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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unterhalten, denn niemand konnte sein eigenes Wort verstehen. Die Männer saßen still am Boden, welcher aus festgestampfter Erde bestand, und konnten sich nur durch Pantomimen die nötigen Mitteilungen machen.
    Noch schlimmer aber waren diejenigen daran, welche sich bei den Pferden befanden. Die Tiere hatten natürlich nicht angebunden werden können; soweit die vorhandenen Riemen, Stricke und Schnüre zureichten, hatte man ihnen die Beine gefesselt; aber dies war nicht bei allen geschehen, und so gab es außer dem Schnauben und Wiehern ein Stampfen, Schütteln und Umsichschlagen, welches ganz wohl lebensgefährlich genannt werden konnte.
    Jetzt gab es noch einen entsetzlichen Donnerschlag, den stärksten von allen, aber auch den letzten; Himmel und Erde schienen nicht nur in Flammen zu stehen, sondern ein einziges Feuermeer zu bilden; dann trat eine Stille ein, die so plötzlich kam, daß sie geradezu unheimlich wirkte. Keiner wagte ein Wort zu sagen; die meisten glaubten, daß der Aufruhr der Elemente nur einen Augenblick ausgesetzt habe, um sofort wieder zu beginnen; dem war aber nicht so. Der Vater Jaguar stand von dem Platz auf, an welchem er gesessen hatte, ging an dem Feuer vorüber nach der Tür, sah hinaus, wo die Wasser wie ein einziger, talbreiter Fluß vorüberrauschten, und meldete dann: „Es ist vorüber. Der Himmel steht voller Sterne. Gott sei Dank!“
    „Ja, Gott sei Lob und Dank!“ seufzte Doktor Morgenstern erleichtert auf, indem er sich mit beiden Händen über das todesbleiche Gesicht wischte. „So etwas habe ich doch noch nicht erlebt. Ich habe eine Angst ausgestanden, welche gar nicht zu beschreiben ist. Da war doch jeder Donnerschlag ein Gebrüll, lateinisch Rugitus oder auch Mugitus geheißen, und jeder Blitz eine Feuersbrunst, Incendium, welche alles zu verzehren drohte!“
    „Ja, dat ist wahr“, stimmte Fritze bei. „Mir wundert es nur, daß wir nicht erschlagen worden sind, da wir bei dat Wetterleuchten und die vielen Blitze auch noch sechs Feuer jebrannt haben!“
    „Allerdings! Die Wissenschaft hat bewiesen, daß der Blitz vom Feuer angezogen wird. Es ist ein wahres Wunder, daß es hier nicht eingeschlagen hat.“
    „Das war nicht wohl zu befürchten, da der Wald da droben ein sehr guter Blitzableiter war“, bemerkte der Vater Jaguar. „Nun aber will ich gleich einmal nach den Pferden sehen, ob sie sich beschädigt haben.“
    Er ging hinaus und hatte bis an die Knie im Wasser zu waten, wo es vorher ganz trocken gewesen war. Die Tiere ließen zwar noch Zeichen von Unruhe sehen, standen aber still an ihren Plätzen. Nennenswerte Beschädigungen waren nicht zu bemerken. Einen so guten Ausgang hatte man kaum erhoffen dürfen.
    Als er von dieser Besichtigung zurückkehrte, stand Leutnant Verano gerade im Begriff, sein Abenteuer zu erzählen. Als dieser Hammer kommen sah, wendete er sich ihm mit den Worten zu: „Sie kommen gerade recht, Señor, um zu hören, welche Ansprüche ich an die Gewehre habe, welche Sie sich angeeignet haben.“
    „Angeeignet? Daß ich nicht wüßte! Ich habe sie in einstweilige Verwahrung genommen“, antwortete der Deutsche in sehr zurückhaltender Weise.
    „Mit welchem Recht, wenn ich fragen darf?“
    „Sie sagen ganz richtig: wenn ich fragen darf. Welches Recht haben Sie, mich zu fragen?“
    „Ich bin der Beauftragte des Generals Mitre.“
    „Das würde ich gelten lassen, falls Sie es beweisen könnten.“
    „Welche Beweise verlangen Sie?“
    „Eine schriftliche Vollmacht.“
    „Welche Zumutung! Meinen Sie, daß man solche Schriftstücke mit sich im Gran Chaco herumschleppt?“
    „Das ist allerdings notwendig, wenn man als Bevollmächtigter anerkannt werden will.“
    „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, Señor. Das wird doch hoffentlich genügen“, fuhr Verano zornig auf. „Oder etwa nicht, dann –“
    Er machte mit der Hand eine drohende Bewegung nach dem Messer.
    „Lassen Sie das Ding stecken! Wer mir die Klinge zeigt, bekommt meine Faust zu fühlen. Ich erkläre Ihnen ganz gern, daß mir Ihr Ehrenwort genügt, denn Sie sind zwar ein höchst gewalttätiger Mann, aber daß Sie sich einer ehrenrührigen Handlung schuldig gemacht hätten, das habe ich noch nicht gehört.“
    „So sind wir also einig?“
    „Ja und auch nein. Verstehen Sie mich nur richtig. Zu glauben, daß Sie der Bevollmächtigte des Generals sind, dazu genügt mir Ihr Ehrenwort allerdings. Welche Vollmachten aber haben Sie erhalten?“
    „Nach den abhanden gekommenen

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