Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Fährte beweist, daß die Indianer keine Waren bei sich gehabt haben, denn in diesem Falle wäre die Spur unregelmäßiger und auch breiter ausgetreten. Die Leute haben keine Lasten getragen, auch keine Tiere bei sich gehabt; sie sind frei und ledig gegangen, nur höchstens mit den Waffen in den Händen.“
    „Und was tun wir jetzt? Haben wir diese Indianer zu beachten oder nicht?“
    „Natürlich haben wir uns sehr um sie zu bekümmern. Es kann uns nicht gleichgültig sein, wenn sich ein Zug von räuberischen Wilden mit uns in derselben Gegend befindet. Wir müssen gewärtig sein, daß wir ganz unvermutet auf diese Leute treffen.“
    „Das wohl nicht. Sie gehen gerade nach West, wir aber nordwestlich.“
    „Ja, hier an dieser Stelle führt die Fährte nach West; aber Sie wissen ebenso gut wie ich, daß man, besonders hier im Chaco, nicht stets eine schnurgerade Linie einhalten kann. Die Roten kennen ihren Weg gewiß sehr genau; sie werden alle Hindernisse vermeiden und umgehen, müssen also oft von der ursprünglichen Richtung abweichen. Haben sie sich weiter von hier mehr rechts gewendet, und wir gehen geradeaus fort, so müssen wir mit ihnen zusammentreffen, was ich natürlich vermeiden möchte. Ich will lieber zwanzig mit Schießgewehren und Tomahawks bewaffnete Sioux als einen einzigen hiesigen feindlichen Roten, der mich mit einem vergifteten Pfeil leichter und schneller unschädlich macht, als diese zwanzig mit ihren ehrlichen Waffen. Übrigens muß ich unbedingt wissen, was und wohin diese Leute wollen. Bevor ich das nicht erfahren habe, kann ich mich nicht sicher fühlen. Wir müssen ihnen nach.“
    „Dann adieu Hirschbraten und Ausruhen! Nur der Hunger bleibt!“
    „Es geht mir nicht besser als Ihnen. Bedenken Sie, daß wir einen ausgetretenen Pfad vor uns haben; das Gehen wird uns nicht so ermüden wie bisher.“
    „Das ist aber auch das einzige Gute von der ganzen Sache!“ brummte er mißmutig.
    „Seien Sie doch nicht so niedergeschlagen. Wenn wir gar den Mut und die Lebenslust verlieren, so ist's aus mit uns.“
    „Sie haben schon recht, daß Sie mich schelten. Ich bin von dem, was geschehen ist, so deprimiert wie noch nie im Leben. Es ist, als ob der Satan sein Spiel gehabt habe. Wer soll da noch das alte Vertrauen und die frühere Freudigkeit besitzen?“
    „Wir beide natürlich! Denken Sie etwa, daß das Schicksal, dem unsere Freunde verfallen sind, mir gleichgültiger ist als Ihnen? Ich bin länger mit ihnen beisammen gewesen als Sie, und so versteht es sich wohl ganz von selbst, daß die Katastrophe mir ebenso zu Herzen geht wie Ihnen. Aber das Herz ist etwas anderes als der Kopf. Mag mein Herz mit einem noch so großen Leid beschäftigt sein, sobald es notwendig ist, daß der Kopf in seine Rechte tritt, so muß das erstere einstweilen schweigen. Und unsere Köpfe brauchen wir hier, wenn es überhaupt unsere Absicht ist, sie zu behalten und die Gefährten zu retten, falls sie noch leben.“
    Wir waren, während wir zusammen sprachen, der Fährte mit raschen Schritten gefolgt, ich voran und er hinterdrein. Jetzt faßte er mich hinten, hielt mich fest und sagte:
    „Bleiben Sie doch einmal stehen und sagen Sie die letzten Worte noch einmal! Ich muß vollständig falsch gehört haben. Wie meinten Sie? Sie geben sie nicht verloren?“
    „Ja, so sagte ich.“
    Er blickte mich mit einem ganz unbeschreiblichen Erstaunen an, deutete nach der Stirn, und meinte dann:
    „So ist es bei Ihnen hier in dieser Gegend nicht richtig! Ich habe Sie für einen geistig gesunden und zuverlässigen Mann gehalten. Aber Señor, was denken Sie denn eigentlich?“
    „Ich denke, daß man den Totenschein eines Menschen nicht eher unterzeichnen darf, als bis man seine Leiche gesehen hat, und selbst dann muß man sich genau überzeugen, ob es auch wirklich die seinige ist.“
    „Aber, es versteht sich doch ganz von selbst, daß sie tot sind! Ich glaubte, Sie möchten am liebsten wieder umkehren, um noch länger und eifriger nachzuforschen, als es bisher schon geschehen ist.“
    „Und wenn ich das nun wirklich beabsichtigte?“
    „So gehen Sie zurück! Machen Sie, was Sie wollen! Ich halte Sie nicht. Ich aber begleite Sie auf keinen Fall; darauf können Sie sich verlassen!“
    „Nun, einstweilen folgen wir dieser Fährte. Kommt Zeit, kommt Rat!“
    „Aber in dieser Angelegenheit nicht! Die ist vollständig vorüber und abgeschlossen. Sprechen wir nicht mehr davon!“
    Ich hütete mich, ein weiteres Wort zu sagen,

Weitere Kostenlose Bücher