seemännische Instinkte durch diese Nachricht geweckt wurden, betrachtete interessiert die Signale auf dem großen Bildschirm. »Was machen die Brüder?«
Rivera beugte sich zur Sprechanlage: »Neuesten Stand und Einzelheiten über die Feindbewegungen an der Gamma-Linie.«
In die Karte, die den Sektor der Ostküste der USA zeigte, wurde eine Zahlenkolonne eingeblendet. Die Werte unterschieden sich von den früheren Projektionen und leuchteten rot auf.
Rivera las die Daten ab und erklärte: »Atom-U-Boote der ›Yankee‹-Klasse. Die üblichen drei Boote auf Station, aber sie steigen auf RAT.«
»RAT? Was bedeutet das?« fragte Beal beunruhigt.
»Raketenabschußtiefe«, entgegnete Ainsworth.
»Vielleicht tauchen sie auf, um Frischluft zu tanken«, meinte Shackleford.
»Möglich, aber ich glaube es nicht. Ich halte das Manöver für eine Angriffsvorbereitung«, sagte Rivera. Er hatte das Ohr am Hörer, aus dem er weitere Mitteilungen entgegennahm. »Küstenstreife meldet, die Boote sind erfasst und unter Beobachtung. Nummer eins und zwei werden von PV-100 überwacht, und bei Nummer drei hat sich ein U-Boot-Jäger angehängt.«
Wie Beal wußte, gehörte es zur Routine, dass sowjetische U-Boote in den amerikanischen Küstengewässern kreuzten, wie auch amerikanische Tridents sich in der Ostsee und im Nordpazifik befanden. Aber diese Meldung wirkte durch ihre Nüchternheit erschreckend.
»Sir, es ist ihnen bekannt, dass immer acht bis zwölf Einheiten der ›Yankee‹-Klasse an
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