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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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rezensierten. Und doch wissen nicht nur die Bewohner des Hadramaut, sondern auch die Leute des südlichen Mendoza in Argentinien und die Indianer des Gran Chaco, daß es Gegenden gibt, welche mit tiefen, unergründlichen Treibsandmassen angefüllt sind, in denen Menschen und Tiere wie im Wasser versinken. Solche Stellen werden dort Quédales genannt.
    Am Vormittag des dritten Tages kamen wir über eine grasreiche Pampa, welche sich endlos vor uns auszudehnen schien und ganz einer nördlichen Prärie glich, nur daß es eine andere Art des Grases und nicht das mir so bekannte Büffelgras war, durch welches wir bis an den Leib waten mußten. Seine langen Halme waren schmal und leicht; man fühlte sie kaum, und doch ermüdeten sie uns ganz ungewöhnlich. Man dachte dabei unwillkürlich an den Schnee, welcher, so leicht er ist, zu Wehen aufgehäuft, der Kraft einer Lokomotive zu widerstehen vermag.
    Pena hatte sein Gewehr geschultert und schritt bahnbrechend voran. Aber als wir schon über eine Stunde lang durch dieses Grasmeer mehr geschwommen als gegangen waren, blieb er stehen, holte tief aufseufzend Atem und sagte:
    „Jetzt steigen nun Sie einmal voran, Señor! Noch eine einzige Stunde so, dann falle ich um. Da lobe ich mir doch die Prärie droben im Norden. Und ich möchte wetten, daß es, wenn wir diese Savanne hinter uns haben, noch viel schlimmer wird. Entweder läuft sie in eine Wüste aus oder in ein stacheliges Mimosenfeld.“
    „Das glaube ich nicht“, antwortete ich, indem ich vorwärts deutete. „Sehen Sie den dunklen Strich ganz draußen am Horizont? Das ist kein Mimosengebüsch, welches wir wegen seiner geringen Höhe auf eine so weite Entfernung gar nicht sehen könnten, sondern das ist Wald, hoher Wald.“
    Er legte die Hand über die Augen, um von der Sonne nicht geblendet zu werden, blickte nach der angedeuteten Richtung und stimmte bei:
    „Sie haben recht. Gott sei Dank; es ist Wald. Hoffentlich gibt es da ein Wildbret! Ich habe Hunger. Gestern gab es nur ein armseliges Meerschweinchen für den ganzen langen Tag. Das ist für zwei so gesunde und kräftige Männer, wie wir sind, zu wenig. Haben Sie nicht auch das Gefühl eines gewissen Nichts in der Gegend Ihres Magens?“
    „Und ob! Ich bin imstande und schieße mir einen Papagei, wenn ich nichts anderes finde.“
    „Brrr! Das lassen Sie! Ich weiß sehr genau, wie diese Art von Fleisch schmeckt.“
    „Ich bitte um die Beschreibung!“
    „Das weichste Stück, die Brust, gleicht dem Sohlenleder; die Schenkelstücke sind trocken und zäh wie ein alter, lederner Kofferüberzug, und an den Flügelblättern müssen Sie ganz genau so kauen, als wenn Sie ein Stück Rhinozeroshaut verspeisen.“
    „Dann werde ich mir freilich etwas Besseres wünschen, und wenn es auch nur ein armer Pampashase wäre.“
    „Den gibt es hier äußerst selten. Machen Sie vorwärts, daß wir den Wald erreichen!“
    Wir stampften weiter, wohl drei Viertelstunden lang, dann zeigte es sich, daß der dunkle Strich, den wir am Horizont gesehen hatten, wirklich Wald war. Nach kurzer Zeit konnten wir schon die einzelnen Baumarten, Ceibo, Chañar, Algarroben und andere unterscheiden. Sonderbarerweise traten diese Bäume sofort als geschlossener Wald auf, ohne vorher durch Büsche eingeleitet zu werden. Als wir uns seinem Rand bis auf ungefähr hundert Schritte genähert hatten, blieb ich überrascht stehen, denn ich erblickte vor mir den Beweis, daß es hier Menschen, und zwar viele, gegeben hatte.
    „Was gibt's?“ fragte Pena. „Warum stutzen Sie so?“
    „Sehen Sie nicht den Strich, der sich längs des Waldrandes quer über unsere Richtung durch das Gras zieht?“
    Er hatte diese Fährte noch gar nicht bemerkt, richtete den Blick auf dieselbe und meinte dann:
    „Schade, daß sie schon vorüber sind und nicht eben jetzt erst kommen!“
    „Wer?“
    „Nun, die Hirsche. Natürlich ist's ein Rudel Hirsche gewesen. Das hätte einen Braten gegeben!“
    Er schnalzte mit der Zunge; ich aber antwortete ihm:
    „Wenn das eine Rotwildspur ist, so mögen Sie mich, besonders da Sie so hungrig sind, sofort mit Haut und Haar verspeisen.“
    „Wer soll es denn gewesen sein, wenn nicht Hirsche?“
    „Menschen, und zwar viele.“
    „Schwerlich, denn in diesem Falle würde die Fährte breiter sein. Und Sie haben die Spur ja noch gar nicht in der Nähe betrachtet!“
    „Für eine so allgemeine Bestimmung, ob sie von Menschen oder Hirschen gemacht würde, ist eine genaue Besichtigung gar

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