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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begegnen, und wenn wir ihnen nicht erklären könnten, daß wir als Freunde kommen, so wäre wohl gar zu gewärtigen, daß sie ihre Blasrohre auf uns richteten.“
    „Vor denen Sie einen gewaltigen Respekt zu besitzen scheinen!“
    „Das leugne ich nicht. So ein heimtückischer Pfeil oder Stachelbolzen ist ein Ding, mit welchem man nicht spaßen darf.“
    Wir gingen nun langsamen Schrittes weiter, die Augen nach allen Richtungen offen, damit uns nicht etwa die Anwesenheit eines Menschen entgehen könne. Aber es war keiner zu sehen.
    Schon befanden wir uns nicht mehr im Freien, sondern unter dem gefiederten Laubdach eines geschlossenen Waldes, welcher ausnahmslos nur aus Carapabäumen bestand. Der Boden desselben war weich, und es befanden sich viele alte und neue, große und kleine Fußspuren in demselben; aber von denen, welche diese Eindrücke hervorgebracht hatten, war kein einziger zu sehen oder zu hören.
    Dann sahen wir Wasser schimmern. Wir erreichten das Ufer und sahen die Lagune vor uns liegen. Sie verdiente weit mehr den Namen eines Sees, denn die Wasserfläche dehnte sich weit hinaus nach rechts, links und vorn und ließ kein gegenüberliegendes Ufer erkennen.
    „Sonderbar!“ meinte Pena. „Die Zeit, in welcher man wach zu werden pflegt, ist längst vorüber und doch kein einziger Mensch zu sehen!“
    „Das verursacht mir weniger Schmerzen als der Umstand, daß wir auch keine Wohnungen entdecken.“
    „Wir müssen den Spuren nachgehen!“
    „Versuchen Sie es doch einmal! Ihrer sind so viele, und sie laufen so in und nach allen Richtungen durcheinander, daß sie uns unmöglich als Wegweiser dienen können. Wir müssen eben weitergehen, um zu suchen. Die Hütten liegen auf jeden Fall in der Nähe des Wassers; halten wir uns an dieses, so müssen wir sie finden.“
    Aber wir suchten vergeblich. Endlich nach langer Zeit hörten wir ein lautes Zeichen menschlicher Nähe. Der heisere Schrei eines Raubvogels ertönte in der Luft, und gleich darauf krachte ein Schuß.
    „Wo war das? Rechts oder links?“ fragte Pena, indem er stehen blieb.
    „Links“, antwortete ich. „Der Schall täuscht zwar im Wald leicht; aber ich glaube mich nicht zu irren.“
    Wir wandten uns in die angedeutete Richtung und erreichten einen Gegenstand, welcher meine höchste Verwunderung erregte, da ich so etwas hier in dieser Gegend gar nicht hatte vermuten können. Das war nämlich ein Felsblock, dessen Seite lotrecht wohl an die vierzig Ellen emporstieg.
    „Ein Stein!“ sagte Pena. „Hier im Chaco ein Stein! Wie mag der hierher gekommen sein!“
    „Sie haben vollständig recht, zu erstaunen. Auch ich hätte es nicht für möglich gehalten. Sollte es ein so riesiger erratischer Block sein? Aber welche ungeheure Kraft wäre es, die ihn von den fernen Cordilleren bis hierher gewälzt hat?“
    „Was ist's für Gestein?“
    „Das kann man nicht sagen, weil der Fels mit einer dicken Schicht von Flechten vollständig überzogen ist. Man muß sie entfernen. Aber jetzt haben wir anderes zu tun. Gehen wir um den Block herum! Vielleicht finden wir jenseits, was wir suchen.“
    „Ja, gehen wir! Merken Sie nicht, daß es hier keine Fußspuren gibt?“
    „Ja. Das ist auffällig, da in so geringer Entfernung ihrer so zahlreiche zu finden sind. Wollen die Arbeit verkürzen. Gehen Sie rechts und ich links um den Fels. Drüben treffen wir uns.“
    Er folgte dieser Aufforderung; auch ich schritt weiter, indem ich den Boden genau untersuchte. Es war wirklich auffällig, daß die Spuren in der Nähe dieses Felsens aufhörten. Ich mußte daran denken, daß der viejo Desierto von den Tobas-Indianern heilig gehalten werde. Ich bog um die erste Ecke – hier dieselbe Erscheinung wie jenseits derselben. Bis auf eine gewisse Entfernung Spuren in Menge, nach dem Felsen hin aber nicht!
    Letzterer hatte die Form eines fast regelmäßig viereckigen riesigen Quaders. Seine Länge war gewiß sechzig Ellen, seine Breite annähernd auch so viel. Die Seiten fielen lotrecht ab, und es war ganz unmöglich, daß jemand da hinaufgelangen könne. Die Bäume des Waldes reichten so nahe zu ihm heran, daß sie ihn mit ihren Zweigen berührten. Als ich um die zweite Ecke bog, sah ich Pena um die dritte kommen. Noch waren wir nicht in der Mitte dieser Seite zusammengetroffen, so sagte er:
    „Keine einzige Fußspur am Felsen und auch kein anderes Zeichen, daß es hier Leute gibt!“
    Ich wollte antworten, nahm aber das Wort von der Zunge zurück; denn ich sah

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