35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
und nahm den unterbrochenen Weg wieder auf. Er führte uns eine Viertelstunde lang immer am Wald hin und bog dann scharf in denselben ein. Es gab da eine Lichtung, einen breiten Streifen, welcher frei von Bäumen den Wald durchschnitt.
„Sie haben vorhin recht gehabt“, sagte Pena. „Die Roten kennen ihren Weg sehr genau. Man sieht, daß ihnen diese Waldblöße nicht ganz unbekannt gewesen ist, da sie sich so direkt nach derselben gewendet haben.“
„Das ist nur das Eine; das Andere aber ist, daß sie sich nun auf derselben Richtung befinden, welche auch die unserige ist. Hätten wir diese vorhin verfolgt, ohne der Spur nachzugehen, so wäre es uns vielleicht schwer geworden, uns durch den dichten Wald zu arbeiten. Und höchst wahrscheinlich hätte es dann ein Zusammentreffen mit den Roten gegeben, welches für uns verhängnisvoll werden mußte, weil wir nicht auf dasselbe vorbereitet waren.“
Nach kurzer Zeit traten die Bäume näher zusammen, so daß die Blöße schmaler wurde. Die Fährte führte rechts, nahe an den Bäumen hin. Ein plötzliches ängstliches und feines Kreischen von links her ließ mich stehenbleiben. Ein Eichhörnchen kam in höchster Eile über die schmale Lichtung gesprungen, gejagt von zwei Tieren, welche im Eifer der Verfolgung ebensowenig wie der kleine Flüchtling auf uns achteten. Als das Eichhörnchen den diesseitigen Wald erreichte, lief es am Stamm des nächsten Baumes empor, und seine Feinde folgten ihm.
„Zwei Zoncho Monas!“ rief Pena. „Das gibt einen guten Braten!“
Er nahm sein Gewehr schußfertig in die Hand und ich tat dasselbe. Zoncho Mona nennt der Bewohner des Gran Chaco den Rüsselbären, auch Coati genannt. Das Tier liefert nicht nur einen sehr gesuchten Pelz, sondern auch ein außerordentlich zartes und wohlschmeckendes Fleisch.
Das Eichhörnchen hatte einen weit hinausragenden Ast erreicht, flüchtete nach der Spitze desselben und tat von dort aus einen kühnen Sprung nach einem niedriger liegenden Ast des nächsten Baumes, indem es sich dabei des Schwanzes als Steuer bediente. Die Coatis langten auf dem Ast an, auf welchem sich das Hörnchen einen Augenblick vorher befunden hatte, wagten aber nicht denselben Sprung zu tun, und blickten dem entkommenen Tierchen enttäuscht nach.
„Sie den hinteren und ich den vorderen!“ sagte Pena.
Ich nickte. Die Schüsse krachten. Der eine Coati stürzte sofort herab; der andere suchte sich anzukrallen, konnte sich aber nicht halten, da er auch ins Leben getroffen war, und folgte dem ersteren nach. Als wir zur Stelle kamen, wo beide lagen, bewegten sie sich schon nicht mehr. Die Tiere haben ein fast so zähes Leben wie der Fuchs, dessen Größe sie auch besitzen; die Kugeln hatten also die richtigen Stellen getroffen.
„Na, da gibt's ja zu essen“, meinte Pena vergnügt. „Und was für ein Fleisch! Nun wollen wir freilich von dem Papagei nicht wieder sprechen! Nehmen Sie das Ihrige, und dann wieder weiter!“
Jeder nahm seine Beute auf, und dann wurde der Weg fortgesetzt. Nach einiger Zeit traten die Bäume weiter und weiter auseinander, und wir kamen wieder auf eine so hochgrasige Savanne, wie die vorige gewesen war. Der Wald hatte nur in einem langen, schmalen Streifen bestanden.
Die Fährte ging geradeaus, wie mit der Schnur gezogen. Das mußte uns jetzt sehr lieb sein, da dieser Umstand es uns ermöglichte, die Indianer schon aus bedeutender Entfernung zu erblicken. Ich wollte den hinter mir herschreitenden Pena auf diesen Vorteil aufmerksam machen, warf ihm daher einige Worte zu, ohne mich umzusehen, und erhielt eine Antwort, welche ich nicht verstehen konnte. Ich fragte, was er gesagt habe, und verstand auch die nachfolgenden Worte so wenig, daß ich mich nun nach ihm umblickte. Fast hätte ich laut aufgelacht. Der gute Mann hatte den Mund so voll stecken, daß er allerdings nicht deutlich zu sprechen vermochte. Er kaute, als ob es sich um Tod und Leben handle.
„Machen Sie es wie ich!“ sagte er. „Schneiden Sie Ihren Nasenbären auch an!“
„Danke! Habe keine Lust.“
Wir waren der Fährte, seit wir den Wald hinter uns hatten, vielleicht zwei Stunden lang gefolgt, als wir wieder einen dunklen Streifen vor uns sahen.
„Das ist wieder Wald. Nicht?“ fragte Pena.
„Wald, ja. Vielleicht ruhen die Roten dort unter den Bäumen aus. Sie haben einen Vorsprung von zwei Stunden vor uns, und länger macht kein Indianer Rast, wenn er sich auf einem Raub- und Kriegszug befindet.“
„Von zwei Stunden
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