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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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junge Inka auch einen. Als dies der Vater Jaguar sah, meinte er: „Nun gut, so haben wir also vier; mehr sind nicht nötig. Nun fort, scharf hinter mir her!“
    Er warf einen Blick auf das Lager zurück. Dort kämpfte man noch tapfer mit dem Feuer, und niemand sah, was indessen auf der anderen Seite vorgegangen war. Die Fliehenden eilten fort. Noch waren sie nicht allzuweit gekommen, da klang ihnen eine mächtige Baßstimme vom Lager aus nach: „Tormenta! Wo sind die Gefangenen? Sie sind fort!“
    Beim Klang dieser Stimme blieb der Vater Jaguar wie gebannt stehen und lauschte. Die anderen hielten infolgedessen auch im Lauf inne.
    „Sie sind entflohen!“ ertönte dieselbe Stimme nach einigen Sekunden. „Man hat sie befreit, man hat sie losgeschnitten; ich sehe es hier an den Lassos.“
    „Welch eine Stimme!“ sagte der Vater Jaguar. „Die muß ich kennen; das ist ja –“
    Was er weiter sagen wollte, blieb unausgesprochen, denn vom Lager her erklang es wieder: „Das Feuer ist ausgelöscht. Auf, zu den Waffen! Da links hinaus können sie nicht sein; da brannte ja die Flamme. In den Wald hinein konnten sie auch nicht, denn er ist zu dicht; also sind sie nach rechts fort. Ihnen nach! Zwanzig bleiben bei den Pferden. Die anderen kommen mit!“
    Zurückblickend gewahrte man ein wirres Durcheinander von Personen, in welchem die einzelne nicht zu unterscheiden war.
    „Fort, fort!“ mahnte Geronimo. „Warum bleibst du stehen, Carlos?“
    Der Sprecher hatte unterwegs halten bleiben müssen, weil eins der zusammengekoppelten Pferde ihm nicht gehorchen wollte.
    „Diese Stimme, diese Stimme!“ antwortete der Vater Jaguar. „Ihr Klang geht mir durch das – – –“
    „Ach was, Stimme! Laß sie doch schreien, wie sie will! Wir müssen fort, sonst holen sie uns ein.“
    „Aber ich muß ihn sehen, muß –“
    Der sonst so bedachtsame Mann wollte die beiden Sättel weglegen, aber Geronimo herrschte ihn, wohl zum erstenmal, seit er ihn kannte, in strengem Ton an: „Was fällt dir ein! Bist du toll! Willst du dein Leben wagen, so tue es; aber das unserige bringe nicht in Gefahr. Auf mich kannst du nicht rechnen!“
    Er trieb seine Pferde von neuem an, und jetzt gehorchte das widerspenstige; er galoppierte weiter.
    „Er hat recht!“ meinte der Vater Jaguar in einem Ton, wie einer, der aus einem tiefen Sinnen erwacht. „Ich täusche mich wohl; aber ich werde diese Sache nicht ununtersucht lassen. Eilen wir weiter!“
    Er schoß jetzt förmlich in so langen Schritten davon, daß die anderen die größte Mühe hatten, ihn nicht aus den Augen zu verlieren, zumal ihnen jetzt, nachdem sie die Feuer gesehen, die Dunkelheit viel tiefer als vorher vorkam. Der kleine Gelehrte hatte den schwersten Pack, die Bücher, erwischt. Er keuchte unter ihrer Last atemlos dahin, bis er die Bürde niederwarf und ausrief: „Fritze, ich kann nicht mehr. Es wird mir zu schwer. Wollen tauschen; gib mir die Werkzeuge!“
    „Jut“, antwortete dieser. „Hier haben Sie die Schlüssel zu die Vorwelt, und ick nehme mich die jedruckte Jelehrsamkeit. Aber sputen Sie Ihnen, denn da hinten kommen sie schon anjepfiffen.“
    Sie eilten weiter, so schnell sie mit ihren Lasten vermochten, aber doch nicht schnell genug, denn als sie den Ausgang des Waldeinschnittes erreichten, waren die vordersten der Verfolger schon nahe hinter ihnen. Ein Schuß krachte und noch einer, glücklicherweise aber ohne zu treffen.
    Die beiden hatten noch gesehen, daß Anciano und der Inka sich rechts gewendet hatten; sie folgten also dieser Richtung auch. Aber ganz nahe hinter ihnen kam einer gesprungen, der sie in tiefem Baßton anrief: „Halten bleiben, ihr Halunken, sonst schieße auch ich!“
    „Der Gambusino!“ schrie der Doktor auf. „Ich bin verloren!“
    „Nein, noch nicht!“ antwortete Fritze. „Laufen Sie fort; ick werde Ihnen retten, indem ick ihm ein Hindernis in die hohle Gasse werfe, durch welche er kommen muß.“
    Bei diesen Worten blieb er stehen, ließ seinen Herrn vorüber und warf, als die hohe, breite Gestalt des Gambusino aus dem Dunkel tauchte, diesem das Bücherpaket entgegen und rannte dann weiter. Der Gambusino strauchelte über den Pack und stürzte hin; er raffte sich zwar rasch wieder auf und wollte weiter; da aber hörte er eine gebieterische Stimme vor sich: „Halt! Hier steht der Vater Jaguar mit seinen Leuten. Wer ohne meinen Willen naht, bekommt eine Kugel.“ Das veranlaßte ihn, den Schritt anzuhalten. Wollte man ihn mit

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