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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vielleicht gar ein Ohiotier gesehen haben?“
    „Davon vielleicht ein anderes Mal, lieber Señor, da wir nicht von antediluvianischen Dingen sprechen sollen.“
    „Also weder von dem Dank, den wir Ihnen schuldig sind, noch von petrefakten Tieren darf man sprechen. Nun frage ich Sie bloß, wovon man reden soll! Ich als Deutscher bin gewöhnt, zu reden –“
    „Ein Deutscher sind Sie?“ fiel da der Vater Jaguar ein.
    „Allerdings, wie Sie schon aus dem Namen Morgenstern ersehen, den Sie vorhin wohl nicht genau vernommen haben. Ich bin Privatgelehrter und studiere die Vorwelt.“
    „Und ich bin Laie und studiere die Mitwelt. Mein Name Hammer mag Ihnen sagen, daß wir Landsleute sind.“
    „Wie, auch Sie sind ein Deutscher? Ich stamme aus Jüterbogk. Und Sie, wenn ich fragen darf?“
    „Ich wurde im goldenen Mainz geboren.“
    „Ah, in Mainz, dem von Drusus erbauten Moguntiacum! Castel liegt auf der anderen Seite, ulterior, jenseits, wie der Lateiner sagt. Was hat Sie von da nach Nordamerika getrieben?“
    „Die Tatenlust.“
    „Und von da nach Südamerika?“
    „Eine Veranlassung, über welche ich lieber schweige als spreche.“
    Sein bisher so freundliches Gesicht wurde bei diesen Worten plötzlich tiefernst. Der zartfühlende Bankier ahnte, daß der berühmte Mann an einer wunden Stelle berührt worden sei, und gab dem Gespräch eine andere Richtung, indem er sich in höflichstem Ton erkundigte: „Man hat Sie allenthalben gesucht, Señor. Daraus schließe ich, daß Sie nicht in einem Hotel wohnen, denn Sie sind nicht gefunden worden.“
    „Wir besitzen Freunde in Buenos Aires, bei denen wir ungestört wohnen können“, lächelte der Deutsche.
    „Und werden Sie längere Zeit hier verweilen?“
    „Nein. Ich werde in kurzer Zeit nach den Anden gehen.“
    „In welcher Richtung?“
    „Über Tucuman wahrscheinlich nach Peru hinüber.“
    Der Bankier horchte auf und fragte schnell: „Kommen Sie da vielleicht bis Lima?“
    „Möglich.“
    „Ich habe nämlich einen sehr triftigen Grund zu dieser Erkundigung, Señor. Es ist ein Neffe bei mir zu Besuch, welcher nur auf eine günstige Gelegenheit wartet, um über die Anden nach Lima zu gehen.“
    „Wie alt?“
    „Sechzehn Jahre.“
    „Dann soll er lieber hier bleiben!“
    „Er muß hinüber. Er wäre schon längst fort, wenn ich einen tüchtigen und zuverlässigen Sendador (Wegweiser, Pfadfinder) gefunden hätte, dem ich den Knaben anvertrauen kann. Übrigens ist er für seine Jahre körperlich und geistig sehr gut entwickelt.“
    „Aber, Señor, bedenken Sie die Gefahren, welche des Reisenden auf diesem Weg lauern!“
    „Ich habe es bedacht. Diese Gefahren werden desto geringer, je zuverlässiger und erfahrener die Reisenden sind. Sie wollen über die Anden. Fast möchte ich eine Frage aussprechen und eine Bitte an dieselbe knüpfen.“
    Er sah den Vater Jaguar erwartungsvoll an und fügte, als dieser schweigend vor sich niederblickte, hinzu: „Natürlich würde ich eine solche Gefälligkeit so reichlich honorieren, wie meine Mittel es mir erlauben.“
    Hammer schüttelte leise den Kopf, indem er antwortete: „So etwas läßt sich nicht honorieren. Ich bin als Yerbatero (Teesucher) im Gran Chaco, als Gambusino (Goldsucher) in Peru, als Chincholero (Pelzjäger auf Chinchillas) in den Anden und als Cascarillero (Chinarindensammler) in Brasilien herumgestiegen. Meine Gefährten haben mich überall begleitet. Gefahren fürchten wir nicht, denn wir sind ihnen gewachsen, nämlich solange wir uns unter uns befinden. Die Gegenwart eines anderen aber, zumal eines unerwachsenen, also unerfahrenen Begleiters würde uns nicht nur unserer inneren, sondern infolgedessen auch unserer äußeren Sicherheit berauben, so daß wir kaum imstande sein möchten, das Vertrauen, welches man in uns zu setzen hätte, zu rechtfertigen.“
    „Sie sprechen wie ein vorsichtiger und ehrenwerter Mann sprechen muß, Señor; aber so unerfahren, wie Sie meinen, ist mein Antonio nicht. Er reitet und schießt ausgezeichnet und ist schon zweimal über die Anden herüber in Bolivia gewesen, die Seereise von Peru hierher gar nicht gerechnet. Er ist kräftig, ausdauernd, unternehmend und anspruchslos, so daß er Entbehrungen und Anstrengungen nicht sehr achtet. Da ist er ja. Sehen Sie ihn sich an und sprechen Sie mit ihm, Señor! Seine Eltern sind auch Deutsche. Ich denke, dieser letztere Umstand wird geeignet sein, als Fürsprache bei Ihnen zu gelten. Komm her, Antonio! Dieser Señor

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