34° Ost
der Marineoffizier bei.
Rostow ließ seine Blicke von einem zum andern schweifen. »Sie meinen doch nicht im Ernst, wir könnten mit einer Bande dreckiger Beduinen nicht fertigwerden?«
Bevor noch einer der beiden antworten konnte, kam General Suweif die Reihe der Fahrzeuge entlang auf sie zu. Die Medaillen, die er beim Empfang in der Offiziersmesse der ›Allende‹ zur Schau gestellt hatte, prangten immer noch an seiner Brust.
»Höchst bedauerlich, Genosse Rostow«, erklärte er atemlos. »Der alte Mönch wurde bestialisch verwundet – und das im sowjetischen Sektor!«
Rostow legte die Stirn in Falten. »Wir nehmen Ihre Entrüstung zur Kenntnis. Nützlicher wäre es allerdings, wenn Sie uns verraten könnten, wer Ihrer Meinung nach auf ihn geschossen hat.«
Der Ägypter fuchtelte aufgeregt mit den Händen herum. »Beduinen natürlich. Diese Wüstenbewohner sind ja bekannt gesetzlose Menschen. Wenn die Sowjetregierung ihre Verpflichtungen ernster nähme – oder wenn sie uns großzügiger mit Material versorgen und uns in die Lage versetzen würde, das Gebiet regelmäßig zu patrouillieren …«
»Danke, Herr General. Wie Sie selbst sagen, wurde der Mann im sowjetischen Sektor verletzt. Es handelt sich somit um eine rein russische Angelegenheit.« Nachdem er sich von dem ägyptischen Verbindungsmann auf diese Weise ›beraten‹ hatte lassen, wandte Rostow sich, ohne General Suweif weiter zu beachten, an Ulanin: »Wann kann ich mit dem Mönch sprechen?«
»Der Arzt hat ihm Morphium gegeben. Wenn wir dann in der Zentralen Zone sind, kann der alte Mann vielleicht …«
»Der Mann liegt doch offenbar im Sterben«, mischte sich Suweif ein, der sich nicht so ohne weiteres abspeisen lassen wollte.
»Hier können wir nicht viel für ihn tun«, sagte Ulanin, der den Ägypter ebenfalls völlig ignorierte.
Rostow aber wandte sich unvermittelt wieder Suweif zu. »Was war diesseits des vierunddreißigsten Meridians an Guerillatätigkeit zu verzeichnen, Genosse General?«
Der Ägypter war überrascht. »Nichts, Genosse Rostow. Überhaupt nichts. Als die Regierung der VAR das Abkommen unterzeichnete, wurde einvernehmlich beschlossen, der Arabischen Front – wie auch allen andern Freiheitskämpfern – den Zugang zur Sinai-Halbinsel zu verwehren.«
»Soviel ich weiß, sehen diese Freiheitskämpfer, wie Sie sie nennen, diesen Beschluss zuweilen in einem anderen Licht«, bemerkte Sacharow.
Oberst Nowotny, seine plumpe Gestalt in Feldausrüstung und mit Waffen behängt, kam die Straße heruntergestelzt und salutierte vor dem Stellvertretenden Ministerpräsidenten. »Meine Leute haben die Umgebung abgesucht, aber nichts gefunden. Soll ich Clysma über Funk anweisen, einen Aufklärungsflug zu starten?«
»Wie weit könnte der Mönch mit dieser Wunde gekommen sein, Nowotny?«
»Das ist schwer zu sagen, Genosse Rostow. Er ist sehr alt, aber diese Mönche sind zähe Burschen. Er könnte schon sehr lange unterwegs sein.«
Rostow faßte einen Entschluß. »Lassen Sie das mit dem Aufklärungsflug. Die Maschine könnte die entmilitarisierte Zone nicht überfliegen, und wir haben schon genügend Zwischenfälle gehabt. Fahren wir weiter und nehmen wir den Mönch in die Zentrale Zone mit. Vielleicht können wir das Rätsel dort lösen.«
»Ich werde meine Männer sofort zurückbeordern«, sagte der KGB-Mann. Er trabte zur Spitze der Kolonne zurück. Rostow blickte ihm nach. Warum wurden die Verbände des Staatssicherheitsdienstes immer von solchen unfähigen Großmäulern angeführt? War es die natürliche Folge der endlos wuchernden Bürokratie im Sowjetstaat?
»Sollen wir die Amerikaner über Funk informieren, dass uns der Mönch über den Weg gelaufen ist?« fragte Ulanin.
Rostow wollte schon zustimmen, erinnerte sich aber noch rechtzeitig, dass Ulanin, seiner Meinung nach, direkt gefährliche Freundschaftsgefühle für den amerikanischen Kommandeur zu empfinden schien. Zusammenarbeit am richtigen Platz, gut und schön, aber man sollte sie nicht übertreiben. Er selbst würde dem amerikanischen Vizepräsidenten von dem verwundeten Mönch erzählen, wenn sie in der Zentralen Zone zusammentrafen. Es würde ganz interessant sein, Bailey zu testen und zu sehen, wie er auf die Mitteilung reagierte, dass möglicherweise Guerillaeinheiten im südlichen Sinai, sozusagen vor der Nase der Besatzungsmächte, operierten. Es war immer nützlich, die Denkweise eines Gegenspielers zu sondieren, indem man ihn unerwartet mit
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