35 - Sturm über Vallia
binden konnte, die sie dazu brachte, ihm treu zu dienen und ihm bis in den Tod und darüber hinaus zu folgen. Drak hatte das Gefühl, diese Macht nicht zu besitzen; Silda dagegen war überzeugt, daß er sie geerbt hatte.
Vor der Tür hörte er einen Aufruhr; es wurde gebrüllt und geschrien. Unmittelbar darauf eilte Nath der Strenge herein. »Da ist eine Jikai-Vuvushi, die dich unbedingt sprechen will, sofort. Es sei sehr dringend. Die Jungs halten sie fest ...«
»Herein mit ihr!«
Als Nath der Strenge in den Vorraum zurückkehrte, sah er, daß sich das Mädchen auf wundersame Weise aus den Griffen der Wächter befreit hatte und mit schnellen Schritten auf die Tür zulief. Hinter ihr wurden Bögen gehoben, drohten Pfeile sich in ihr Fleisch zu bohren.
»Halt!« brüllte Nath. »Der Prinz empfängt sie.«
Mandi Volanta warf sich förmlich durch die offene Tür. Mit einem Blick erfaßte sie den Raum voller hoher Offiziere, entdeckte den Prinz Majister und kam rutschend vor ihm zum Stillstand.
»Majister!« kreischte sie förmlich. »Sie töten Leone! Leone Sternenhammer! Königin Lust hat angeordnet, sie zu töten! Bitte, Majister – tu etwas!«
»Das ist doch nur angemessen«, sagte Trylon Nath Molim in das plötzlich eintretende Schweigen. »Die Frau hat versagt und die Königin nicht richtig beschützt. Deshalb muß sie sterben.«
»Aus dem Weg!« fauchte Drak und sprang zur Tür. Im Laufen riß er das Langschwert von der Wand.
Gebrüllte Befehle, das Stampfen zahlreicher Stiefel, die sich in größter Hast bewegten, und schon war er an der Spitze einer Abordnung seiner Leibwächter im rosaroten Schimmer der Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln unterwegs. Mandi Volanta ritt an seiner Seite und wies ihm den Weg und forderte die Männer mit schriller Stimme immer wieder auf, sich zu beeilen. Dabei sparte sie nicht mit Schimpfworten.
Unpassenderweise kam Drak im vollen Galopp der Gedanke in den Sinn, daß die Königin am Leben war. Sie hatte das Bewußtsein wiedererlangt. Und ihr erster Befehl hatte der Rache an Leone gegolten, der sie ihr Unglück zur Last legte.
So lief das natürlich bei den Großen der Welt, bei Königinnen und Herrscherinnen. So sollte es aber nicht im neuen Vallia sein.
Seine Mutter, die göttliche Herrscherin Delia, würde eine solche Scheußlichkeit keinen Augenblick dulden. Aber – so reagierte nun einmal die Welt, in der Königin Lust geboren und großgeworden war, die sie in sich aufgenommen hatte und nun nach ihrem Willen zu formen versuchte.
Drak brachte es nicht fertig, der Königin einen Vorwurf zu machen ...
Am Eingangstor und im Hof und auf den Treppen lagen zahlreiche tote Jikai-Vuvushis. Zwischen ihnen befanden sich auch Männer, die vorwiegend in blaue Kleidung gehüllt waren. Offenkundig handelte es sich um Gefolgsleute Trylon Nath Molims, die nur zu gern bereit waren, Befehle ihrer Königin auszuführen. Solche Untaten waren ganz normal für eine Königin, das wußten alle.
Leone Sternenhammer und ihre Mädchen hatten sich im obersten Stockwerk der Villa verbarrikadiert und leisteten heftigen Widerstand. Der Kampf war eine blutige Angelegenheit. An der Spitze seiner bunten Leibwächterhorde trat Drak in Aktion; mit lauter Stimme forderte er die Lomer auf, die Waffen zu strecken oder gnadenlos niedergemacht zu werden.
Der Ausgang der Konfrontation stand auf der Kippe. Einige raffinierte Streiche des Krozair-Langschwerts, zwei statuierte Exempel – und die Lomer hatten begriffen. Sie hörten, was der Prinz ihnen zubrüllte, und wußten, daß sie daran glauben mußten. Wenn nicht – war es um sie geschehen.
Was Drak betraf, so war er willens, all diese Pandahemer zu töten. Er schätzte Leones Mädchen hoch ein. Die Lomer kamen aus Pandahem und waren schon lange vor Draks Geburt unerbittliche Feinde Vallias gewesen. Einen Loyalitätskonflikt gab es in dieser Sache nicht.
Erst als es ans Aufräumen ging, wurde ihm die seltsame Tatsache bewußt, daß viele von Leones Jikai-Vuvushis ebenfalls aus Lome in Pandahem stammten ...
Daß es nach dem Kampf nach Blut und Angst stank, gehörte zum normalen Leben der Kämpfenden. Drak überließ die weitere Regelung seinen Leuten, nahm eine starke Wachabteilung mit und begab sich zu Königin Lushfymi.
Er fand sie in einem breiten, seidenverhüllten Bett liegen. Sie hatte sich schon wieder weitgehend im Griff, nachdem die meisten Akupunkturnadeln entfernt worden waren, und ihr Gesicht war untadelig aufgemacht, ihre
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