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3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

Titel: 3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kamps
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Kloster Pilger eigentlich zu jeder Zeit aufnehmen müsse, überzeugt Harald nicht, also trennen sich vorerst unsere Wege und er lässt mich alleine an der Klosterpforte zurück.
     
    Trotzdem versuche ich es weiter, höre aber dann, dass in der Kapelle nebenan gerade eine Messe stattfindet, was wohl der Grund dafür ist , dass mein Läuten niemand hört. Von Erschöpfung, Hunger und Schmerzen geschwächt nehme ich am Gottesdienst teil und wende mich danach an den Pater. Der verweist mich an den für Pilger zuständigen Bruder Ekkehard, der mich an der Pforte empfängt, mir aber zu seinem Bedauern mitteilt, dass das einzige Pilgerzimmer bereits belegt sei, nämlich von Ruth!
     
    Würde Ruth vor mir stehen und verkünden: “ Ich bin schon da”, würde ich mich wirklich fühlen wie der Hase in dem Märchen “Der Hase und der Igel”.
     
    Oder besser : Die Schnecke und der Igel!
     
    Ich lasse aber nicht locker und frage , ob man denn gar nichts machen könne.
     
    Bruder Ekkehard streicht sich nachdenklich über seinen Bart und plötzlich fällt ihm doch noch eine Kammer gegenüber der Pforte ein, die zwar sehr klein sei, aber in der wir gerne übernachten dürften. Er zeigt sie mir und klein ist eigentlich schon übertrieben: in der winzigen, vielleicht 3 qm großen Kammer befindet sich außer einer Matratze und einem Minitisch nicht nur nichts, sondern hätte auch nichts weiter Platz, noch nicht einmal eine Isomatte. Der Platzmangel ist mir aber in meinem Zustand völlig egal! Hauptsache ein Dach über dem Kopf. Wo kann man wohl noch direkt am Ufer des Zürichsees so günstig - gegen Spende - übernachten?
     
    Ich sage zu, lasse meinen Rucksack schon mal da und mache mich auf die Suche nach Harald, den ich am See finde und der noch nicht wusste , wo er übernachten sollte.
     
    Wir begraben das Kriegsbeil und teilen uns also in dieser Nacht pilgerbrüderlich eine 90 x 200 cm große Matratze. Bruder Ekkehard spendiert uns noch eine Flasche Mineralwasser sowie 2 Äpfel und duschen dürfen wir auch.
     
     
     
    Fazit des Tages: Keine Schmerzen! Nur die Harten kommen in den Garten!
     

Samstag, 17. Mai, 5. Tag:
     
     
     
Rapperswil - Einsiedeln, 17 km
     
     
     
    Während des ausgiebigen und guten Frühstücks mit den Kapuzinermönchen verkündet mir Harald, diese Etappe alleine gehen zu wollen. Wir verabreden uns für den Abend im Kloster von Einsiedeln und ich bitte ihn zu versuchen, ein Bett für mich zu reservieren. Ich lasse es langsam angehen und lade nicht nur Handy und Kamera-Akku, sondern auch meinen eigenen wieder etwas auf. Ich setze mich an den Zürichsee, schreibe Tagebuch und hänge meine geschundenen Füße ins Wasser und meinen Gedanken nach.
     
    In einem Kaufhaus erkundige ich mich nach einer robusten Digitalkamera. Ich fühle mich in einem solchen Konsumtempel jetzt schon nicht mehr wohl und bin froh, als ich wieder draußen bin und gegen 13:30 Uhr zu meiner nächsten Etappe nach Einsiedeln aufbreche. Über einen 850 Meter langen Holzsteg, auch Pilgersteg oder Kapellenpfad genannt, überquere ich den Zürichsee. Dann wird’s der steilste Aufstieg bisher, und als ich nach 540 Höhenmetern den 950 Meter hoch gelegenen Etzelpass erreiche, schwitze ich wie nach der Sauna.
     
    Von hier aus sind es nu r noch sieben Kilometer, aber das Wetter wird wieder schlechter, es ist wieder kalt und meine Füße melden sich wieder ziemlich heftig, also werden sie, trotz wieder mal wunderschöner Landschaften, die bei klarer Sicht sicher noch schöner wären, eine einzige Qual. Um Punkt 19:00 Uhr komme ich völlig am Ende im Benediktinerkloster von Einsiedeln an, das immerhin sechs, ausschließlich männlichen Pilgern Platz bietet.
     
    Weil kein Platz mehr frei ist, komme ich erst gar nicht rein. Als ich aber erwähne, dass mir jemand einen Platz reservieren wollte, ruft die Dame: “Ach Sie sind das!” und schon bin ich drin. So wäscht eine Pilgerhand die andere: War es gestern noch meiner Hartnäckigkeit zu verdanken, dass Harald und ich ein Dach über dem Kopf hatten, so habe ich es heute ihm zu verdanken.
     
    Außer uns sind im Zimmer noch vier Fahrradpilger aus Deutschland , also freue ich mich auf einen geselligen Abend und eine erholsame Nacht in einem weichen Bett in der Geborgenheit alter und dicker Klostermauern.
     
     
     
    Fazit des Tages: Pilgern ist Beten mit den Füßen. Ich wusste nicht, dass Beten so schmerzhaft sein kann.
     

S onntag, 18. Mai, 6. Tag:
     
     
     
Einsiedeln - Brunnen

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