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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem Nannen des berühmten Mannes täuschen? Er duckte sich nieder und kroch mehrere Schritte vorwärts. Da sah er allerdings eine ganze Schar von Männern vor sich halten. Wenn man an einem Gegenstand empor nach dem Himmel sieht, so kann man diesen Gegenstand, obgleich er ganz im Finstern steht, selbst in dunkler Nacht erkennen. Auf diese Weise sah der Gambusino, daß diese Männer ganz in Leder gekleidet waren und breitrandige Hüte aufhatten, was in den Pampas und den angrenzenden Gegenden eine Seltenheit ist. Daran erkannte er, wen er vor sich hatte.
    „Alle Wetter, ich irre mich nicht“, sagte er sich. „Man will mich keineswegs täuschen. Es ist wirklich dieser verwünschte Vater Jaguar, den ich lieber in der Hölle als hier wissen möchte. Wenn ich weiter gehe, läßt er Feuer geben; das ist gewiß. Ich muß zurück; aber er soll mir den Streich, den er mir heute spielte, entgelten. Es ist der erste, soll aber auch der letzte sein.“
    Er kroch wieder retour, erhob sich dann vom Boden und kehrte um die Waldecke zurück, als eben die vordersten seiner Leute, denen er in seinem Verfolgungseifer vorangerannt war, ihm nachkamen.
    „Zurück!“ gebot er ihnen. „Es ist nichts zu machen.“
    „Nichts?“ fragte Pellejo, der sich bei ihnen befand. „Warum?“
    „Sie sind fort und für uns verloren, wenigstens für heut.“
    „Wieso?“
    „Wißt Ihr, welcher Halunke sie losgeschnitten hat?“
    „Nun?“
    „Der Vater Jaguar.“
    „Unmöglich! Das muß ein Irrtum sein.“
    „Nein. Ich habe seine Leute gesehen und auch seine Stimme gehört. Kommt rasch zurück! Wir müssen uns beraten, dabei aber alle Vorkehrungen treffen, daß wir nicht überrascht werden, denn dieser Mensch ist imstande, uns heut noch zu überfallen.“
    „Schwerlich!“
    „Sie glauben es nicht? Warum nicht?“
    „Er hat nur die Gefangenen befreien wollen. Hätte er es auf einen Überfall abgesehen, so würde er ihn ja vorhin ausgeführt haben.“
    „Mag sein; aber ich traue ihm nicht. Ich kenne ihn nicht so, wie Sie ihn kennen, sondern etwas näher und genauer. Und er – na, er kennt mich auch ein wenig – von früher her. Ich weiß sogar, daß er meine Stimme kennt. Wenn er mich an dieser erkannt hat, so ist es gewiß und zehnfach, hundertfach gewiß, daß er sich an meine Fersen heftet.“
    „Haben Sie eine Rechnung miteinander?“
    „Ja, und keine gewöhnliche. Kommen Sie also! Ich weiß, daß wir keine Zeit zu verlieren haben.“
    Sie und die Soldaten und Indianer, welche bei ihnen stehengeblieben waren, gingen schleunigst nach dem Lager zurück, wo der Gambusino den Befehl gab, schnell zu satteln und dann die Feuer auszulöschen, da man aufbrechen müsse.
    „Fort sollen wir?“ fragte Antonio Perillo. „Ist das notwendig?“
    „Ja, wir müssen fort, mindestens so weit, daß dieser Vater Jaguar uns wenigstens während der Nacht nicht finden kann.“
    „Er wird es nicht wagen, sich an uns zu machen!“
    „Pah! Ich sage Ihnen, daß er es zwar nicht wagen, aber doch tun wird, denn für ihn ist so etwas kein Wagnis.“
    Da nahm der Häuptling, ihm beipflichtend, das Wort: „Wenn der Jaguar es ist, der die Gefangenen befreit hat, so müssen wir fort. Ich kenne ihn. Und nur dieser Jaguar konnte es fertigbringen, diese beiden weißen Männer fortzuholen. Ich durchschaue es. Er hat noch mehr Leute bei sich gehabt und von ihnen das Feuer mit Pulver anbrennen lassen. Während wir es auslöschten und nicht auf die Gefangenen achteten, hat er sie weggenommen. Er weiß, daß ich ihm den Tod geschworen habe. Wir müssen fort, da wir uns hier nicht verteidigen können. An einem besseren Ort werden wir anhalten, um uns zu beraten.“
    Hierauf ließ sich nun nichts mehr sagen. Man sattelte die Pferde und bemerkte nun erst, daß vier derselben samt dem Lederzeuge und den beiden Paketen des Gefangenen fehlten. Glückicherweise gab es einige Reservepferde, so daß man nicht doppelt zu reiten brauchte. Als die Feuer ausgelöscht worden waren, setzte sich der Zug in Bewegung, indem nach Indianerart ein Reiter immer hinter dem anderen ritt.
    Der Weg führte sie tiefer in den Einschnitt hinein, welcher nach und nach immer breiter wurde. Hätte derselbe eine Sackgasse gebildet, so wäre es um diese Schar geschehen gewesen, da sie dem Vater Jaguar hätte in die Hände fallen müssen. Aber der Häuptling ‚Tapferer Arm‘ kannte die Gegend zu genau, als daß er sich hätte irren können. Nach Verlauf von zwei Stunden wich der Wald zu beiden

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