36 - Das Vermächtnis des Inka
nicht jewußt, daß ick diese Namen noch im Kopf hatte. Soll mir freuen, wenn Sie Jeschmack an dieselben finden!“
„Sie selbst kennen eine von diesen Quellen. Sie haben da, wo Sie nach der Schildkröte gruben, viel Fische gefangen. Sie waren an der Fuente de los pescados, an der Fischquelle. Die zweite liegt jenseits des Waldes in der Nähe des Lago honda; das Bassin, in welches sie fließt, ist voller Blutegel; daher ihr Name. Die dritte fließt am Ende der undurchdringlichen Waldung in eine Sumpflagune, welche voller Krokodile ist, und die vierte besteht aus zwei Einzelquellen, welche sich bald nach ihrem Austritt vereinigen, daher der Name Zwillingsquelle. Jede dieser Quellen ist von der anderen anderthalb Pferdetagereise entfernt, und sie liegen in einer schnurgeraden Linie. Wenn man diese Linie nach Nordwest verlängert, muß man unbedingt an den Palmensee kommen, den wir nicht kennen, und an welchem die Soldaten zusammentreffen sollen. Wie schlau, die Verstecke an diesen Quellen anzulegen! Man kann von einer zur anderen durch die Wüste gelangen, ohne daß die Reit- und Transporttiere übermäßig dursten müssen. Fritze, ich danke Ihnen! Nun ist mein Plan fertig. Wir reiten diesen Roten nach den Quellen voraus und nehmen die Nester aus, ehe sie hinkommen. Und dann geht es nach dem Palmensee, um die Soldaten festzunehmen. Dieser Ort scheint sehr gut gewählt zu sein, da dort oben die zahlreichsten und wohlhabendsten Stämme der Cambas wohnen. Der Gambusino würde also mit seinen Aripones und den weißen Soldaten eine Beute machen, wie sie noch nicht vorgekommen sein dürfte. Aber wir werden ihnen das Handwerk legen!“
„Ja, dat werden wir“, stimmte Fritze fröhlich ein. „Wollen Sie zujeben, Herr Hammer, dat so eine Gigantochelonia auch ihre scharmanten Seiten hat? Ohne dieses Riesentier wären Sie nicht hinter dat Jeheimnis jekrochen. Sie wollten uns nicht mitnehmen; nun aber hoffe ick von Ihrer dankbaren Zärtlichkeit, daß Sie uns zwei Sitzplätze an Ihrem Herzen jönnen und uns da, wat Sie ‚dort oben‘ nennen, eine Stelle in der Mutter Erde zeijen, wo wir eine bessere Schildkröte finden, als diejenige war, deren Inkognito in einer für uns so jrausamen Weise jelüftet worden ist!“
„Ja. Sie sollen mit, und wenn Sie nichts im Diluvium entdecken, so soll die Schuld nicht an mir liegen. Ich schaffe Ihnen den größten Riesenfrosch zur Stelle, den es zu Noahs Zeit gegeben hat, und der nur deshalb von Noah nicht gerettet werden konnte, weil die Arche, selbst wenn sie gar kein Tier aufgenommen hätte, für ihn allein zu klein gewesen wäre.“
„Dat läßt sich hören. Meine Hochachtung wächst nun auch so riesenjroß vor Ihnen, wie dieser Frosch jewachsen ist. Bauen Sie sich eine Arche dafür!“
„Und ich“, versprach der begeisterte Morgenstern, „werde nun auf das sorgfältigste auf alle Gespräche achten, welche sich auf Revolution und Totschlag beziehen, denn ich sehe ein, daß man dadurch zu großen paläontologischen Errungenschaften gelangen kann.“
„Gut, lieber Landsmann! Nun aber rate ich Ihnen an, sich schlafen zu legen, denn Sie sind weidlich malträtiert worden und bedürfen der Erholung. Morgen früh wird mit Tagesgrauen aufgestanden, und dann erwartet uns wohl ein Ritt, der für Sie anstrengend sein dürfte. Zur guten Nacht aber will ich Ihnen noch das offene Geständnis machen, daß ich mich freue, Ihre Werkzeuge gerettet zu haben. Wir können sie jetzt sehr gut gebrauchen, da wir die Magazine aufzugraben haben.“
Dieses Geständnis machte den Gelehrten so stolz, daß er seinem Diener freudig zuflüsterte: „Hast du es gehört, Fritze, sie brauchen mich und meine Sachen; hast du es auch wirklich gehört? Ein Zoopaläontologe ist zu aller Zeit und an jedem Ort eine vielgesuchte Persönlichkeit. Du wirst immer mehr einsehen, daß kein Mensch ohne die Wissenschaft, lateinisch Scientia genannt, zu existieren vermag.“
Er schlief so befriedigt ein, wie seit langen Zeiten nicht. Auch die anderen gaben sich der tiefsten Ruhe hin, und nur von Stunde zu Stunde wurden drei geweckt, um die Wächter abzulösen.
Kaum graute der Morgen, so riefen die letzten Posten ihre Gefährten wach, denn man mußte den Umstand mit in Betracht ziehen, daß der Gambusino mit seinen Indianern noch in der Lichtung stecken und diese Stunde zu einem Überfall für geeignet halten könne. Man nahm sich vorläufig noch nicht Zeit zu einem Imbiß, sondern der Vater Jaguar gab den Befehl, zu Pferd
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