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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war im höchsten Grade erregt. Seine Augen blitzten; er hatte sein Messer aus dem Gürtel gerissen und machte mit demselben Bewegungen, als ob er einen vor ihm stehenden Feind erstechen wolle. Er hätte noch mehr gesagt, vielleicht sein ganzes Geheimnis verraten; aber Haukaropora war auch aufgesprungen, legte ihm die Hand auf den Arm und unterbrach ihn in warnendem Ton: „Still, mein Vater! Der Mann war ein Indianer, weiter nichts; aber dennoch müssen wir erfahren, ob er in rechtlichem Kampf getötet worden ist. Wenn nicht, dann wehe seinem Mörder! Er war trotz seines Alters so stark und tapfer, daß er niemals überwunden wurde. Soll ich da glauben, daß er von diesem Antonio Perillo besiegt worden ist? Nein und abermals nein! Er ist ermordet worden.“
    „Ganz gewiß, ganz gewiß!“ stimmte der Alte bei. „Wir brauchen nach dem Mörder nicht zu forschen; Perillo hat zugegeben, daß er selbst ihn getötet hat. Wir wissen, daß er hinter uns herkommt; er wird in meine Hände fallen, und dann soll er uns Rede und Antwort geben!“
    „Ja, reden soll er, und die Antwort gebe ich ihm mit diesem da!“
    Der Inka schwang seinen Streitkolben, auf den sich seine Worte bezogen, um den Kopf. Er war fast noch mehr erregt als sein Anciano, beherrschte sich aber schnell, als er sah, daß die Anwesenden ihn erstaunt anblickten, nahm eine gleichgültige Miene an, setzte sich wieder nieder und legte den Kolben neben sich hin.
    Aber nicht nur diese beiden waren von der Mitteilung des Leutnants so tief berührt worden; es gab einen dritten, welcher ihr eine ebenso große, wenn auch ruhigere Aufmerksamkeit schenkte. Dieser dritte war Vater Jaguar. Von da an, wo der Skalp erwähnt wurde, bis zum letzten Augenblick hatte er die Reden mit der größten Spannung verfolgt. Er saß neben dem Inka und griff jetzt nach dem Streitkolben, um denselben zu betrachten. Die Waffe war schwarz, wie von einem dunkeln Firnis überzogen. Er besah sie sehr genau, legte sie dann wieder hin, ohne eine Miene zu verziehen, und sagte: „Ich halte es nicht für notwendig, sich jetzt über den Skalp zu ereifern. Noch wißt Ihr nicht, ob es wirklich die Kopfhaut Eures Bekannten ist. Wir werden es erst später genau erfahren.“
    „Nein, ich weiß es sicher“, antwortete Anciano; „die Spange ist der Beweis, daß ich mich nicht irre.“
    „Dennoch haben wir jetzt Notwendigeres zu besprechen“, entgegnete Hammer, indem er dem Alten einen verstohlenen Wink gab, zu schweigen. „Es gilt zu beraten, wohin wir uns von hier aus wenden sollen.“
    „Doch jedenfalls nach dem Palmensee“, antwortete der Leutnant Verano. „Das war ja schon vorher Ihr Ziel und muß es nun erst recht bleiben, da die Verschwörer dort zusammenkommen wollen.“
    „Ich glaube zwar nicht, daß schon jemand von ihnen dort ist, möchte diesen See aber dennoch vermeiden. Man könnte später durch einen Zufall entdecken daß wir dort gewesen sind, und das könnte zum Mißlingen meines Plans führen.“
    „Hast du denn schon einen Plan?“ fragte Geronimo.
    „Beinahe. Wir wissen, daß die Aripones gegen die Cambas wollen, und könnten dieses Vorhaben vielleicht schon im Keim zunichte machen. Ich sage mit Absicht: vielleicht, denn ich befürchte, daß wir zu schwach dazu sind. Die Aripones können sich schon jetzt auf dem Kriegsfuß befinden, und in diesem Fall dürfen wir bei unserer Minderheit nicht wagen, es mit ihnen aufzunehmen.“
    „Das meine ich auch. Die Burschen sind zwar furchtsam und scheuen einen offenen Angriff; zu einem nächtlichen Überfall aber sind sie stets bereit, und da habe ich vor ihren vergifteten Pfeilen den größten Respekt. Wir müssen uns verstärken, und das kann nur mit Hilfe der Cambas geschehen.“
    „Allerdings. Es fragt sich, ob sie ahnen, was ihnen bevorsteht.“
    Da antwortete der ‚Harte Schädel‘: „Unsre Leute wissen nichts davon, daß sie überfallen werden sollen. Wir leben in Feindschaft mit den Aripones, aber daß sie jetzt einen Kriegszug gegen uns vorhaben, das war uns ganz unbekannt. Wir müssen so bald wie möglich aufbrechen, um ihnen die Nachricht zu bringen und sie vorzubereiten. Der Zug wird gegen unser größtes und reichstes Dorf gerichtet sein.“
    „Woher weißt du das?“
    „Die Aripones, welche uns gestern fingen, sprachen ganz offen davon. Da wir heute früh ersäuft werden sollten, so glaubten sie, ganz sicher zu sein, daß wir nichts verraten könnten.“
    „Wo liegt dieses Dorf, und wie weit ist es von hier

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