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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auf der anderen Seite Ancianos Feuergarbe aufleuchten, und dann war es leicht möglich, daß die beiden Gefangenen Dummheiten machten oder wenigstens sich falsch verhielten, wenn sie nicht vorher von dem, was sie zu tun hatten, unterrichtet waren. Darum schob der Vater Jaguar sich jetzt so nahe wie möglich an die beiden Bäume hin, richtete sich an dem Strauch, welcher hinter denselben stand und ihm Deckung gab, empor und sagte in gedämpftem Ton, und zwar in deutscher Sprache: „Herr Doktor, bewegen Sie sich nicht! Es ist ein Retter hinter Ihnen.“
    Der Angeredete war nicht geübt, in einer solchen Lage bewegungslos zu bleiben; er zuckte zusammen und wendete den Kopf halb zur Seite. Auch Fritze machte eine kleine Bewegung, doch nicht so weit, wie seine Fesseln ihm wohl zugelassen hätten. Er besaß mehr Selbstbeherrschung als sein Herr.
    „Still, keinen Laut! Stehen Sie gerade und starr, und wenden Sie nicht den Kopf!“ fuhr der Vater Jaguar fort. „Sie haben mir nichts zu antworten als ‚ja‘ oder ‚nein‘. Zucken Sie leise die rechte Achsel, so heißt das ‚ja‘; zucken Sie die linke, so heißt es ‚nein‘. Ich bin Karl Hammer, der Vater Jaguar, den Sie beim Bankier Salido in Buenos Aires kennengelernt haben. Verstehen Sie, was ich sage?“
    Beide zuckten die rechte Achsel.
    „Sind Sie so fest angebunden, daß die Riemen Ihnen Schmerzen verursachen?“
    Zucken links, also ‚nein‘.
    „So ist Ihr Blutumlauf also nicht gestört, und Sie werden sich leicht und rasch bewegen können, falls ich Sie losschneide?“
    Rechts gezuckt bedeutete ‚ja‘.
    „Das ist gut. Ich habe bereits das Messer in der Hand. Ein Gefährte von mir wird drüben am Saum der Lichtung ein Pulverfeuer aufleuchten lassen, welches das hohe, dichte und trockene Gras sofort in hohen Brand versetzt. Die Leute hier werden erschrocken hineilen, um das Feuer auszulöschen, und für einige Augenblicke wird man sich nicht um Sie kümmern. Verstehen Sie mich auch jetzt?“ fragte er, da am Feuer wieder laut gesprochen wurde.
    Beide zuckten die rechte Achsel zum Zeichen der Bejahung.
    „In der so entstehenden Verwirrung schneide ich Sie los und nehme Sie bei der Hand. Wir springen hier am Rand rechts hin bis dahin, wo Sie jetzt vier Pferde nebeneinander stehen sehen, welche, wie ich zu meiner Genugtuung bemerke, ein anderer Gefährte von mir unbemerkt zusammengeflickt hat. Unweit davon sehen Sie vier Sättel liegen, von denen jeder einen nimmt und – – –“
    Er konnte nicht aussprechen, denn er sah da drüben, wohin er den alten Anciano geschickt hatte, ein kleines, kleines Flämmchen blitzen; dieses Flämmchen fraß sich einige Fuß weiter, bis es das Pulver erreichte; ein lauter Ffffffffft-ähnlicher Laut wurde hörbar, und in demselben Augenblick stieg eine wohl zehn Ellen lange Feuerwand kerzengerade in die Höhe.
    Zunächst gab es einen Augenblick lautlosen Schreckens. Dann sprangen alle Roten und Weißen schreiend auf, der Häuptling war der einzige, der ruhig blieb.
    „Schlagt es mit den Ponchos aus!“ rief er laut.
    Jeder beeilte sich, dieser Weisung augenblicklich nachzukommen, aber der erwartete Erfolg war nicht so leicht zu erreichen, denn hoch über das junge, grüne Gras stand das alte verdorrte; es brannte wie Papier, und wenn man an einer Stelle die Flamme nieder hatte, stieg sie im nächsten Augenblick wieder empor. Die Pferde wurden unruhig und schnaubten ängstlich; kein Mensch achtete auf sie. Kein Mensch achtete auch auf die Gefangenen.
    Sobald der erste Schreckensruf erschollen war, war der Vater Jaguar aufgesprungen, hatte die beiden Gefangenen losgeschnitten und sie, einen rechts und einen links an die Hand nehmend, in eiligstem Lauf mit sich fortgezogen, dahin, wo die vier Pferde standen. Dort tauchte Geronimo hinter den Tieren auf und rief ihnen zu: „Hab's Ihnen leichtgemacht, die Pferde zusammengebunden; nehme sie alle mit. Bringen Sie die Sättel nach!“
    Er sprang auf eins der Tiere und jagte mit ihnen davon. Der starke Vater Jaguar nahm zwei Sättel mit dem dazugehörigen Riemenzeug vom Boden auf.
    „Meine Bücher, meine Bücher!“ rief der Doktor, das Paket an sich reißend.
    „Und die Hacken und Schaufeln!“ fügte Fritze hinzu, indem er das andere Paket sich über die Achsel warf.
    „Hacken? Schaufeln?“ fragte der Vater Jaguar. „Weg damit! Warum uns mit ihnen schleppen!“
    „Nein“, antwortete der Doktor; „sie müssen mit. Ich brauche sie!“
    Anciano nahm einen Sattel und der

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