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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dieser, hinter einem Felsen stehend, vollständig überblicken konnte.
    Heute früh nun, als die Sonne noch nicht lang aufgegangen war, meldete dieser Wächter das Nahen dreier Reiter und zweier Fußgänger. Geronimo ging nach dem erwähnten Felsen und sah diese fünf, welche vorn durch den Eingang gekommen waren und sich nach hinten, gerade auf den Ausgang zu, bewegten. Er vermochte sie noch nicht genau zu unterscheiden; dann aber, als sie sich genügsam genähert hatten, verkündigte er mit lauter, froher Stimme: „Es ist der Vater Jaguar mit Hauka und seinem Anciano. Sie bringen die beiden Deutschen mit.“
    Diese Kunde wurde mit allgemeiner Freude aufgenommen, denn es hatte doch in der Möglichkeit gestanden, die Feinde eher als den Vater Jaguar zu sehen. Dieser letztere sah sich, indem er das Tal passierte, nach beiden Seiten scharf um und bemerkte gar wohl, daß die Talränder noch nicht besetzt waren. Er hätte das für einen Ungehorsam nehmen können, doch kannte er seinen Geronimo so genau, daß er sich sagte, es müsse ein triftiger Grund zu dieser Unterlassung vorhanden sein. Als er am Ende des Tals angekommen war, sah er ihn hinter dem Felsen stehen und rief ihm schon von weitem zu: „Ich will doch hoffen, daß die Krieger alle da sind?“
    „Alle“, antwortete Geronimo.
    „Wo?“
    „Da, hinter mir am Bach.“
    „Warum vermeidet ihr das Tal?“
    „Weil diese deine beiden gelehrten Landsleute uns ausgerissen sind. Ich befürchtete, sie würden von den Aripones ergriffen werden und gegen dieselben plaudern. Darum hielt ich es für besser, deine Rückkehr zu erwarten. Ist das richtig oder falsch gewesen?“
    „Richtig. Ich muß dich loben.“
    Er war jetzt bei ihm angekommen und reichte ihm die Hand. Die Weißen drängten sich herbei, ihren zurückgekehrten Anführer zu begrüßen. Morgenstern und Fritze schlichen sich kleinlaut zur Seite. Es wäre ihnen lieb gewesen, für jetzt verschwinden zu können, um nicht durch Fragen belästigt zu werden; aber es gab einen, der nichts Eiligeres zu tun hatte, als sofort an sie heranzutreten und ihnen lachend zuzurufen: „Aber Señores, was ist Ihnen denn eingefallen, daß Sie uns so ohne allen Abschied verlassen haben! Wir machten uns viel Sorge um Sie. Wie leicht konnten auch Sie von einer Riesenschildkröte verschlungen werden! Sie scheinen mit solchen uralten Tieren nun einmal kein Glück zu haben!“
    Doktor Parmesan, der Chirurg, war es, der sie auf diese Weise empfing. Morgenstern zog es vor, zu schweigen; Fritze aber antwortete: „Selbst wenn wir verschlungen worden wären, hätten wir keine Angst gehabt. Sie wären doch jedenfalls gekommen, um uns dem Tier aus dem Leib zu schneiden.“
    „Ja, das hätte ich sicher getan, vorausgesetzt, daß ich zu rechter Zeit von Ihnen benachrichtigt worden wäre. Sie wissen ja, mir ist kein Schnitt und keine Operation zu schwer; ich säble alles herunter! Natürlich sind Sie am Sumpf der Knochen gewesen, Señor?“
    „Ja. Eigentlich wollten wir hinauf in den Mond reiten, da aber sein erstes Viertel noch nicht voll ist, hätte es uns am nötigen Platz gemangelt.“
    „Da Sie sich in so fröhlicher Stimmung befinden, muß es Ihnen unterwegs sehr gut gegangen sein. Und wir befürchteten schon, daß Sie in die Hände der Aripones gefallen seien. Aber ein kleiner dunkler Punkt scheint doch dabei vorhanden zu sein: Wo sind denn nun eigentlich die Pferde, welche Sie mitgenommen haben?“
    „Die sind von der Riesenschildkröte gefressen worden, von welcher Sie glaubten, daß sie uns verspeist habe. Wollen Sie Ihre berühmte Operation noch ausführen, so können Sie die armen Tiere vielleicht noch retten.“
    Mit diesen Worten wandte er sich schnell ab und folgte seinem Herrn, welcher sich unter einem Baum, wo niemand sich befand, niedergesetzt hatte. Er nahm neben ihm Platz und sagte, jetzt natürlich in deutscher Sprache: „So jeht es in der Welt: Wer den Schaden hat, braucht nicht für den Spott zu sorjen. Dieser Chirurjius wollte mir wahrscheinlich ärjern; aber es fällt mir jar nicht ein, mir in Harnisch bringen zu lassen. Freilich, daß wir die Pferde verloren haben, dat kann mir leid tun. Wat mir wundert, ist, daß der Vater Jaguar uns eijentlich noch jar nicht richtig ausjezankt hat. Ist Ihnen dat nicht aufjefallen!“
    „Warte nur! Er wird es schon nachholen, sobald er Zeit dazu findet.“
    „Leider wird dat wohl richtig sind. Aber grämen Sie Ihnen nicht! Ick werde allens auf mir nehmen. Ick werde sagen,

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