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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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Fläche zwischen Beinhaus und Kirche zu wagen. Er schob den Revolver in den Gürtel und schloß die lange Kutte, die seine Uniform verhüllte.
    »Dorthin«, flüsterte er Robinson zu. »Gehen Sie mit gesenktem Kopf und langsam, als gehörten wir dazu.«
    Der Sergeant riß seinen Blick von der Mumie los. »Jawohl, Sir.«
    Nebeneinander traten sie aus dem Beinhaus und schritten durch den Tamariskengarten auf die Kirche zu. Sie hatten bereits die Deckung der Nordmauer erreicht, da hörten sie von der Plattform der Umfassungsmauer den Ruf eines Arabers.
    In fast 15.000 Meter Höhe über dem Beringmeer strahlten die Sterne so hell, dass sie sich auf den blanken schnittigen Tragflächen des Tomcat-Abfangjägers spiegelten. Im Cockpit beleuchtete das grüne Licht des Radarschirms das von der Druckmaske halb verdeckte Gesicht von Air Force Captain Willis Dahl.
    Eine ferne Stimme in seinen Kopfhörern sagte lakonisch: »Das Ziel ist ein Bär. Ihr Vektor ist null eins null Grad. Zeitpunkt zum Abfangmanöver: drei Neunerminuten. Melden Sie, wenn Sie den Banditen fassen.«
    Dahl rief den Piloten der zweiten Maschine: »Rushmore Two, hier Rushmore One. Auf Nachbrenner gehen – los!«
    Hoch über dem Eis der Arktis, ungesehen von menschlichen Wesen, außer vielleicht einem einsamen Seehundjäger, der frierend bei seinem kleinen Feuer saß, zeichneten zwei Flammenzungen den Kurs der Abfangjäger. Überall entlang der Polargrenze Nordamerikas erfolgten ähnliche Manöver oder standen unmittelbar bevor.
    »Mr. President, ich habe für Sie eine Erklärung vorbereitet, die vom Studio im Tiefbunker aus über das gesamte Rundfunk- und TV-Netz verbreitet wird.« Admiral Ainsworth reichte Fowler Beal ein einzelnes Blatt.
    Schweigend las dieser den Text. Er war kurz und enthielt nur das Wesentliche:
    »Amerikanische Mitbürger! Mit tiefstem Bedauern muß ich Ihnen mitteilen, dass gestern, ohne jegliche Warnung oder Kriegserklärung, ein vorsätzlicher Schlag gegen die Sicherheit der USA erfolgte. An jenem Tag wurden sowohl unser Präsident als auch der Vizepräsident Opfer einer Verschwörung, die so ungeheuerlich ist, dass man sich ihrer erinnern wird, solange die Vereinigten Staaten bestehen.
    Es ist für mich doppelt schwer, Ihnen sagen zu müssen, dass es sich bei den Urhebern des Komplotts um jene Männer handelt, mit denen wir seit der Festlegung der Nixon-Doktrin in ehrlichster Absicht eine Zusammenarbeit anstrebten: Ich meine die Kreml-Diktatoren.
    Gemäß der Vollmacht, die mir die Verfassung verleiht, übernehme ich nun die Aufgaben und Pflichten des Präsidenten der Vereinigten Staaten.
    Ich habe die Streitkräfte angewiesen, diesem Angriff so zu begegnen, dass den Aggressoren unmissverständlich klar wird: die USA können nicht erschreckt, eingeschüchtert oder innerlich zerrüttet werden.
    Ich fordere alle Amerikaner auf, Ruhe und Besonnenheit zu bewahren und alle Kraft für einen raschen Sieg und die Segnungen des Friedens einzusetzen. Auf unsere tapferen Streitkräfte gestützt und mit der Hilfe des Allmächtigen werden wir den Feind überwinden.«
    Erschüttert blickte Beal den Admiral an. »Wann wird die Bevölkerung diese Erklärung hören, Stuart?« fragte er zögernd.
    Ainsworth' Gesicht spiegelte seine ganze Anspannung und Entschlossenheit. »Wir werden sie auf Band aufnehmen und sie senden, wenn wir aus Sinai die Meldung erhalten, dass die Marines das Katharinenkloster erstürmt haben.«
    »Verbindung mit der Zentrale in Baikonur, Genosse Marschall.«
    Der Verteidigungsminister hob den Telefonhörer ab. »Hier Morosow.«
    »Die Amerikaner haben Kosmos 549, 302 und 160 zerstört, Genosse Marschall.« Die ferne Stimme klang dünn und verzerrt durch die Verschlüsselungsanlage. »Wir empfangen keine Daten aus Nordamerika.«
    »Verstanden.« Morosow griff zu einem zweiten Telefon. »Verbinden Sie mich mit Sewernaja Semlja.«
    Einen Moment hörte er in der Leitung nur elektronische Signale, während der Nachrichtencomputer den Anruf des Ministers an die Bodenkontrollstation für Weltraumwaffen auf der Arktisinsel verschlüsselte. Als sich der Kontrolloffizier meldete, sagte Morosow langsam und deutlich: »Kassandra, deine Augen sind die eines Tigers, nicht ein Wort steht in ihnen geschrieben …«
    Eine kurze Pause, der Offizier sah den Tageskode nach und antwortete dann: »Auch dich hab' ich ins Nirgendwo verschleppt, in ein Haus des Unheils, und die Reise ist endlos.«
    Der Marschall legte auf und blieb regungslos

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