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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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so sind Sie verrückt!“
    „Señor, es geschah in der Hitze, im Zorn!“
    „So mäßigen und zähmen Sie sich! Was denken Sie denn eigentlich von sich, daß Sie es wagen, sich gegen mich aufzulehnen? Sie sind zwar nicht mein Diener, und ich bin nicht Ihr Vorgesetzter, nach dessen Befehlen Sie sich zu richten hätten; aber Sie dürfen mich nicht für einen Mann halten, der Angst vor Ihnen hat und sich von Ihnen zur Rede stellen läßt. Sie haben höflich und bescheiden zu sein, und wenn Sie das nicht wollen, so können Sie gehen, wohin es Ihnen beliebt. Und wenn Sie gar beginnen, mit Kugeln um sich zu schießen, dann schlage ich Sie eben nieder, so wie ich es getan habe. Wenn ich Ihnen gestatte, wieder bei uns zu bleiben, so muß ich gewärtig sein, Sie wiederholen die Szene, und dann ist einer von uns beiden verloren, entweder Sie oder ich. Ich wenigstens würde Sie dann nicht etwa nur so treffen, daß Sie die Besinnung verlieren; es wäre vielmehr um Ihr Leben geschehen.“
    „Señor, ich gebe Ihnen mein festes Versprechen, mein heiliges Wort, daß ich gegen keinen von Ihnen die Hand wieder aufhebe!“
    Er wandte sich mit seiner Bitte auch an die anderen, und zwar in so dringlichem Ton, daß ich ihm endlich doch sagte:
    „Unsere Entscheidung hängt davon ab, wie Sie gesonnen sind, sich gegen den Sendador zu verhalten.“
    „Soll er denn wirklich ohne Strafe davonkommen?“
    „Nein. Es ist gar nicht meine Absicht, ungerecht gegen Sie zu sein. Aber die Klugheit gebietet uns, mit ihm nach der Pampa de Salinas zu gehen. Bis dahin haben Sie Ruhe zu halten. Später können Sie tun, was Sie wollen.“
    „Sie werden ihn dann nicht gegen mich in Schutz nehmen und auch nicht warnen?“
    „Nein! Er wird sich schon ganz von selbst vor Ihnen in acht nehmen. Es kann mir nicht einfallen, Verbrecher vor der verdienten Strafe zu warnen.“
    „Und Sie versprechen mir, daß er uns nicht entflieht, daß er bis zur Pampa de Salinas bei uns bleibt?“
    „Das kann ich nicht versprechen. Uns wird er sein Wort halten. Stellen auch Sie sich zu ihm so, daß er sich sicher fühlt, so wird er bei uns bleiben. Sie sehen also, daß es ganz allein nur auf Sie ankommt.“
    Er blickte finster vor sich nieder. Sein Gesicht war kein solches, wenigstens in diesem Augenblick, dem man zutrauen kann, daß das gegebene Versprechen gehalten wird. Aber es hellte sich schnell auf, und in einem Ton, welcher vertrauenerweckend klingen sollte, sagte er:
    „Nun wohl! Ich verspreche Ihnen, daß ich meine Rache aufheben will, bis Sie ihn nicht mehr brauchen. Dann aber werde ich keinen Augenblick länger warten. Nehmen Sie mich nun mit?“
    „Ist Ihr Versprechen ehrlich gemeint?“
    „Ja.“
    „So werde ich es noch einmal versuchen. Sie können bei uns bleiben.“
    „Dann müssen Sie mir aber auch meine Munition zurückgeben.“
    Schon wollte ich ihm eine zustimmende Antwort geben, da fiel der Bruder ein: „Nicht so schnell! Sie haben sich unser Vertrauen verscherzt und müssen es sich erst wieder erwerben, ehe wir Sie wieder als den guten Kameraden gelten lassen, der Sie uns bis jetzt gewesen sind. Sie hätten mit Ihrem Pulver und Blei beinahe ein Unheil angerichtet; Sie bekommen beides erst zurück, wenn Sie uns bewiesen haben, daß Sie wirklich willens sind, Ihr Versprechen zu halten.“
    Die andern stimmten ihm bei. Gomarra warf ihm einen schnellen, finster drohenden Blick zu, den außer mir keiner zu bemerken und zu beachten schien, und antwortete dann in fast unterwürfiger Weise:
    „Es mag geschehen, wie Sie wollen, Bruder Jaguar; ich sehe ein, daß ich es so und nicht anders verdient habe. Ich weiß aber, daß Sie mir Ihr Vertrauen bald wieder schenken werden.“
    Damit war diese Sache abgemacht. Wir stiegen zu Pferd und ritten davon, indem wir dem Flußbett aufwärts folgten. Ich ritt mit dem Bruder voran und hielt den Blick scharf zur Erde gerichtet, um möglicherweise eine Fußspur des Sendador zu finden, doch vergeblich. Erst nachdem wir wohl zwei Stunden lang geritten waren, fiel mir auf, daß das Flußbett eine bedeutende Krümmung gemacht hatte. Darum antwortete ich dem Bruder, der sich darüber wundern wollte, daß nicht einmal ich die Fährte finde, die der Führer doch unbedingt zurückgelassen haben müsse:
    „Sie ist hier überhaupt nicht zu finden. Er kennt die Gegend besser als wir und wird den Bogen, den wir geritten sind und wohl auch noch reiten, abgeschnitten haben. Die Krümmung unseres Weges zeigt nach links, nach

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