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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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aus – sie quälten, sie erniedrigten, sie vergewaltigten …
    »Haben Sie das?« wiederholte Donaldson.
    »Ich hab's notiert«, antwortete Liz Adams mit ruhiger Stimme. »Schicken Sie mir einen Abzug, und ich werde mich darum kümmern, dass General Tate ihn zu Gesicht bekommt, sobald er gelandet ist.«
    »Meinen Sie nicht, dass Sie ihn über Funk verständigen sollten?«
    »Ohne den Abzug kann er nichts tun, Mr. Donaldson«, entgegnete sie kühl. »Und wir wollen ihm ja die Peinlichkeit ersparen, dass er auf Grund einer möglicherweise aus der Luft gegriffenen Meldung in den Luftraum der Zentralen Zone eindringen muß. Einen Zwischenfall hatten wir schon. Auf einen zweiten können wir verzichten. Schicken Sie das Foto, wenn Sie es haben.«
    Donaldson zögerte; er wollte sich Tates Mitarbeiterin nicht zum Gegner machen. Der General war schon über das vorangegangene Gespräch wegen Trask verärgert. »Richten Sie ihm aus«, sagte er, »dass ich diese Meldung nach Washington weiterleite.«
    »Das werde ich tun.« Liz Adams unterbrach die Verbindung. Dann saß sie einen Augenblick reglos da und versuchte zu verstehen, was sie getan hatte.
    Um 17.00 Uhr stand das Abu-Mussa-Kommando bereits nördlich des Zentrums der entmilitarisierten Zone. Die UN-Truppen, von denen Leč angenommen hatte, dass er ihnen begegnen würde, glänzten durch Abwesenheit. Der Albaner, dem plötzlich Verständnis für die Denkweise ewig und immerwährend neutraler Militärs aufging, vermutete, dass der schwedische General, der in der Zentralen Zone das Kommando führte, seine Patrouillen zurückgezogen hatte, um aus ihnen eine Art Ehrengarde zur Begrüßung der erwarteten Persönlichkeiten zu formieren. Enver Leč fand ein zynisches Vergnügen an diesem Gedanken, war doch eine der reinsten Freuden im Leben jedes wahren Bakunin-Verehrers die oft bestätigte Erkenntnis, dass seine Gegner Dummköpfe seien – und die Neutralen die allergrößten. Seit den Zeiten Karls XII. hatten die Schweden keinen Waffengang mehr bestanden; was Wunder, dass sie sich für Autoritäten auf dem Gebiet des modernen Guerillakrieges hielten? Leč dankte ihnen im stillen für ihre Einfalt.
    Die Abu Mussa hielten sich einige Zeit in östlicher Richtung, um einer Abzweigung des großen Wadi El Arisch zu folgen, und schwenkten dann wieder nach Norden, wo sie die schmale, von El Thamad kommende Schotterstraße kreuzen wollten.
    Um 17.40 hatte Leila Jamil eine geeignete Stelle für den geplanten Überfall gefunden. Die Straße verlief dort zwischen zwei niederen und, wie Leč mit beherrschter, aber zunehmender Erregung feststellte, gleich den Brüsten einer Frau gerundeten Hügeln. Mehr noch: das Gelände ähnelte auch noch in anderer Hinsicht einem liegenden Frauenkörper. Die Straße verlief zwischen den Brüsten und fiel sodann, eine scharfe Kurve beschreibend, zu einer nicht sehr tiefen, mit Schutt und Geröll gefüllten, hier und dort mit Dornbüschen bestandenen Schlucht ab, deren Hänge die Schenkel einer ruhenden Frau darzustellen schienen.
    Dieser enge Paß und das ihn umgebende Gelände boten die einzige Deckung nahe der Straße. Über den Gefechtslärm machte Leč sich keine allzu großen Sorgen: das Kommando befand sich nun volle vierzig Kilometer vom UN-Posten entfernt, und es war nicht anzunehmen, dass sich die Schweden in ihrem Lager von irgendwelchen vom Wind herangetragenen, kaum hörbaren Geräuschen beunruhigen lassen würden.
    Er lenkte sein Kamel auf die gerundete Spitze der nördlichen ›Brust‹ und studierte die Geländesituation. »Ausgezeichnet«, sagte er dann zu Leila Jamil, die ihm gefolgt war. »Das Terrain ist für uns sehr tauglich.«
    Das dunkle Gesicht der Frau blieb unergründlich. »Ich freue mich, dass es dir gefällt.«
    Enver Leč holte seine Karte hervor und blickte nach Südwesten, zum rostbraunen Gipfel des Ras el Ginena zurück. »Dort müssen wir hin, wenn alles vorbei ist. Aber im Dunkeln, mit unserer Geisel … Glaubst du, wir können das schaffen?«
    »Es gibt da eine neue Straße, etwa fünfzehn Kilometer östlich von hier, die nach Süden, zum Berg Sinai führt … dort, diesseits des Ras Keitat.« Sie deutete auf einen etwas kleineren Berg, der undeutlich im Nordosten zu sehen war. »Wäre es nicht besser, wir würden diesen Weg einschlagen und einen großen Bogen um die Zentrale Zone machen?«
    »Die Straße liegt also im amerikanischen Sektor?«
    Leila nickte.
    »Sie könnten Flugzeuge gegen uns einsetzen.«
    »Aber

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