34° Ost
alten arabischen und palästinensischen Guerilla- und Terroristenorganisationen zusammengeschlossen hatten, entsprach seiner von Bakunin gepredigten Leidenschaft der Zerstörung. Männer und Frauen, die imstande waren, wahllos Bomben zu werfen, zu plündern und zu morden, um einen Krieg zu verlängern, bei dem jede Aussicht auf Sieg zunichte geworden war, waren die richtigen Gefährten für Enver Leč. Die Welt trieb einem faulen Frieden entgegen, und Bakunins zeitlicher Vorsprung vor Marx -Envers Gedanken gingen hier krumme Wege – rückte ihn in unmittelbare Nähe Kains. Des Tötens war noch kein Ende.
Genau die passende Vorstellung, dachte er, für einen Mann, der allein an der Küste der biblischen Wüste Sinai stand.
Jetzt sah er sie aus einer Luftspiegelung im Süden auftauchen. Es waren ihrer vierzehn, alle beritten, mit weiteren Tieren am Halfter. Er runzelte die Stirn. Leila war darauf hingewiesen worden, dass ein Minimum von fünfzig Kämpfern erforderlich sei. Und das war zuwenig, wenn Russen und Amerikaner auch nur die elementarsten Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten.
Er beobachtete sie: Ihr wiegender, schwankender Gang ließ die Kamele wie seltsam geformte Schiffe auf einem schimmernden Ozean von Sand und Kies erscheinen. Flach wie ein Brett erstreckte sich hinter ihnen das Land unter einem kupferfarbenen Himmel bis zum Horizont, der Morgensonne entgegen. Lange Schatten auf den Strand zeichnend, näherten sie sich in unheimlicher Stille, in die das sanfte Plätschern der Wellen einging und unhörbar wurde.
Als sie nur noch etwa einen Kilometer von ihm entfernt waren, gab der Anführer der Truppe ein Zeichen, und die Reiter schwärmten landeinwärts in einem breiten, unregelmäßigen Halbkreis aus. Obwohl er so offensichtlich allein dastand, riskierte Leila keinen Hinterhalt. Leč billigte ihre Vorsicht. Es war die Beachtung selbst kleinster Details, die Guerillas am Leben erhielt, und deswegen war das Abu-Mussa-Kommando auch noch nie von einem Feind überrascht worden. Leč hob seine leeren Hände über den Kopf. Die See im Rücken, stand er da und wartete, bis die Reiter ihn schweigend umringt hatten.
Er blickte in die dunklen, halb unter den verschnürten Kopfbedeckungen verdeckten Gesichter. Einige Männer hatten ihre schwarzen Kapuzenmäntel zurückgeschlagen, um ihre Waffen zu zeigen, und was Leč da zu sehen bekam, war nicht besonders ermutigend. Früher einmal hatten die Chinesen und sogar auch die Russen die verschiedenen Organisationen der Arabischen Front bereitwillig mit Waffen versorgt. Aber damit war Schluß gewesen, als die Russen vor Jahren das Zypernabkommen unterschrieben und Sinai geteilt hatten.
Was die Guerillas mit sich führten, waren erbeutete Waffen: einige Uzi-Maschinenpistolen israelischer Fabrikation, ein paar veraltete russische Maschinenkarabiner des Typs AK-47, die von früher übrig geblieben oder von den Ägyptern gestohlen waren, eine alte Thompson-Maschinenpistole und drei ehrwürdige englische LMGs.
Die Anführerin des Kommandos versetzte ihrem Kamel einen Stockschlag, das Tier kniete nieder, und sie stieg ab. Leč trat vor, um sie zu begrüßen. Er hatte Leila Jamil seit der letzten Lagebesprechung in einem Keller in Beirut vor mehr als zwei Monaten nicht mehr gesehen.
Leč schätzte das Alter der Frau auf knapp vierzig. Sie hatte die feinen Züge und die großen dunklen Augen der Araberin. Einmal mußte sie eine Schönheit gewesen sein. Doch endlose Scharmützel und Rückzüge und die brennende Wüste hatten diese Schönheit ausgetrocknet und verhärtet. Ihre Augen, so schwarz, dass die Pupillen mit der Iris zu verschmelzen schienen, waren hart wie geschliffener Obsidian. Sie hatte schmale Lippen, und der Rücken ihrer geraden Nase war scharf wie eine Klinge. Ein grausames Gesicht, dachte Leč.
»Ich habe dir doch gesagt, dass wir mindestens fünfzig Mann brauchen würden«, begann Leč.
»Ich habe noch Leute am Wadi Feiran. Es waren nicht genügend Tiere vorhanden.«
Leč betrachtete die von einzelnen Haarbüscheln bedeckten Flanken der Kamele und die Hautlappen an ihren Hälsen. Er war kein Fachmann und konnte sich kein Urteil über die hässlichen Vierfüßer erlauben, vermutete jedoch, dass es alte Tiere waren, die man den Beduinen, von denen immer noch einige Zehntausende auf der Halbinsel herumspukten, abgekauft oder – was er für wahrscheinlicher hielt – gestohlen hatte.
»Ich habe zwanzig Mann am Feiran«, sagte Leila. »Das sollte
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