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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wäre, Kundschafter voranzusenden. Kapitän Pellejo erkannte das als einen großen Fehler, doch schwieg er zunächst; aber als man sich dem Wald so weit genähert hatte, daß man den Eingang zum Tal sich öffnen sah, konnte er doch nicht umhin, warnend zu bemerken: „Ich würde doch einige Leute voransenden, um nachsehen zu lassen, ob das Tal für uns sicher ist.“
    „Und ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich nur wünsche, daß es voller Cambas wäre“, antwortete der Gambusino. „Wenn Sie sich fürchten, so bleiben Sie zurück.“
    „Ja, wer sich fürchtet, mag umkehren“, stimmte Antonio Perillo ein. „Wir brauchen keine Feiglinge bei uns.“
    „Señor, meinen Sie damit mich?“ fuhr der Offizier auf.
    „Denken Sie, was Sie wollen!“
    „Gut, dann denke ich mir nur das eine, daß es feig ist, ahnungslose Menschen niederzuschießen, um ihnen ihre alten Inka-Kostbarkeiten abzunehmen und dann vor dem ersten Mann, den man an der Salina del Condor sitzen sieht, feig davonzujagen.“
    Diese zornigen Worte waren ihm kaum entfahren, so bereute er, sie ausgesprochen zu haben; doch waren sie nun nicht wieder zurückzunehmen. Der Gambusino und Antonio Perillo starrten ihn betroffen an. Der erstere faßte sich am schnellsten und antwortete lachend: „Sie sprechen wohl im Traum? Was wollen Sie mit einer so unverständlichen Rede?“
    „Das werden Sie später jedenfalls erfahren“, erwiderte der Kapitän, indem er sein Pferd ab- und auf die Seite wendete. „Von mir werden Sie keinen Rat mehr hören.“
    Er sah die beiden nicht wieder an; sie aber warfen sich im Weiterreiten bedeutsame Blicke zu, und der Gambusino flüsterte Perillo zu: „Dieser Schurke hat uns gestern abend belauscht. Es ist gar nicht anders möglich. Was meinst du, was wir tun?“
    „Ihn schweigsam machen, und zwar so bald wie möglich, bevor er Gelegenheit findet, das, was er gehört hat, auszuplaudern.“
    „Richtig! Er lebt heute seinen letzten Tag! Im Grunde genommen hatte er mit seiner Mahnung zur Vorsicht gar nicht unrecht; aber soll ich dadurch zugeben, daß ich seinen Rat befolge? Meine Person werde ich auf keinen Fall in Gefahr bringen. Wir bleiben am Eingang des Tales halten und lassen unsere Leute hineinmarschieren. Dann wird es sich ergeben, ob es von den Cambas besetzt ist.“
    Diese Absicht wurde ausgeführt. Er ritt mit Perillo und dem ‚Tapfern Arm‘ voran, bis sie den Eingang erreichten, und blieb dann halten, um die anderen an sich vorüber zu lassen. Der ‚Tapfere Arm‘ aber gab der Schar, indem er sich rückwärts wendete und den Arm hoch emporhob, ein Zeichen, noch zu warten, und galoppierte dann zwischen den Talwänden hinein. Als er nach kurzer Zeit zurückkehrte, meldete er: „Es ist kein Mensch im Tal. Wir können getrost weiter.“
    „Dann vorwärts!“ kommandierte der Gambusino, indem er sein Pferd auf die Seite drängte, um, mit Perillo dort wie ein Feldherr haltend, den Kriegszug an sich vorüber zu lassen. Der Häuptling ritt voran; ihm folgten seine Aripones, hinter denen die weißen Soldaten kommen sollten. – – –
    Der ‚Tapfere Arm‘ hatte sich außerordentlich geirrt, als er das Tal für unbesetzt hielt, er sollte seinen Irrtum nur zu bald erkennen.
    Wie bereits erwähnt, hatte der Vater Jaguar, als er das Cambasdorf verließ, um auf Kundschaft zu reiten, seinem Geronimo den Befehl übergeben und diesem die nötigen Bestimmungen zurückgelassen. Geronimo war zur bestimmten Zeit mit den sechshundert Cambas aufgebrochen und bis an das Tal des ausgetrockneten Sees marschiert, ohne aber, wie es vorher beabsichtigt gewesen war, in dasselbe einzudringen. Der um- und vorsichtige Mann sagte sich, daß, wenn er die Rückkehr der Kundschafter im Tal selbst erwarte, dies dort Spuren geben müssen, welche die heranrückenden Aripones unmöglich übersehen konnten. Dazu kam das Verschwinden Morgensterns und seines Dieners. Die Spuren dieser beiden in Verbindung mit dem bisher Erlebten sagten ihm, daß sie nach dem Sumpf zurückgekehrt seien, um die vorweltlichen Knochen zu holen. Wie leicht konnten diese beiden mit den Aripones zusammentreffen und von ihnen gezwungen werden, alles zu verraten. Darum hielt Geronimo es für geboten, das Tal vor der Rückkehr des Vater Jaguar nicht zu betreten. Er lagerte sich mit seinen Cambas, so gut es ging, draußen vor demselben längs des Baches, da nur dort der dazu nötige Raum vorhanden war. Natürlich aber stellte er einen Posten an den Ausgang des Tales, welches

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