36 - Die Omen von Kregen
eine neue Plage schicken wollen, so wird das Unglück Dwaburs vom beabsichtigten Ort entfernt niedergehen.«
»Ich sähe es aber nicht gern«, wandte ich ein, »wenn Unschuldige plötzlich mit Zaubererscheinungen konfrontiert würden – Frösche und Insekten und dergleichen –, die ihnen aus dem Himmel auf den Kopf purzeln.«
»Wir könnten die Plage ziemlich genau ablenken – zum Beispiel ins Meer.«
»Die armen Seeleute.«
»Jedenfalls könnten wir dafür sorgen, daß Vondium für die Zeit der Hochzeit von Störungen verschont bleibt.«
»Das«, sagte Delia zufrieden, »wäre prächtig für uns. Aber wir dürfen Unschuldige nicht darunter leiden lassen.«
»Wir sorgen dafür, daß die Plage in einem leeren Abschnitt des Ozeans herunterkommt.«
In diesem Augenblick steckte Nath die Spitze, einer der diensthabenden Garde-Jurukker, den Kopf durch die Zeltöffnung. »Prinz Drak, Jis, Prinz Majister von Vallia!« bellte er.
Ihm dicht auf dem Fuße folgte Drak. Er kam energischen Schrittes herein und warf seinen Umhang fort. Er war staubbedeckt und von der Reise gezeichnet, wirkte aber nicht müde. Wieder fiel mir auf, wie selbstverständlich autoritär er auftrat, und wie selbstsicher er war.
Die Lahals wurden ausgetauscht, Wein wurde eingeschenkt, und Drak ließ sich in einen Stuhl sinken und streckte die gestiefelten Schuhe aus.
»Wir haben's also geschafft«, sagte er. »Endlich! Dank sei Opaz!«
»Wo ist Seg?« wollte Delia wissen.
»Er ist nach Evir gereist, Mutter. Dazu hat er sich eine kleine Armee mitgenommen.«
»Ah«, erwiderte sie und fuhr nach kurzem Nachdenken fort: »Milsi ist ihm eine prächtige Frau. Aber – Thelda ...«
»Ihm geht es gut«, sagte ich in einem mürrischen Tonfall, der mir selbst mißfiel. Ich hatte Mitleid mit meinem Klingengefährten Seg Segutorio, der lange geglaubt hatte, daß seine Frau Thelda tot sei, dann aber feststellen mußte, daß sie noch lebte und mit einem anständigen Mann verheiratet war und Kinder mit ihm hatte.
»Das glaube ich gern.«
»Ich überlege, ob ich Lol Polisto das Kovnat Evir anbieten soll. Das würde Thelda freuen.«
»Oh, und wie!«
Wir mußten beide lachen. O ja, wir waren grausam zur armen Thelda. Sie meinte es immer so gut und löste doch nur stets neue Katastrophen aus. Wie auch immer, es war eine gute Aussicht, in der nördlichsten vallianischen Provinz gute Freunde sitzen zu haben, weiß Zair!
So blieb es Ling-Li überlassen, die nächste offenkundige Frage zu stellen.
»Sie ist mit ihrem Vater gereist. Ich erbot mich, ebenfalls mitzukommen, aber ... Nun ja, eine Familienangelegenheit.«
»Sehr bald auch unsere Familie, Drak«, bemerkte Delia. »Thelda wird schließlich deine Schwiegermutter sein.«
In Vondium, in der Zeit vor der großen Hochzeit und den sich daraus ergebenden Ereignissen, war eine einfache Frage von großem Interesse, und so manche Summe wurden darauf gewettet: »Würde Königin Lust an den Feierlichkeiten teilnehmen?«
Mindestens zwei Ansichten waren weit verbreitet, die jeweils unterschiedliche Quoten erhielten. Eine Gruppe behauptete: »Königin Lust, immerhin verschmäht von Prinz Drak, wird niemals an seiner Hochzeit mit einer anderen Frau teilnehmen.« Die andere Partei war überzeugt: »Königin Lushfymi aus Lome ist eine wunderbare Frau von beträchtlicher Charakterstärke, der es niemals einfallen würde, ihre vallianischen Gastgeber zu beleidigen, indem sie sich weigerte, an der Hochzeit des Prinz Majisters teilzunehmen.«
Suchen Sie es sich aus, setzen Sie ihre goldenen Talens, warten Sie auf die Entscheidung. Ich erzählte Delia davon nichts, doch wettete ich eine kleine Summe darauf, daß Königin Lust bei der Hochzeit erscheinen werde. Eine störrische, eingebildete, hochherrschaftlich auftretende Person, verdorben durch allerlei Schmeichelei und höfisches Tralala, das um sie herum ablief, war sie dennoch ein anständiger Mensch. Ihre Tragödie war, daß sie nicht längst einen ordentlichen Mann wie Drak geheiratet hatte.
Hätte das Schicksal die kleinen Elfenbeinwürfel nicht anders geworfen, wäre Delias Vater noch immer Herrscher dieses Landes – und Königin Lust seine Herrscherin. Wäre Vallia ohne seinen Tod die Zeit der Unruhe erspart geblieben? Nein – auf keinen Fall. Vallia, dessen Bürger im Unfrieden miteinander waren, befand sich damals bereits auf dem Weg in den Abgrund.
Die Zeit vor Draks und Sildas Hochzeit hatte etwas Märchenhaftes. Die strahlenden Tage liefen ab
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