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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagte:
    „Sie leugnen mit einer ganz unbegreiflichen Hartnäckigkeit. Da wir solche Beweise in den Händen haben, gehört eine geradezu freche Stirn dazu, das alles in Abrede zu stellen.“
    Er warf mir einen fast verächtlichen Blick zu und antwortete:
    „Was wollen denn nun auch Sie? Ich kenne Sie nicht. Sie sind ja ganz fremd im Land!“
    „Aber doch bereits höchst vertraut mit Ihrer Person!“
    „Das wäre ein Wunder!“
    „Gar nicht. Zunächst will ich Ihnen sagen, daß es eine Dummheit von Ihnen ist, zu leugnen, daß Sie mit den Aripones im Bunde stehen. Ein offenes Geständnis würde Ihre Lage sicherlich nicht so verschlimmern, wie Ihr verstocktes Lügen.“
    „Ich lüge nicht!“
    „Behaupten Sie das nicht! Gomez hat schon alles eingestanden.“
    „Gomez? Wie könnten Sie mit dem gesprochen haben!“
    „Durch diese Ihre Worte verraten Sie sich selbst. Er hat natürlich hier auf Sie gewartet. Wir kamen eher als Sie und haben uns seiner ganz ebenso bemächtigt, wie wir Sie ergriffen haben.“
    Jetzt fuhr er mit dem Kopf in die Höhe. Es war zum erstenmal, daß er seinen Schreck deutlich sehen ließ.
    „Sie haben ihn gefangen?“ entfuhr es ihm.
    „Wie ich sage, und er sitzt in sicherem Gewahrsam, da unten in dem Keller.“
    „Und seine Indianer? Wo befinden sich diese?“
    „Ah, Señor, jetzt lassen Sie die Maske plötzlich fallen! Jetzt fragen Sie nach den Indianern. Sie geben damit alles zu, was sie bisher geleugnet haben.“
    „Zum Teufel, reden Sie! Mag ich zugeben oder nicht; ich will wissen, wo die Roten stecken.“
    „Auch im Keller. Sie sind also vollständig unfähig gemacht, Ihr Vorhaben auszuführen.“
    „Und Gomez hätte gestanden?“
    „Ja. Er war aufrichtiger als Sie; er war zugleich auch klüger, denn er sah ein, daß ihm das Leugnen nichts nützen, sondern nur schaden könne. Es wäre ihm gewiß an Hals und Kragen gegangen; aber infolge seines Geständnisses werden wir ihm und den anderen Indianern das Leben schenken.“
    „Aber, gesetzt, es sei alles so, wie Sie es sich einbilden, so wäre es doch eine Ungerechtigkeit, diese Leute zu begnadigen und mich zu töten!“
    „Nein; es wäre im Gegenteil ganz gerecht gehandelt. Den Indianern kann man infolge des Standpunktes, welchen sie einnehmen, verzeihen. Sie aber haben als Weißer eine verzehnfachte Strafe verdient, zumal noch ganz andere Verbrechen auf Ihnen lasten.“
    „Noch andere, weitere Verbrechen?“ fragte er in beinahe höhnischem Ton. „Nach Ihrer Meinung muß ich ja ein wahres Scheusal sein!“
    „Beinahe.“
    „Darf ich fragen, was Sie noch von mir wissen wollen?“
    „Ja. Ich möchte gern wissen, wo der Padre begraben liegt, welchem Sie die Zeichnungen und Kipus abgenommen haben.“
    Jetzt fuhr er sichtlich zusammen. Dann gab er seinem liegenden Oberkörper einen Schwung, so daß er trotz der Fesseln zum Sitzen kam, starrte mich eine Weile an und fragte dann wie abwesend:
    „Welchen Padre meinen Sie?“
    „Den Sie ermordeten, um ihm die genannten Gegenstände abzunehmen.“
    „Alle Wetter! Wieder ein Mord, von dem ich nichts weiß und den ich trotzdem begangen haben soll!“
    „Wollen Sie etwa wieder leugnen?“
    „Nein, leugnen werde ich nicht, denn leugnen kann man nur etwas, was man wirklich getan hat. Ich bin mir aber keiner Schuld bewußt, und darum kann ich nur sagen, daß Sie sich gewaltig irren.“
    „Nun, Sie hatten einen Zeugen. Er rief Ihnen zu, um den Mord zu verhindern. Sie achteten aber nicht auf ihn, weil er zu fern war.“
    „Señor, Sie sehen mich erstaunt über Ihre Erfindungsgabe!“
    „Spotten Sie nicht, denn Sie verschlimmern dadurch Ihr Los! Glücklicherweise für ihn entdeckten Sie in dem Zeugen einen alten Kameraden, einen Freund. Der kleine Rest von Gefühl, welchen Sie damals noch besaßen, empörte sich doch dagegen, diesen Mann zu ermorden. Sie überwältigten ihn also nur und zwangen ihm einen Eid ab, über Ihre Tat zu schweigen.“
    „Und diesen Eid hat er gebrochen?“
    „Nein. Was mich betrifft, so hat er mir nichts erzählt, sondern ich habe es erraten.“
    „Erraten! So! Und was Sie nur erraten haben, das halten Sie für so gewiß, daß Sie mich des Mordes zeihen? Das ist stark, mein so außerordentlich scharfsinniger Señor!“
    Ohne diesen Spott zu beachten, fuhr ich fort:
    „Ferner hat er sich an geeigneter Stelle erkundigt, ob so ein Schwur gehalten werden müsse. Man hat ihn überzeugt, daß er damit eine Sünde begehen würde, denn ein Mörder ist kein

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