34° Ost
vertrieben – soweit sie sie nicht gleich umlegten. Und da mußten gar nicht wenige dran glauben, Sir. Ich schätze acht bis zehn.« Ein junger Lieutenant mit blassem Gesicht fügte hinzu: »Auf dem Weg hierher sahen wir einige Kamelreiter, Sir. Da sie uns mit automatischen Waffen unter Feuer nahmen, halten wir sie für Abu-Mussa-Guerillas, die auf den geraubten Fahrzeugen keinen Platz fanden. Wir haben die Schweden in der Zentralen Zone verständigt, vielleicht gelingt es denen, die Kerle zu stellen.«
»Natürlich werden die Terroristen dann Widerstand leisten, und das bedeutet, dass die Schweden erst in Zypern anfragen müssen, was sie tun dürfen«, sagte der andere Offizier sarkastisch.
»Ich habe Verstärkung angefordert, Captain«, erwiderte Tate. »Die Kamelreiter werden uns hier keinen Ärger machen, selbst wenn sie herankommen sollten.« Er fragte sich, wie dieser junge Offizier wohl auf die Zusicherungen und Weisungen eines Generals der US Army reagieren würde, wüsste er, dass der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs eben jenen General seines Kommandos enthoben hatte. Durch seine Befehlsverweigerung hatte Tate jeden einzelnen Angehörigen des amerikanischen Kontingents in eine zwiespältige Lage gebracht. Wer noch Befehle des abgesetzten Kommandeurs ausführte, riskierte ein Disziplinarverfahren. Ein interessantes juristisches Problem, das künftige Militärhistoriker beschäftigen würde – wenn es überhaupt eine Zukunft geben sollte und eine Geschichtsschreibung … Doch was Tate dem Admiral und Beal gesagt hatte, entsprang seiner innersten Überzeugung. Er hatte die Aufgabe, den Frieden zu erhalten und nicht zu gefährden. Die Frage lautete nur: Wie sollte er den Frieden sichern?
»Habt ihr mit den Mönchen gesprochen?«
Die Offiziere verneinten.
»Stellt fest, ob einer von ihnen Englisch versteht. Bevor hier die Zone errichtet wurde, kamen Touristen aus aller Welt her.«
Als Tate mit seiner Begleitung durch die Schar jammernder Beduinen auf die Mönche zuging, erschien auf der von der Morgensonne beleuchteten Klostermauer eine Gestalt. Es war einer der Guerillas. Er hob seinen Karabiner und jagte einen Feuerstoß in die Luft. Grell hallte das Stakkato der Schüsse von der Bergwand wider. In Panik liefen die Beduinen auseinander.
Durch seinen Feldstecher sah Tate, dass der Mann ein Europäer war. Der Terrorist hängte die Waffe über die Schulter und legte die Hände an den Mund: »Hallo, Amerikaner, ist euer Kommandeur hier?«
Bill Tate trat einige Schritte vor und blieb abwartend stehen. Einer der Air-Force-Offiziere sagte warnend: »Vorsicht, Sir, die Kerle wollen Sie vielleicht abknallen.« Tate gebot seiner Gruppe Schweigen.
»Ich bin Enver Leč und möchte euch etwas mitteilen«, rief der Mann auf der Mauer. »Geben Sie genau acht, General!«
Nun tauchten neben Leč vier Gestalten auf. Tate, der wieder den Feldstecher hob, erkannte den Secret-Service-Agenten Emerson, flankiert von Arabern. Der Gefangene stand stocksteif, die Arme nach Vietkong-Art an den Ellbogen im Rücken gefesselt.
Leč meldete sich wieder: »Da, an der Nordecke, General! Schießen Sie nicht! Das sind Ihre eigenen Leute. Und hören Sie genau zu, was sie zu sagen haben.«
Um die Ecke des Gebäudes kamen Sergeant Robinson und Jape Reisman. Robinson ging sehr aufrecht, Reisman schlurfte mit weichen Knien über den steinigen Boden vor der Mauer.
Tate ging den beiden entgegen. Der Pressesekretär stolperte und wäre gestürzt, hätte Robinson ihn nicht aufgefangen.
Als sich die drei Männer gegenüberstanden, salutierte der Sergeant, sein zerdroschenes Gesicht war verbittert. »Sir, ich habe die Kolonne verloren. Ich habe den Vizepräsidenten nicht ausreichend beschützt.«
Tate verstand gut, was in Robinson vorging. Er selbst hätte in einer ähnlichen Situation das gleiche gesagt und würde es früher oder später auch wirklich sagen müssen, wenn er über die Führung seines Kommandos auf Sinai Rechenschaft zu geben hatte. Robinson brachte keine Entschuldigung vor und keine Ausflüchte. Er nannte nicht einmal den wahren Grund für dieses Fiasko: die Schwäche der militärischen Eskorte.
»Der Vizepräsident ist da drin gefangen, General«, sagte Reisman, und dann fügte er, um Widerlegung seiner Befürchtungen fast flehend, zögernd hinzu: »Stimmt das, was wir über den Präsidenten erfahren haben?«
»Ja, leider.«
Der Pressesekretär senkte erschüttert den Kopf. »Ich hoffte, es sei eine bloße
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