36 - Die Omen von Kregen
– Männer, die so taten, als seien sie von der Pracht Vallias nicht beeindruckt, da sie das alles doch schon gesehen hätten.
»Stylor!« riefen sie begeistert und umarmten mich.
Ja, meine beiden Lieblingsherumtreiber vom Auge der Welt, Nath und Zolta! Ach, was hatten wir nicht alles zusammen erlebt!
Zu den erfreulichsten Momenten dieser bewegten Tage gehörte für Silda die Wiederbegegnung mit ihrem Zwilling Valin und ihrem älteren Bruder Drayseg. Diese beiden hatten sich viel zu erzählen – Fakten, die ich zu geeigneter Zeit in meinen Bericht einfließen lassen werde.
Dann erschien Lol Polisto mit seiner Frau Thelda und ihrer Familie.
Delias Auftreten war ohne Tadel.
Die Begegnung hätte peinlich und katastrophal verlaufen können. Seg hatte einige Abenteuer erlebt, die ebenfalls Material für eine andere Geschichte hergeben würden. So möge die Anmerkung genügen, daß Seg und Milsi und Lol und Thelda sich natürlich und höflich begegneten und als zivilisierte Menschen schließlich in der Lage waren, mit ihrem Schicksal fertigzuwerden.
Nach meiner Erfahrung führt das gemeinsame Überstehen eines Abenteuers, der Einsatz des Lebens, die Befreiung von großer Gefahr nicht automatisch dazu, daß zwei Menschen zu lebenslangen Freunden werden. Oft genug geschieht so etwas, aber eben nicht immer.
Was die eigentliche Hochzeit anging, so können Sie sich vorstellen, daß meine Gedanken zu jenen Tagen in Vondium zurückkehrten, da Delia und ich heirateten. Die Stolze Stadt hatte seither tiefgreifende Veränderungen erlebt; zahlreiche schöne Gebäude waren zerstört und nicht wieder aufgebaut worden. Dennoch hatten wir das Bauprogramm fortgesetzt und uns dabei auf praktische Bauten konzentriert, wobei Schnörkel und Verzierungen etwas in den Hintergrund getreten waren. So war die Schutzmauer um die Stadt erheblich verstärkt worden. Während Drak und Silda an den Tagen ihrer Hochzeitsfeier auf den vorgeschriebenen Wegen durch die Straßen zogen, erlebten sie eine Stadt, die sich im Stadium der Wiedergeburt befand.
So wie ich es mir vor langer Zeit gewünscht hatte, wollte Drak die Prozession an einer bestimmten Schänke am Großen Nord-Kanal vorbeiführen, der Rose von Valka. Während die Herren der Sterne mich einundzwanzig elende Jahre lang zur Erde verbannt hatten, war Drak zum Mann herangewachsen und hatte die Geschicke des Inselstromnate Valka in die Hände genommen. Man hatte ihn den Jungen Strom genannt. Bei aller Liebe zu ihm konnte ich mir nicht vorstellen, mich je von Valka zu lösen, ehe man mich zu den Eisgletschern Sicces verfrachtete.
Seit der Zeit der Unruhe gab es in Vallia viele unbewohnte Besitzungen. Was Ländereien und Reichtum anging, würde Drak keinen Mangel leiden.
Die Sonnen von Scorpio verbreiteten ihren opalinen Schein auf der kregischen Oberfläche, und die Kanäle und Boulevards Vondiums schimmerten im Licht. Flaggen und Banner, Bänder und Tücher, gewaltige Blumenbeete dekorierten sämtliche Wege und Straßen. Brunnen sprudelten. Und die Menschen versammelten sich zu Tausenden und jubelten, so laut sie konnten, wenn Drak und Silda vorbeikamen.
Große Summen waren für Wein und Speisen und Palines ausgegeben worden, die frei verteilt wurden. Alle waren glücklich. Was die Geschenke anging, mit denen das Brautpaar überhäuft wurde, so füllten sie im großen Palast einen Raum nach dem anderen.
Welch eine Woche, in der mein Sohn Drak seine Liebste heiratete! *
Und zu keiner Zeit machte sich der böse Einfluß Csitras störend bemerkbar.
Besonders freute mich, daß in der großen Gruppe der Freunde und Gefährten sich niemand in eine bessere Position drängen wollte. Niemand hielt sich für wichtiger als die anderen. Unter den Anwesenden, die natürlich die Hackordnung des kregischen Adels kannten, ergab sich eine natürliche Abfolge der Ränge. Da es sich um Menschen handelte, mußte davon ausgegangen werden, daß es Rivalitäten gab. An diesem Tag aber ging alles glatt, es kam zu keinerlei Zwischenfällen.
Gegen Abend des letzten Tages, nach einer Prozession, die sich prächtig-barbarisch entlang der Kanäle entfaltet hatte, versammelten sich alle Gäste des Adels und so viele Bürger, wie Platz hatten, auf dem riesigen Kyro Opaz' des Allmächtigen, Besten und Größten.
Der weite Platz bot Tausenden von Menschen Platz, um so mehr, als er durch die Zerstörung von Gebäuden auf einer Seite noch erweitert worden war. Die auf dem Schutt hockenden Menschen sahen aus wie
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