37 - Der Kriegsherr von Antares
Querstreben gesicherten Ästen konnte uns bei dieser Geschwindigkeit vor den scharfen Felskanten nicht schützen, allenfalls ein wenig vorwarnen.
Nun, ich will mich über die schreckliche Fahrt auf dem unterirdischen Fluß in beinahe völliger Dunkelheit nicht weiter auslassen. Ein leichter Phosphorschimmer lag hier und dort auf den Wänden und offenbarte uns den langen dahingleitenden Wasserstrom. Ich zog das Boot wieder herum, so daß ich am Heck stand und ein wenig steuern konnte. Die Mädchen lagen mir zu Füßen. Phocis hatte ihren Speer nicht losgelassen. Wir wurden mitgerissen, ein Holzspan auf einem brodelnden Bach, und unser Schicksal lag in unbekannten Händen; wir jedenfalls hatten die Herrschaft darüber, soweit sie uns überhaupt zukam, verloren.
Nein, ich möchte dieses Erlebnis nicht genauer beschreiben.
Mir kam allerdings ein Gedanke, der in der schlimmen Situation seltsamerweise etwas Tröstendes hatte. Niemand hatte erklärt, er wolle durch das Labyrinth des Coup Blag zurückkehren. Alle hatten die Gefahren des unterirdischen Flusses gewählt und sich gegen die Schrecknisse aus Csitras Reich entschieden.
Mehr als einmal senkte sich das Höhlendach herab, so daß ich, der am höchsten stand, mich energisch ducken mußte. Das Gestein wirkte überaus unfreundlich und schien in der Lage zu sein, mich mit rasiermesserscharfen Kanten zu zerschlitzen.
Die ganze Zeit über erhöhte der Fluß seine Geschwindigkeit – und das war nun wahrlich eine tödliche Bedrohung.
Wie sollte ich bei diesem Ereignis verweilen, das die Seele belastet? Nein. Ich mag wohl Dray Prescot sein und gelegentlich von Menschen, die meinen Weg gekreuzt haben, der Mutigste der Mutigen genannt werden; aber selbst ich möchte nicht einmal in der Erinnerung die Fahrt durch jenen unterirdischen Flußtunnel wiederholen.
Zweimal fiel seltsam vermengtes Licht durch Risse im Dach. Ich vermutete, daß wir uns dem Außenbereich des Bergs näherten, der hier nun schon gelegentlich das Licht Zims und Genodras' durch Spalten und Öffnungen hereinließ. Wir waren der Oberfläche nahe – und wenige Augenblicke später schossen wir in das strahlende Tageslicht hinaus.
Damit kam der Augenblick der Wahrheit.
Hier würden wir alles gewinnen oder verlieren.
Der Fluß röhrte aus dem ausgeleierten Loch in der Flanke des Berges und sprühte als Wasserfall in die Tiefe. Es war ein ohrenbetäubendes Tosen. Gischt hüllte uns ein. Ich hielt mich fest und zählte und spürte, wie mir Übelkeit in der Kehle aufstieg.
Wir prallten auf.
Das Floß wurde in Stücke gehauen.
Alles ging auf und nieder und im Kreis.
Die Welt bestand aus Lärm und Übelkeit und Wasser und einem unerträglichen Auf und Ab.
Tief unter die Wasseroberfläche wurden wir gedrückt. Instinktiv bewegte ich Arme und Beine. Die Lunge voll Luft, die ich hatte mitnehmen können, würde nicht lange reichen. An der Oberfläche wartete das Leben, und ich kämpfte, so heftig ich konnte, spürte den schmerzenden Druck des ungeheuren Aufpralls.
Mein Kopf schoß ins Freie, und ich schnappte japsend nach der herrlichen kregischen Luft. Dann warf ich mir das Haar in den Nacken und starrte in die Runde. Ich sah Köpfe im Wasser – und erkannte auch die Gefahr, in der wir noch immer steckten.
Prustend kam Phocis neben mir hoch; noch immer umklammerte sie ihren Speer.
Wir schnappten uns die armen Mädchen und schwammen mit ihnen aus der Aufprallzone des Wasserfalls. Lärm hüllte uns ein. Gischt verdünnte sich zu einem weißen Nebel. Langsam vermochten wir Abstand zu gewinnen und Kurs auf das Ufer zu nehmen.
Schwache Erinnerungen an meine erste Ankunft auf dem prächtigen Kregen stellten sich ein. Damals war ich an Bord eines Blattbootes den Aph-Fluß hinabgefahren und hatte der Gewalt eines Wasserfalls getrotzt, der um etliches höher und prächtiger war als dieser Austritt des unterirdischen Flusses aus dem Coup Blag. Jene Zeit schien mir nicht vage und fern zu sein – vielmehr war sie ein Teil meiner Karriere auf Kregen, die sich inzwischen zu einem veritablen Gewebe verknüpfte. Ebenso war nun auch dieser Tag, an dem wir das Ufer erreichten und keuchend und tropfnaß an Land gingen, ein weiterer Knoten im Knüpfteppich der Drayschen Geschichte auf Kregen.
»Beim Verschleierten Froyvil, mein alter Dom! Das war ein ordentlicher kleiner Umtrieb!«
»Aye, offenbar haben wir einige Frauen verloren.«
»Eine unvermeidliche Tragödie, Bogandur«, sagte Nath. »Wir haben die Mehrheit
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