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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verschwand mit einer Schnelligkeit im Keller, aus welcher zu ersehen war, wie froh er war, in dieser Weise davongekommen zu sein. Einige der Anwesenden wollten sich über meine Milde beschweren, aber der Bruder gab mir recht und erklärte ihnen, daß sie alle Veranlassung hätten, in Frieden mit den hiesigen Indianern zu verkehren.
    Zwei von uns waren bei den Pferden zurückgelassen. Die andern setzten sich vor den Kellereingang. Ich aber ging mit dem Steuermann vor das Tor, um das Kommen des Sendadors zu erwarten. Den Steuermann nahm ich mit, weil er eine riesige Körperstärke besaß. Ich wußte ja nicht, ob ich Manns genug sei, es allein mit dem Sendador aufzunehmen.
    Wir verbargen uns hinter den Mauertrümmern. Unsere Geduld sollte gar nicht lange auf die Probe gestellt werden. Wir hatten kaum fünf Minuten gesessen, als das schrille, häßliche Gekreisch ungeschmierter, hölzerner Wagenräder zu uns heraufschallte. Weibliche Stimmen ertönten. Man schien mit der Errichtung des Lagers beschäftigt zu sein. Dann wurde ein Feuer angebrannt, dessen Helligkeit wir sogar hier oben bemerkten.
    „Nun wird er bald kommen“, sagte der Steuermann.
    „Jedenfalls. Wenn Sie zugreifen, so nehmen Sie ihn gleich so, daß er allen Widerstand aufgeben muß!“
    „Haben Sie keine Sorge! Ich sehne mich geradezu, einmal jemand so recht aus Herzensgrund umfassen zu dürfen. Wie viele Rippen soll ich ihm zerdrücken? Alle oder nur einige?“
    „Ich muß ihn unverletzt haben. Sie wissen ja, daß wir ihn noch brauchen. Wenn er verwundet oder verletzt wird, so ist es ihm unmöglich, uns zu seinen Schätzen zu führen. Schweigen wir jetzt!“
    Bald darauf hörten wir langsame Schritte. Der Kommende gab sich nicht die geringste Mühe, leise aufzutreten. Er war seiner Sache außerordentlich gewiß. Auch mußte er die Örtlichkeit genau kennen, denn er kam direkt auf das eingefallene Tor zu. Seine Gestalt war länger als die meinige, aber schmal. Eben als er an uns vorüber wollte, richtete ich mich auf. Er sah es, prallte einen Schritt zurück und fluchte:
    „Caramba! Was schießt du hier wie ein Teufel aus der Erde empor, Gomez! Das kann einen ja erschrecken! Sind deine Leute da?“
    Da ich am dunklen Gemäuer stand, über welchem sich außerdem noch ein dichtes Laubwerk erhob, so konnte er meine Gestalt nicht deutlich erkennen. Er hielt mich für Gomez, von welchem er angenommen hatte, daß dieser ihn erwarten werde. Da ich die Stimme des letzteren kannte, so gelang es mir, dieselbe nachzuahmen, indem ich antwortete:
    „Sie sind alle hier im Keller, Señor.“
    „So will ich hinab, um ihnen meine Befehle zu geben. Es ist alles sehr gut gelungen. Die Männer stecken auf der Insel und werden dort von den Krokodilen festgehalten. Die Weiber und Kinder haben mir freilich viel zu schaffen gemacht, aber ich brachte sie endlich doch mit dem Vorgeben fort, daß die Männer bereits vorangegangen seien. Ihr werdet heute gute Beute machen, Gomez. Ich darf also für später wohl auf eure Dankbarkeit rechnen.“
    „Was das betrifft, so sollen Sie den Dank schon jetzt haben, und zwar sofort.“ Ich hatte das in meinem eigenen Ton, mit unverstellter Stimme gesagt. Er neigte sich mir zu, um mir in das Gesicht zu sehen, und sagte:
    „Was war das für eine Stimme! So spricht Gomez nicht. Es ist ein ganz anderer!“
    „Allerdings bin ich ein anderer, Señor Sabuco.“
    „Und zwar kein Indianer, sondern ein Weißer! Mann, ich will doch hoffen, daß Sie zu denen gehören, welche ich hier suche!“
    „Zu den Aripones also? Nein, zu ihnen gehöre ich freilich nicht.“
    Ich konnte ihm in aller Ruhe so antworten, denn ich sah, daß sich der Steuermann hinter ihm erhoben hatte und bereit stand, ihn mit seinen gewaltigen Armen zu umfangen.
    „Nicht!“ rief er aus. „Dann frage ich Sie, wer Sie sind. Antwort, oder ich steche Sie augenblicklich nieder!“
    Er griff nach seinem Messer.
    „Lassen Sie das Messer stecken, Señor! Ich habe Sie in der besten Absicht erwartet.“
    „In welcher?“
    „Um Sie zu grüßen von den zwanzig Señores, welche Sie den Krokodilen übergeben haben. Sie befinden sich nicht mehr auf der Insel, sondern hier ganz in der Nähe. Ich werde Sie zu ihnen bringen, denn es verlangt sie, mit Ihnen zu sprechen.“
    „Hol Sie der Teufel! Hier haben Sie das Messer in die Rippen, als Lohn für die Neuigkeit, welche Sie mir bringen, und zugleich als – – –“
    Er unterbrach sich und stieß einen Schreckensruf aus, weil in

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