36 - Die Omen von Kregen
er.
»Aye.«
Über den Bäumen tauchte ein schwarzer Punkt auf.
»Hai!« brüllte Seg. »Hier unten!«
Der Mann, der von seinem Gürtel in der Luft gehalten wurde, schaute zu uns herab und drückte dann langsam die Kontrollhebel auseinander, so daß die Silberkästen ihn sanft absinken ließen. Es war zu erkennen, daß er auf dem Nachbarbaum landen würde. Eine Vorwärtsbewegung war aus dem Gürtel nicht zu gewinnen.
»Dann also doch runter«, sagte ich.
»Aye, mein alter Dom! Runter mit uns.«
»Wir treffen uns hier am Baum!« brüllte ich.
»Quidang!« gab der Mann zurück.
»Ein Swod, würde ich vermuten«, sagte Seg. »Du hast aber auch eine barsche Art! Er hat sofort erkannt, daß ...«
»Daß da eine Stimme der Autorität zu ihm sprach? Ja, danke!«
»Aber es stimmt doch, Erthyr der Bogen ist mein Zeuge!«
Ich klammerte mich am Ast fest und sagte: »Wir wollen uns mal die Wunde an deinem Kopf anschauen, Ortyg.«
»Ja. Majister.«
Ich warf ihm einen intensiven Blick zu, woraufhin er die braunen Augen aufriß. »Nicht, Majister, Ortyg. Nicht Majis, nicht einmal mehr Jis. Du nennst mich Jak. Ist das klar? Jak!«
»Jawohl, Majis – Jak. Klar.«
»Und solltest du das vergessen, Ortyg«, sagte Seg mit drohendem Unterton, »lassen wir dich hier im Dschungel zurück, dann kannst du dich allein durchkämpfen.«
»Deinem Kopf geht es gut«, stellte ich schließlich fest. »Wir verbinden die Wunde, wenn wir unten sind.«
Der Abstieg war wirklich anstrengend, bei Krun; aber schließlich betraten wir den vermoderten Dschungelboden. Dann versorgten wir Ortygs Kopf mit Medikamenten aus unseren Gürteltaschen. Ich warf Seg einen fragenden Blick zu.
»Du bist doch hier bekannt. König von Croxdrin. Könnte es nicht sein, daß Seg ein wenig ... nun ja ...«
»So gut bekannt bin ich nun auch wieder nicht. Aber ich werde mich nicht Seg der Horkandur nennen. Und –«, er warf mir einen mürrischen Blick zu –, »auch nicht der Furchtlose oder was du an Spitznamen sonst noch auf Lager hast.«
»Na schön. Wir werden uns etwas ausdenken, einen Seg Irgendwas.«
»Sagt mir eins«, bat Ortyg, der eine Hand an den Kopf gelegt hatte. »Warum willst du nicht Majister genannt werden, Jak?«
»Weil es hier jede Menge böse Leute gibt, die sich nur zu gern ein Lösegeld verdienen würden.«
Seg wandte sich dem jungen Mann zu: »Das ist der Grund. Wir sind schlichte Koter, wir drei.«
»Na schön, Seg, Drak.«
»Seid ihr das, Doms?« meldete sich eine Männerstimme.
»Hai, Dom. Hier sind wir.«
Er trat zu uns, als wir den rankenverhängten Stamm unseres Baumes verließen. Seine Uniform war zerrissen, das Haar angesengt, das Gesicht ein einziger Brandfleck. Das Haar aber wies ein gutes vallianisches Braun aus, und seine auffälligen Augen waren ruhig und vallianisch-braun. Er schien mir ein alter Kampeon zu sein, zäh wie Stiefelleder, seit Jahren im Dienst.
Ohne zu zögern, sagte Seg: »Lahal. Ich bin Seg, dies ist Jak, und dies Ortyg. Wir können von Glück sagen, noch am Leben zu sein.«
»Lahal, ich heiße Nath.«
Es gibt auf Kregen sehr viele Naths, ein Name, der sich so etwa mit dem irdischen ›Herkules‹ vergleichen läßt. Ich seufzte, eine Reaktion, die Nath nicht entging. Er rang sich eine Grimasse ab und sagte: »Nath, genannt der Verstockte.«
»Niemand außer dir in der Nähe?« wollte Seg wissen.
»Soweit ich gesehen habe, nicht. Einer dieser Fischteufel hat mich mit einem Felsbrocken von Bord der Shango-Lady geworfen. Der Rest der Flotte ist mit hoher Geschwindigkeit nach Westen abgezogen, während ich zu Boden sank.«
»Hast du das Flaggschiff brennen sehen?«
»Aye, ein schlimmer Anblick. Einige Schiffe sind tiefer heruntergegangen, um Überlebende zu suchen. Aber das ist schon lange her.«
»Wie bitte?«
Er zeigte sich nicht bestürzt. »Aye. Wir haben die Teufel verfolgt, in westlicher und nördlicher Richtung. Der Brand der Stolz von Vondium liegt lange zurück.«
Seg würde nicht verstehen, wie wir hier heruntergekommen waren, soviel schien mir klar zu sein. Ihren unergründlichen Zielen folgend, hatten die Everoinye uns ein großes Stück vom Ausgangspunkt entfernt abgesetzt, und dieser Nath der Verstockte war zufällig von seinen Leuten getrennt worden, um sich unserer kleinen Gruppe anzuschließen.
Auf allen Seiten erstreckte sich der Dschungel Süd-Pandahems.
In der Kluft lag ein übelkeiterregender satter Gestank nach verfaulender Vegetation. Die Lichtverhältnisse waren
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