37 - Der Kriegsherr von Antares
uns überlassen, der Spur der triumphierenden verdammten Menahamer zu folgen, Informationen zu sammeln und ein paar Orte zum Zuschlagen auszukundschaften.
»Diese stinkende Hölle wird der erste Ort sein«, sagte Orso. »Alles niederbrennen!«
»Und wo sollten die armen Teufel hin, die jetzt hier leben?« wollte Seg wissen.
Der Unduldsame hatte sich auf seine neue Beziehung zu Seg und mir schnell eingestellt. Er nannte mich weiterhin Jak, wie es schon viele vor ihm unter ähnlichen Umständen getan hatten.
Nun sagte er energisch: »Achte auf deinen Calsany, Orso!«
Die beiden Last-Calsanys wurden an Zügeln mitgeführt. Die Körbe und Säcke, die darauf befestigt waren, mußten für die Diebe eine große Versuchung darstellen.
Ungeduldig zerrte Orso an dem Zügel, woraufhin sein Calsany neben den von Nath geführten trottete. Ich hatte Orso eigentlich nicht mitnehmen wollen. Lango Frentar, sein Vater, ein rundlicher, zum Schwitzen neigender, goldbehangener Mann, ließ sich aber nicht beirren. Drak hatte seine Bitte sehr nüchtern vorgetragen. Wenn ich mich richtig erinnerte, hatte ich gesagt: »Nun ja, Orso, sollte man deinen Kopf in einem Eimer nach Hause tragen müssen, soll das nicht meine Verantwortung sein.«
Auf seine temperamentvolle, verächtliche Weise hatte Orso erwidert: »Wenn man meinen Kopf in einen Eimer tun muß, Majister, dann hat er verdient, darin herumzurollen!«
»Dann sei es so.«
Damit gehörte Orso Frentar zu unserer Gruppe.
Die kleinen Hufe der Zorcas wirbelten den Schmutz der Straße auf. Den Tieren gefiel der Gestank dieses widerlichen Stadtviertels wahrlich nicht. Bis vor kurzem hatte so manche Straße auf der Erde auch nicht viel anders ausgesehen – ein offener Abfluß von Schmutzwasser, grün von Hausmauer zu Hausmauer. Hier und dort hatte man Hindernisse errichtet, um den Strom zu lenken; dahinter befanden sich auf Podesten Läden und zerrissene Stände, in denen Waren von zweifelhaftem Wert angeboten wurden. Jedes zweite Gebäude schien eine Taverne zu enthalten, vorwiegend Dopa-Kaschemmen.
Ich rückte mir den weiten Umhang bequem zurecht. Auf der rechten Schulter trug ich ein Lederband voller Terchiks, und ich hatte das Gefühl, jederzeit zu schnellem Ziehen und Werfen bereit sein zu müssen.
Das Krozair-Langschwert hing in seiner Scheide am Sattel. Am Gürtel trug ich einen Thraxter, an einem zweiten Gurt ein Rapier mit Main-Gauche. Wie immer ruhte mein altes Seemannsmesser auf der Hüfte.
Wir müssen ein ziemlich wehrhaftes Schauspiel geboten haben, so daß sich so mancher Halsabschneider nach einem ersten bösen Blick abwandte und in den Schatten verschwand. Frauen stellten sich uns in den Weg, Gestalten mit zerzaustem Haar, die mit verzerrtem Gesicht etwas riefen, deren Augen in den schmutzigen Gesichtern unnatürlich weiß wirkten. Die Menschen hier trugen Lumpen; jedenfalls sahen wir niemanden, der so etwas wie ordentliche Kleidung sein eigen nannte.
Weiter vor uns mußten die besseren Viertel der Grenzstadt Gorlki liegen. Gewisse Angehörige dieses menschlichen Dschungels nahmen sich aber vor, daß wir diese Zuflucht nicht erreichen sollten.
Sicher war es töricht von uns, durch diese Slums zu reiten; aber wir waren fremd hier und hatten keinen besseren Weg gekannt.
Seg warf einen Blick nach vorn, wo ein Holzbalkon über die Straße ragte. »Da oben«, sagte er.
»Aye.«
Zerlumpte, vogelscheuchenhafte Gestalten auf dem Balkon wickelten sich in Fetzenkleidung. Sie wirkten auf den ersten Blick wie Fledermäuse, die die Flügel aufstellten, bereit, sich auf uns zu stürzen, wenn wir unter ihnen vorbeiritten.
Auf der gegenüberliegenden Seite brannte ein Feuer und verengte den Durchgang. Unvorstellbare Karikaturengestalten tanzten um dieses Feuer, und auf der Seite vollführten Akrobaten und Feuerschlucker ihre Kapriolen, um der staunenden Menge vielleicht einige Kupfer-Obs zu entlocken.
Menschen liefen überall durcheinander, der Lärm brandete auf, das Zischen und Knacken der Flammen lieferten eine unheildrohende Begleitmusik.
»Nath, Orso«, sagte ich, »zieht die Köpfe ein und reitet wie agateflügelige Jutmänner aus Hodan-Set!«
Seg und ich ließen uns zurückfallen. Unsere Gefährten trieben ihre Zorcas zum Galopp an, gefolgt von den bedächtig trottenden Calsanys. Bald würden die Calsanys anrichten, wozu sich alle Calsanys hinreißen lassen, wenn sie aufgeregt und nervös sind. In dieser Jauchegrube von Straße würde das aber keinen Unterschied
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