36 - Das Vermächtnis des Inka
nicht ganz imstande ist, zwischen Os und Rictus so genau zu unterscheiden, wie es in Hinsicht auf die zarteren Umgangsformen wohl als wünschenswert hätte erscheinen mögen.“
„Ich weiß genug, Señor, brechen wir davon ab! Lieb wäre es mir, wenn nun auch Sie genug wüßten.“
„Wovon?“
„Von dem, was ich so gern wissen möchte. Was haben diese Leute miteinander gesprochen?“
„Nichts von Bedeutung.“
„Gar nichts?“
„Ja, gar nichts, was nur einigermaßen Veranlassung hätte geben können, daß man hingehorcht hätte. Ich habe darum auch nicht darauf geachtet. Sie sprachen von Revolution, von Kavallerie und Kanonen, von Ausfällen und Überfällen der Indianer, lauter Sachen, die unsereinen doch nicht im mindesten interessieren können. Es ist nicht das kleinste, auch nicht das allerkleinste, auch nicht das allerkleinste geologische oder geognostische Wort gefallen.“
„Revolution, Artillerie, Kavallerie, Aus- und Überfälle? Und das nennen Sie bedeutungslos? Señor, das alles ist von ungeheurer Wichtigkeit gewesen!“
„Für Sie vielleicht, nicht aber für mich. Ich habe mir kein Wort gemerkt. Übrigens steckte mir noch das Rückenschild meiner Gigantochelonia im Kopf.“
„Dann gratuliere ich Ihnen zu diesem Kopf, den Sie getrost Gigantocaputus nennen können.“
„Danke verbindlichst, Señor. Wenn Sie etwas Eingehenderes über die Gespräche dieser Leute hören wollen, so will ich Sie an meinen Fritze adressieren. Er ist Laie und hat also für diese Kleinigkeiten mehr Aufmerksamkeit gehabt, als ich ihnen zu widmen vermochte.“
Fritze hatte bis jetzt kein Wort gesagt, jetzt aber meldete er sich schnell, und zwar in deutscher Sprache: „Dat ist wahr, Herr Hammer; ick habe ausjezeichnet aufjepaßt und kann Sie mit allens dienen, wat Sie wissen wollen. Aber tun Sie mich den Jefallen, sich mit meine Muttersprache zu bedienen. Wenn ick gezwungen bin, mit einem Deutschen spanisch zu diskurrieren, so fällt mich allemal die Butter vom Brot, und es jibt mich einen Messerstich ins treue deutsche Herz.“
„Wenn Sie es wünschen, ganz gern“, lächelte der Vater Jaguar. „Wir können den anderen dann ja spanisch sagen, was wir deutsch gesprochen haben.“
„Natürlich! Und ick werde mich erlauben, Ihnen dabei oft und manchmal behilflich zu sein. Also, wat wollen Sie wissen, und wobei soll ick anfangen zu bejinnen?“
„Vor allen Dingen möchte ich wissen, ob Sie erfahren haben, was diese wenigen Weißen bei den Indianern wollen.“
„Damit kann ick erjebenst aufwarten. Es kam mich nämlich der Jedanke, daß die Freundschaft zwischen Rot und Weiß doch ihren juten Jrund haben müsse und daß dieser Jrund mehr wert sein könne, als der janze Deckel von unsere Gigantochelonia. Darum hielt ick die Augen offen und die Ohren noch offener. Ick stamme nämlich aus Stralau am Rummelsburjer See, und in diese Jejend pflegt man pfiffig zu sind. Die Kerls glaubten, daß wir ihnen nicht mehr schaden könnten, und redeten, nur um uns zu ärjern, janz offen über ihre Jeheimnisse. Sie jehen in den Chaco, um die Aripones jejen die Rejierung aufzuwiejeln und sie zu einem Einfall zu bewejen. Der Häuptling aber, der alte Brazo valiente, ist ein Schlaukopf und hat also seine Bedingungen jestellt. Er will vorher die Cambas überfallen, die Sie, Herr Hammer, jejen ihn kommandiert haben, und dabei sollen ihm die Weißen helfen. Er verlangt Waffen und Soldaten.“
„Ach! Hat man ihm beides zugesagt?“
„Versteht sich! Die Soldaten trommelt der Kapitän Pellejo zusammen. Er täuscht dat Vertrauen seiner Vorgesetzten. Sie haben ihn an die Jrenze jeschickt, um die längs derselben angelegten Jarnisonen zu inspizieren; es fällt ihm aber jar nicht ein, hinzujehen, sondern er hat Boten hinjeschickt, welche den Befehl überbringen, daß diese Militärs sich nach dem Chaco zu bewejen haben, um an einem bestimmten Tag, an einem bestimmten Ort dort zusammenzutreffen. Diese Leute sollen den Aripones jejen die Cambas helfen.“
„Welch ein Plan! Auf diese Weise werden also dem Häuptling die Soldaten geliefert. Wie aber wollen sie ihn in den Besitz der versprochenen Waffen setzen?“
„Halten Sie dat für schwer? O, nichts leichter als diese Schwungfeder! Die Sache ist ja schon von langer Hand her vorbereitet. Man hat längst zu diesem Zweck heimliche Magazine anjelegt und mit Waffen und Munition volljestopft. Unsre Schildkrötenhöhle ist so ein Magazin jewesen. Die werden nun jeöffnet. Auf diese Weise
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