36 - Die Omen von Kregen
Diese Leute waren viele Perioden hindurch unsere Feinde, nun heißt unser neuer Herrscher sie plötzlich als Verbündete und Freunde willkommen.«
»Hübsche Freunde!« äußerte Ongarr Fardew verächtlich.
In ein freundschaftliches Gespräch vertieft, begaben sich die drei Chuktare der 30. Infanterie-Division in den buntvermengten Schein der Sonnen Scorpios hinaus. Jene prächtige rubinrote und jadegrüne Beleuchtung lag schräg auf dem Land und tränkte es mit Farben und Licht. Die drei Männer aber beachteten den Glanz des Tages kaum, so sehr waren sie mit ihren Angelegenheiten beschäftigt.
Alle diese Ereignisse wurden von Deldar Naghan dem Enthaltsamen beobachtet. Ein traurig wirkender langer Mann mit mißtrauischen Gesichtszügen, war er ein hervorragender, treu dienender Soldat. Als Churgur, als Kämpfer, der schwere Rüstung trug und mit Wurfspieß, Schild und Schwert kämpfte, besaß er den kräftigen Körperbau, wie er für die Reihen der Angriffs-Infanterie üblich ist.
Er spuckte nicht aus, als die drei Chuktare hinausstolzierten, doch sagte er zu seinen Swods: »Ziemlich aufgeblasen sind die, junger Dolan. Merk dir meine Worte, wenn wir nach Norden kommen, wo es richtig losgeht, stimmen die noch ein ganz anderes Liedchen an!«
Dolan, ein junger unerfahrener Bursche mit sommersprossigem Gesicht, sagte nervös: »Wenn sie dich hören, Deldar, gerben sie dir die Haut!«
»Das sollen sie ruhig versuchen. Ich wüßte nur zu gern, was aus dem alten Hack-und-Stich werden soll.«
Daß die 30. Infanterie-Division ein bunt zusammengewürfelter Haufen war, lag auf der Hand. Das Bindeglied bildete ein Kader erfahrener Swods und Deldare. Zu viele höhere Hikdare, Männer, die die kompaniegroßen Pastangs befehligten, waren direkt befördert worden, anstatt den langen Weg durch die verschiedenen Deldar-Ränge zu gehen. Unter den einfachen Soldaten gab es viele junge Burschen, die wohl diensteifrig waren, aber auch unreif und ohne abhärtende Kampferfahrung.
Deldar Naghan der Enthaltsame fuhr sich über den Mund und versah sorgfältig seine Pflichten. Ihm konnte der alte Hack-und-Stich leid tun, mit dem er schon zusammen gedient hatte, andererseits war Jiktar Nath Javed, der alte Hack-und-Stich, mit den Fingern in der Regimentskasse erwischt wurden. Das sah dem alten Knaben so gar nicht ähnlich, doch hätte so etwas in einem gut geführten Regiment auf keinen Fall passieren dürfen.
Was aus dem Jiktar wurde, der so unvorsichtig gewesen war, sich Gold anzueignen, das dem Regiment gehörte, war vorherbestimmt. Das Kriegsgerichtsurteil, niedergelegt in der fließenden Schrift eines Xaffer, konnte nur auf ›schuldig‹ lauten.
Zu seiner Entschuldigung führte Nath Javed an, er habe seit dem Augenblick, da er seine neue 32. Brigade übernahm, mit der Beförderung zum Ob-Chuktar gerechnet. Dies sei nicht geschehen, und entsprechend sei die Solderhöhung ausgeblieben.
»Ich brauchte das Geld für eine persönliche Angelegenheit und habe es mir lediglich ausgeliehen. Ich wollte es von meinem Sold zurückzahlen.«
»Aber du wurdest nicht zum Ob-Chuktar befördert, womit ...«
»Womit ich in der Luft hing!« tobte Javed. »Kein Bargeld in der Schatztruhe, kein Sold, um das Gold zu ersetzen!«
Nach dem Schuldspruch eröffnete sich die brennende Frage nach dem Strafmaß.
Schließlich verkündete der Divisionskommandant eine strenge Gefängnisstrafe, verbunden mit einer Degradierung zum einfachen Soldaten.
Zan-Jiktar Nath Javed, die Beförderung zum Chuktar vor Augen, Befehlshaber über eine Churgurbrigade, verwandelte sich auf diese Weise im Handumdrehen wieder in den schlichten Nath Javed, einen Swod in den Reihen der Kämpfer.
Wirkliches Bedauern kam nur in der Gemeinschaft des 11. Regiments zum Ausdruck.
Selbst die Lage des Vallianischen Reiches, die trotz des Umstands, daß die meisten Inseln wieder der Kontrolle des Herrschers unterstanden, nicht sehr gefährdet war, duldete keine Strafverschonung. Er würde seine Zeit als einfacher Soldat abdienen müssen.
Die 30. Division sollte in Kürze nach Norden marschieren, um die Armeen zu verstärken, die dort den betrügerischen Emporkömmling bekämpften, der sich König von Nord-Vallia nannte. Enar Thandon äußerte die Ansicht, er wollte den alten Hack-und-Stich eigentlich in keinem seiner Regimenter kämpfen sehen, auch nicht als einfacher Soldat.
So wurde er als simpler Swod in ein Depot abgeordnet, wo er seine Zeit damit verbrachte, frisch eingezogene
Weitere Kostenlose Bücher